Verbreitung von KrankheitserregernIn welchen Kantonen die Zeckengefahr am grössten ist
Schweizer Forschende haben die Häufigkeit von Krankheitserregern in Zecken systematisch untersucht. Oft fanden sie mehrere Viren und Bakterien in den Blutsaugern.
Es war eine aufwendige Sammelaktion. Zwei Jahre lang streiften Forschende in zehn Schweizer Kantonen mit einem grossen, weissen Tuch jeweils im Frühling und Herbst an speziellen Hotspots in der Stadt oder auf dem Land auf einer Strecke von 150 Metern auf beiden Seiten einen Weg entlang. Danach pflückten sie die am Stoff hängenden oder zum Teil noch krabbelnden Zecken mit Pinzetten ab, steckten sie in mit Eis gekühlte Röhrchen und töteten sie umgehend. Ziel war es, später herauszufinden, welche und wie viele Krankheitserreger die lästigen, mehr als 10’000 eingesammelten Zecken beherbergten.
Die rund vier Millimeter grossen Achtbeiner können beim Blutsaugen zum Beispiel die Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), einer Hirnhautentzündung, auf den Menschen übertragen. Bereits im Dezember 2022 machte das Team um den Zürcher Forscher Cornel Fraefel von der Universität Zürich bekannt, dass es das erst 2017 in China entdeckte Alongshanvirus (ALSV) auch in der Schweiz nachweisen konnte. Es ist mit dem FSME-Virus verwandt und führt möglicherweise ebenfalls zu den typischen Symptomen wie Fieber und Kopfschmerzen, die zu Beginn einer Infektion mit FSME-Viren auftreten.
Gemäss der vor kurzem in der Online-Fachzeitschrift «PLOS One» publizierten Studie tauchte das ALS-Virus in allen Proben der untersuchten Standorte mit knapp acht Prozent fast doppelt so häufig auf wie das FSME-Virus. Dies ist jedoch kein Vergleich zu den durch Zecken übertragenen Bakterien, die in fast allen untersuchten Blutsaugern nachweisbar waren.
Zu den bakteriellen Krankheitserregern gehören vor allem Rickettsien, die zu Fleckfieber führen können, aber auch die berüchtigten Borrelien. Letztere kommen in Zecken von städtischen Parkanlagen, Wiesen und Wäldern viermal häufiger vor als in Zecken von ländlichen Gebieten. Aber auch die Erreger der gefürchteten Hasenpest, die bei einer Infektion beim Menschen im schlimmsten Fall auch tödlich sein kann, wurden in einer Probe im Kanton Bern entdeckt.
Wie die Karte der zehn untersuchten Kantone jetzt zeigt, wurden in Schaffhausen beispielsweise 1855 Zecken eingesammelt, im Jura 1794, in Graubünden 1337, in Solothurn 1427 und in Zürich 1174. Untersucht wurden die bekannten Hotspots, etwa am Stadtrand von Zürich, beim Käferberg oder am Irchel, sowie ein Weg kurz vor dem regionalen Naturpark Schaffhausen und einer an der grünen Stadtgrenze von Delémont.
«Erstaunlich war, dass in einer Probe mit mehreren Zecken oft verschiedene Krankheitserreger auf einmal vorkamen», sagt Cornel Fraefel. Aufgrund des Klimawandels, der Mobilität der Menschen und der Reisetätigkeit könnten sich die Pathogene oft immer besser verbreiten und auch neue Virus- und Bakterienarten übertragen.
Die gute Nachricht: Das Wissenschaftlerteam ist bei der Suche nach Zecken vor allem auf den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) gestossen und nicht auch noch auf die afrikanische Riesenzecke (Hyalomma marginatum): Sie verbreitet den Erreger des Krim-Kongo-Fiebers und kommt inzwischen in Europa ebenfalls immer wieder vor.
Dieser Artikel erschien erstmals am 13. November 2023. Anlässlich der diesjährigen Zeckensaison haben wir ihn für Sie aktualisiert.
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