Zeitung nennt Hauptverdächtigen im Fall Khashoggi
Die türkische Zeitung «Sabah» glaubt, den Kopf des Vollstreckerteams zu kennen. Eine Bestätigung der Ermittler gibt es aber nicht.
Nach der mutmasslichen Ermordung des saudischen Regimekritikers Jamal Khashoggi in Istanbul lancierte die türkische Regierung weitere Indizien, die den Verdacht auf das direkte Umfeld des saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman lenken. Die Regierungszeitung «Sabah» benannte in ihrer Donnerstagsausgabe in einem ganzseitigen Artikel den angeblichen «Kopf des Vollstreckungsteams».
Der Mann habe den Kronprinzen Saudiarabiens auf seinen Reisen oft begleitet, hiess es in dem Artikel. Die «New York Times» hatte den Mann zuvor ebenfalls als häufigen Begleiter des Prinzen identifiziert. Er sei zum Beispiel in Madrid und Paris mit ihm aus dem Flugzeug gestiegen.
«Sabah» hat seit dem Verschwinden Khashoggis am 2. Oktober viele angebliche Erkenntnisse der türkischen Sicherheitskräfte veröffentlicht. Den angeblichen Verdächtigen, den sie auch mit Namen nennt, bezeichnet sie als «Geheimdienstagenten» und zeichnete anhand von Fotos seine Bewegungen in Istanbul nach.
Video: Was bis jetzt im Fall Khashoggi bekannt ist
Die Chronik zum Verschwinden des Journalisten Jamal Khashoggi. (Video: AFP/ AP/Tamedia)
Der Mann sei an dem Tag, an dem Khashoggi verschwand, um 3.38 Uhr morgens in Istanbul gelandet. Um 9.55 Uhr sei er im Konsulat gewesen. Die Bilder in dem Beitrag stammen offenbar aus Sicherheitskameras und sollen den Saudi unter anderem beim Betreten des Konsulats, vor der Residenz des Konsuls, in einem Hotel und am Flughafen zeigen. Khashoggi wollte am 2. Oktober im Konsulat Papiere abholen und ist seitdem verschwunden. Die türkischen Behörden gehen nach Medienberichten davon aus, dass er von einem aus Saudiarabien angereisten Spezialkommando getötet wurde.
Spurensuche im Konsulat und Privathaus
Im Konsulat sowie in der Residenz des Konsuls hatten türkische Ermittler im Morgengrauen die Spurensuche nach Hinweisen auf den Tod Khashoggis abgeschlossen. Die Suche im Privathaus des Konsuls habe neun Stunden gedauert, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Danach seien die Teams noch einmal in das nahe gelegene Konsulat gegangen. Das war in der Nacht zum Dienstag schon einmal durchsucht worden.
Justizminister Abdülhamit Gül sagte Anadolu einige Stunden später, Ergebnisse würden bald erwartet. Das bedeutet allerdings offenbar nicht, dass sie auch öffentlich gemacht werden. Nach dem Justizminister meldete sich laut Anadolu auch der Staatsanwalt zu Wort. Die Ermittlungsresultate würden veröffentlicht, «wenn es nötig» sein sollte, hiess es in seiner Stellungnahme.
Behörden berichten von grausigen Aufnahmen
Türkische Behörden geben seit Tagen anonym Informationen an türkische und US-amerikanische Medien, die Saudiarabien belasten. In der Nacht hatte die «New York Times» berichtet, ein türkischer Behördenvertreter habe am Mittwoch eine grausige Audioaufnahme beschrieben.
Aus der gehe hervor, dass Khashoggi schon Minuten nach Betreten des Konsulats enthauptet und zerstückelt worden sei. Die Mörder seien innerhalb von zwei Stunden wieder weg gewesen. Woher die türkische Regierung die Aufnahmen haben will, die anonyme Quellen seit Tagen zitieren, hat sie bis heute nicht schlüssig erklärt.
In Washington wollten am Donnerstag US-Präsident Donald Trump und sein Aussenminister Mike Pompeo zusammenkommen. Pompeo sollte den Präsidenten nach seinem Besuch in Riad und Ankara über die Ergebnisse unterrichten. Trump wird in den USA vorgeworfen, eine zu milde Linie gegenüber Saudiarabien zu verfolgen. Riad ist für Trump ein wichtiger Abnehmer von Waffenexporten.
Amnesty International fordert Untersuchung
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) verlangt, dass der Uno-Generalsekretär António Guterres das Verschwinden von Jamal Khashoggi untersuchen lässt. Die Türkei müsse dies vom Generalsekretär verlangen, schreibt AI am Donnerstag in einer Mitteilung.
Ziel der Untersuchung müsse sein, dass alle Verantwortlichen identifiziert und die Umstände der möglichen Hinrichtung sowie die Rolle Saudiarabiens geklärt würden. Die von der Uno-Untersuchung gesammelten Beweise müssten für eine künftige Strafverfolgung aufbewahrt werden.
Die Ermittlungsgruppe solle jeden nötigen Ort aufsuchen und sich frei bewegen können, sowie potenzielle Zeugen oder Verdächtige «ohne Einmischung» befragen können. Weiter solle das Team Empfehlungen zum weiteren Vorgehen machen, «um all jene vor Gericht zu bringen, gegen die glaubwürdige und zulässige Beweise für eine Tatbeteiligung gefunden werden».
«Eine Uno-Untersuchung ist die beste Garantie, dass Saudiarabien die Geschichte nicht einfach schönfärben und unter den Teppich wischen kann», lässt sich Robert Mahoney, stellvertretender Leiter des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) in New York, in der Mitteilung zitieren. Sollte die Regierung nicht in das Verschwinden des Journalisten verwickelt sein, hätte sie bei einer solchen Untersuchung meisten zu gewinnen, hält AI fest.
SDA/fal
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