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Filmpremiere in Berlin
Zoo-Zürich-Doku begeistert an der Berlinale

Ein Gorillaweibchen ohne Zuschauer: Der Dokumentarfilm wurde auch während der Pandemie gedreht, als der Zoo geschlossen war.
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Die Berlinale warnt: «‹Der unsichtbare Zoo› enthält (Tier-)Szenen, die verstörend wirken könnten.» Sie hätte auch vor der Dauer des Dokumentarfilms warnen können, es sind fast genau 3 Stunden. Der deutsche Regisseur Romuald Karmakar drehte mehrheitlich von 2018 und 2019 im Zoo Zürich, als die Lewa-Savanne aufgebaut wurde und Alex Rübel noch Direktor war. Dieser sass in Berlin im Publikum und erhielt nach dem Abspann mehrmals Applaus.

Das hatte damit zu tun, dass die Berliner Zuschauer und Zuschauerinnen nach diesem Film nun auch in den Zürcher Zoo reisen wollen. Aber noch mehr lag es an der unkomplizierten Art, mit der der Zoo damals die Filmequipe willkommen hiess.

«Der unsichtbare Zoo», eine rein deutsche Produktion, sollte ursprünglich den Berliner Zoo porträtieren. Doch der Dreh sei durch die Teams im Zoo «nachhaltig behindert» worden, wie Regisseur Karmakar nach dem Film erzählte. Offenbar gibt es dort ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, was die Medienkompetenz angeht. Schliesslich werden im Berliner Zoo Doku-Soaps wie «Panda, Gorilla & Co» gedreht.

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So etwas kennt man in Zürich weniger, weshalb Karmakar sich mit seinem Team teils frei bewegen konnte. Anstatt eines Vertrags reichte ein E-Mail, als Karmakar das erzählte, ging ein Raunen durch den Saal im Delphi-Filmpalast. Zugang zum «Backstage der Menschenaffen» sei ihm verwehrt worden, aber der Zoo habe nicht einmal das Recht in Anspruch genommen, den Film abzunehmen.

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Und so ist nun auch die verstörende Szene mit dem Chapman-Steppenzebra im Film. Ein eigentlich gesunder Hengst, der aber seit längerem allein gehalten wird, weil ihm ein Harem fehlt und kein anderer Zoo ihn übernehmen möchte. Ein einsames Tier. Man sieht es den Mitarbeitern schon an, was jetzt kommt. Es ist eine verschworene Gruppe von Leuten, die etwas erledigen muss, bevor der Zoo geöffnet wird.

Der Hengst wird geschossen, und es wird ihm die Kehle durchgeschnitten, damit er ausblutet. Das tote Tier wird von Hand über die Stallung geschleift, später an den Hinterbeinen aufgehängt und ausgenommen. Der Kadaver landet im Löwengehege, wo der Zoo mit einem Aushang über die Situation informiert. Die Schulkinder finden es eklig.

Die Lewa-Savanne im Bau: Ausschnitt aus «Der unsichtbare Zoo».

Karmakar gehört zu den intellektuellen Regisseuren in Deutschland, er dreht präzise, manchmal strenge Dokumentarfilme, etwa über das Nachtleben («Denk ich an Deutschland in der Nacht»). Den Schuss im Zoo zeigt er nicht, aber man hört ihn. Einzig die Person, die das Tier geschossen hat, wollte nicht gezeigt werden, aus Angst vor einem Shitstorm. Jetzt ist da einfach ein Fleck im Film.

Der Rest von «Der unsichtbare Zoo» ist deutlich weniger verstörend. Der Film ist ein hervorragend gemachtes Institutionenporträt, es zeigt die Menschen und die Tiere, von der Geschäftsleitungssitzung und der Veterinärabteilung bis zu den Emus und den Elefantenbullen.

Man lernt einiges, es gibt ein Salmonellenproblem bei Chamäleons und einen speziellen Bodenbelag in der Lewa-Savanne, den man den «Leipziger» nennt. Was das Essensangebot angeht, sind Chicken Nuggets und Pommes frites die beliebtesten Gerichte im Zoo.

Unsichtbar ist der Zoo deshalb, weil er die Einzäunungen zum Verschwinden bringen will, die Besucher und Tier voneinander trennen. Darauf ist der Zürcher Zoo ja besonders stolz, und der Film beginnt mit einer statischen Einstellung in der Masoala-Halle, die wirklich aussieht, als befänden wir uns im Urwald.

Romuald Karmakar sah im Zoo Zürich «Studiosettings».

Aber natürlich ist die Natur im Zoo immer menschengemacht. Das Verhältnis zwischen den Pflegerinnen und Pflegern und ihren Tieren wirkt besonders: Es hat etwas Intimes, wenn die Mitarbeiterin dem Amurtiger Sayan gut zuredet, während er darauf wartet, bis sein Gehege geputzt ist (der Film wurde vor dem tödlichen Unfall 2020 mit der Tigerin Irina gedreht).

Für Romuald Karmakar ähneln sich Zoos und Filmsprache, er sah keine Käfige, sondern «Studiosettings». Die Konstruktion der Baobab-Bäume in der Savanne fällt in die Drehzeit, aber allzu stark hinterfragt Karmakar diese auch irritierende Afrika-Inszenierung dann doch nicht.

Es geht ihm mehr um die Illusion von Natur, die gerade im Rahmen eines Filmbilds ununterscheidbar wird von der echten Natur. Aber dahinter stehen immer die menschlichen Tätigkeiten und Entscheidungen. Entscheidungen darüber, welche Tiere man halten will, welche man an andere Zoos weitergeben soll. Und welche man schiessen muss.

«Der unsichtbare Zoo» hat bislang noch keinen Schweizer Filmstart.