Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Zolliker Volksentscheid hat ein juristisches Nachspiel

Endlose Diskussionen gibt es darüber, was auf dem Areal des ehemaligen Altersheims Beugi im Zolliker Dorfzentrum geschehen soll.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es ist zwar ein demokratisches Mittel, gilt aber meist als undemokratisch: der Antrag, ein Geschäft einer Gemeindeversammlung nachträglich an die Urne zu verweisen. Das zeigte sich am 22.März in Zollikon. Damals waren 400 Stimmberechtigte für eine Initiative von Baugenossenschafter und alt Gemeinderat Jürg Widmer (SVP), 362 waren dagegen.

Die Freude über dieses Resultat währte bei den Befürwortern jedoch nur kurz: Nur wenige Minuten später sprach sich mehr als das gesetzlich erforderliche Drittel der Anwesenden für einen Antrag des Zolliker FDP-Nationalrats Beat Walti aus. Dieser wollte, dass die Zolliker den endgültigen Entscheid an der Urne fällen.Mit seinem Vorgehen löste Walti während der Gemeindeversammlung einen Proteststurm aus. Und noch danach äusserten Zolliker in Online-Kommentaren und Leserbriefen ihren Unmut über den FDP-Nationalrat und seine Partei, die sie als schlechte Verlierer bezeichneten.

Umstrittenes Areal

Die Reaktionen zeigen, dass es um viel geht: Zur Debatte steht die künftige Nutzung des Areals des ehemaligen Altersheims Beugi. Der Zolliker Gemeinderat sieht vor, das Gebiet im Baurecht an die Zürcher Baugenossenschaft Zurlinden abzugeben. Diese soll darauf Wohnungen sowie eine Tiefgarage und einen Grossverteiler – vorgesehen ist eine Coop-Filiale – bauen. Mit der Initiative von Jürg Widmer, dem Vizepräsidenten der Neuen Baugenossenschaft Zollikon, hat das bereits vor einigen Jahren initiierte Projekt des Gemeinderats Konkurrenz erhalten. Widmer verlangt, dass das Areal den ortsansässigen Baugenossenschaften überlassen wird. Zudem will er auf den Grossverteiler verzichten.

Sein Entwurf für das Areal überzeugte die Mehrheit der Gemeindeversammlung. Umso grösser war deren Frust, dass ihr Ja nun nicht zählen sollte. Auch Felix Wirz, Vizepräsident der EVP, stört sich daran. «Viele Bürger, die sonst nicht oder eher selten an Gemeindeversammlungen teilnehmen, fühlten sich hintergangen und ihrer Stimme betrogen», sagt er. Sie würden sich ernsthaft fragen, ob es die Mühe überhaupt wert war, den Weg an die Gemeindeversammlung auf sich zu nehmen.

Wirz zählt zu den vermeintlichen Siegern der Gemeindeversammlung, die im letzten Moment auf der Zielgeraden abgefangen wurden. Es gehe ihm aber nicht darum, für die Initiative Partei zu ergreifen, sagt er. Vielmehr wolle er abklären, ob die beschlossene Urnenabstimmung – sie soll am 24. September stattfinden – zulässig sei. «Wir müssen der Institution Gemeindeversammlung Sorge tragen und allfällige Regelverstösse korrigieren.»

Der EVP-Vizepräsident hat deshalb beim Bezirksrat, der Rekursinstanz im Bezirk Meilen, eine Gemeindebeschwerde eingelegt, wie er am Donnerstag in einer Mitteilung bekannt gab. Die 30-tägige Frist habe er eingehalten, sagt er auf Anfrage.

Hoffen auf die Ausnahme

Wirz sieht übergeordnetes Recht verletzt. Die Zolliker Gemeindeordnung hält zwar fest, dass ein Drittel der anwesenden Stimmberechtigten einen Beschluss nachträglich an der Urne verweisen kann. Die Legitimation sei aber keineswegs so klar, wie es das Vorgehen an der Gemeindeversammlung habe vermuten lassen, findet der EVP-Politiker.

Tatsächlich sieht die Gemeindeordnung einige Ausnahmen vor. Dazu gehören Beschlüsse einmaliger Ausgaben unter zwei Millionen Franken. Darauf beruft sich Wirz jetzt. Zwar geht es bei der Initiative von Jürg Widmer nicht um einen konkreten Geldbetrag. Sie hat eher anregenden Charakter und würde den Gemeinderat zur Ausarbeitung einer Umsetzungsvorlage verpflichten. Wirz findet jedoch, dass man zum Vergleich jenen Antrag heranziehen könne, den der Gemeinderat der Gemeindeversammlung 2015 für das bisher verfolgte Projekt unterbreitete. Damals ging es um einen Projektierungskredit von 690 000 Franken, also um weniger als zwei Millionen.

Beim damaligen Antrag des Gemeinderats und der Initiative Widmer handle es sich um analoge Vorlagen für dasselbe Areal, sagt Wirz. Somit gehe es bei der Initiative ebenfalls um einen tieferen Betrag als zwei Millionen, lautet seine Schlussfolgerung. Der nachträgliche Verweis an die Urne sei deshalb unzulässig.

Behörden äussern sich nicht

Der Bezirksrat muss nun darüber entscheiden, ob diese Argumentation schlüssig oder zu weit hergeholt ist. Zu laufenden Verfahren äussert er sich jeweils nicht – ebenso wenig wie der Zolliker Gemeinderat. Es ist aber davon auszugehen, dass die Rekursinstanz die Beschwerde noch vor dem vorgesehenen Abstimmungstermin im September behandelt. Bis dann wird sich also klären, ob die Intervention mehr als nur ein Strohfeuer ist. Falls nicht, wäre die langwierige Diskussion über die Zukunft des Beugi-Areals um ein Intermezzo reicher.