Verdacht auf UrheberrechtsverletzungYoutube sperrt SVP-Wahlvideo
Ein aufwändiger neuer SVP-Wahlclip verschwindet von der Online-Plattform. Haben die Politiker die Refrain-Melodie des Hits «We Are Family» ohne Erlaubnis verwendet?
Das Video hat am Montag innert weniger Stunden über 10’000 Klicks gesammelt: «Das isch d’SVP» heisst der neue Wahlkampfsong der grössten Schweizer Partei. Im Clip tanzt die SVP-Parteiprominenz in einem Club in der Region Zürich, unter anderem machen Energieminister Albert Rösti, Präsident Marco Chiesa und Fraktionschef Thomas Aeschi mit. Initiator des Videos ist der Zürcher Nationalrat und Banker Thomas Matter, der schon früher ähnliche Projekte lanciert hatte.
Der Clip ist nun allerdings von der Video-Plattform Youtube verschwunden. Es findet sich dort ein Hinweis, dass Sony Music Publishing eine Beschwerde wegen Urheberrechtsverletzung erhoben habe.
Im Refrain des SVP-Songs heisst es: «Tanz mit de SVP / tanze tuet doch niemerdem weh». Die Melodie gleicht dem US-Hit «We Are Family» von Sister Sledge aus dem Jahr 1979.
Am Montagmorgen hatte sich der Satiriker Patrick Karpiczenko eingeschaltet. Er wies den Mitkomponisten Nile Rogers sowie den Musikkonzern Sony Music auf Twitter darauf hin, dass die SVP ein «Cover» von «We Are Family» publiziert habe: «Ich nehme an, sie haben dafür die Erlaubnis eingeholt.»
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Thomas Matter hatte im Vorfeld der Publikation keinen Kontakt zu den «We Are Family»-Urhebern. Er sagt, er habe den Song zusammen mit einem befreundeten Produzenten geschrieben und sich selbst ausgedacht. Es handle sich nicht um ein Cover. «Die Sperrung ist offensichtlich politisch motiviert», so der Nationalrat am Telefon. Der Satiriker Karpi habe online ausdrücklich davon gesprochen, die SVP «verpetzen» zu wollen.
Matter hat Youtube aufgefordert, das Video wieder aufzuschalten. «Zudem prüfen wir rechtliche Schritte gegen die Verursacher der Sperrung – also unter anderem Sony Music».
Wer Melodien übernimmt, braucht das Okay des Komponisten
Warum kann Sony Music überhaupt eine Sperrung veranlassen? Giorgio Tebaldi ist Sprecher der Schweizer Urheberrechtsgesellschaft Suisa. Er erklärt: Wenn jemand einen Song ohne Veränderung covert, also mit Original-Text und Melodie, braucht man dafür keine Freigabe des Werk-Inhabers. Der Covernde erhält dann aber auch keine Rechte am Song. Wenn man einen völlig neuen Song komponiert, wird man selbst Urheberin oder Urheber.
Heikel ist der Zwischenbereich, wenn also jemand Elemente eines Songs nimmt und zu etwas Neuem zusammenbaut. Beispielsweise ein Sample verwendet, oder eine Melodie, oder einen Textteil. Dies ist eine Bearbeitung eines Werks. «In einem solchen Fall braucht man die Freigabe des Rechte-Inhabers», sagt Giorgio Tebaldi.
Die knifflige Frage ist nun, wie ähnlich sich die SVP-Melodie und der «We Are Family»-Refrain sind. Hinzu kommt die Frage der Persönlichkeitsrechte: Weil es möglicherweise um eine politische Verwendung eines Songs geht, könnten auch die Persönlichkeitsrechte der Urheber – also unter anderem von Funk-Legende Nile Rodgers – betroffen sein. «All diese Punkte müsste letztlich ein Gericht entscheiden», so Tebaldi.
Eine Anfrage beim Musikkonzern Sony zu den Hintergründen der Sperrung ist hängig.
Wer sich selber ein Bild machen will, kann sich den Sister-Sledge-Song auf Youtube anhören: «We are family».
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