Verdächtige als Leibwächter des Kronprinzen identifiziert
Die Hinweise verdichten sich, dass die saudische Königsfamilie in den Fall Khashoggi verwickelt ist. Zudem wurden neue Details zum Tatablauf veröffentlicht.
Mehrere der von der Türkei identifizierten Verdächtigen im Fall des verschwundenen saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi stammen einem Bericht zufolge aus dem direkten Umfeld des saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman. Das schreibt die «New York Times» unter anderem unter Berufung auf Gesichtserkennung, Profile in den sozialen Netzwerken, Medienberichte und geleakte saudische Regierungsdokumente.
Ein Verdächtiger sei gesehen worden, wie er mit dem Kronprinzen aus Flugzeugen in Paris und Madrid gestiegen sei, zudem sei er beim Wachestehen während seiner Besuche in diesem Jahr in Houston, Boston und bei den Vereinten Nationen fotografiert worden.
Drei weitere Verdächtige seien anhand von Zeugen und anderen Aufzeichnungen dem Sicherheits-Einsatzkommando des Kronprinzen zugeordnet worden. Der fünfte sei ein Gerichtsmediziner, der eine hochrangige Position im saudischen Innenministerium innehabe.
«15-köpfige Mörder-Truppe»
US-Präsident Donald Trump hatte gesagt, der Kronprinz habe ihm versichert, dass die saudische Führung nichts von den angeblichen Vorkommnissen in der saudischen Botschaft in Istanbul gewusst habe. Die türkischen Behörden gehen aber davon aus, dass Khashoggi von einem aus Saudiarabien angereisten Spezialkommando getötet wurde. Unter der Überschrift «15-köpfige Mörder-Truppe» wurden in der Zeitung «Sabah», aber später auch der Regierungszeitung «Yeni Safak» und anderen Medien einige der Saudis namentlich identifiziert.
Die «New York Times» berichtete weiter, von den 15 von türkischen Behörden identifizierten Verdächtigen hätten mindestens neun für saudische Sicherheitsdienste, Militär- oder Regierungseinrichtungen gearbeitet. Wenn diese Leute tatsächlich im saudischen Konsulat gewesen wären zu jener Zeit, als auch Khashoggi dort war, gebe es einen direkten Bezug von den Geschehnissen zum Kronprinzen.
Khashoggi war am 2. Oktober in das saudische Konsulat gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seitdem ist er verschwunden.
Neue Details zum Tatablauf
Die türkische Zeitung «Yeni Safak» berichtete am Mittwoch unter Berufung auf eine Audioaufnahme, saudiarabische Agenten hätten dem regierungskritischen Journalisten während eines Verhörs die Finger abgeschnitten und ihn später enthauptet.
Demnach ist auf der Aufnahme zu hören, wie der saudiarabische Konsul Mohammed al-Otaibi sagt: «Macht das draussen, ihr werdet mir Probleme bereiten.» Daraufhin habe ihm ein Mann erwidert: «Wenn du leben willst, wenn du nach Saudiarabien zurückkehrst, sei still.»
Al-Otaibi verliess am Dienstag Istanbul in Richtung Riad. Das regierungsnahe Blatt «Yeni Safak» erklärte nicht, woher die Audioaufnahme stammte oder wie es daran gekommen ist.
Druck auf Saudiarabien steigt
Der internationale Druck auf Saudiarabien steigt. Nach den USA haben nun auch die Aussenminister der G7-Staaten und die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini vom Königreich Aufklärung verlangt.
In einer gemeinsamen Erklärung vom Dienstag (Ortszeit) hiess es, die Verantwortlichen für sein Verschwinden müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Man setze auf die Zusammenarbeit der Türkei und Saudi-Arabiens und hoffe darauf, dass das Königreich eine «gründliche, glaubwürdige, transparente und sofortige Ermittlung» vornehme. Zu den G7-Staaten gehören die USA, Grossbritannien, Frankreich, Kanada, Deutschland, Japan und Italien.
US-Aussenminister Mike Pompeo wird nach seinem Treffen mit König Salman in Riad an diesem Mittwoch in die Türkei weiterreisen. «Mein Urteil nach den Treffen ist, dass es ein ernsthaftes Bekenntnis gibt, alle Fakten zu finden und Verlässlichkeit zu garantieren, auch die Verlässlichkeit gegenüber hochrangigen saudischen Führungsfiguren und Beamten», hiess es in einem Statement Pompeos vom Dienstagabend.
Trump sagte ebenfalls am Dienstagabend (Ortszeit) in einem Interview des US-Senders Fox Business, entscheidend sei, ob die saudische Führung von den Vorkommnissen gewusst habe. «Wenn sie davon gewusst hätten, dann wäre das sehr schlecht», sagte Trump.
Für das Weisse Haus steht in dieser Affäre viel auf dem Spiel, da sich Trump in seiner Nahost-Politik sehr stark auf das sunnitische Saudiarabien stützt. Seit Amtsantritt des US-Präsidenten hat sich das zuvor abgekühlte Verhältnis zwischen den beiden Partnern deutlich verbessert. Die USA und Saudiarabien sehen vor allem im schiitischen Iran einen gemeinsamen Feind, den bekämpfen wollen.
Der US-Präsident verschärfte zwar zunächst den Ton gegenüber Riad und forderte Antworten auf offene Fragen - will aber offensichtlich dennoch die guten Beziehungen zur Führung in Riad nicht aufs Spiel setzen. Trump äusserte die Vermutung, dass es sich möglicherweise nicht um ein staatlich beauftragtes Mörderkommandos gehandelt habe.
SDA/ij
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