Ticker zur Corona-Medienkonferenz«Wir hätten es in der Hand, die Epidemie zu beenden»
Während einige die Rückkehr zur Normalität verlangen, ist noch nicht klar, ob eine 4. Welle die Schweiz trifft. Zum aktuellen Stand informierten Amtschefinnen und Experten. Wir berichteten live.
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Das Wichtigste in Kürze
Die Pandemie ist noch nicht vorbei, in der Schweiz steigen die Ansteckungszahlen seit Anfang Juli wieder. Die Spitaleinweisungen und die Belegung der Intensivplätze bleiben aber auf tiefem Niveau.
Andere Länder haben bereits wieder begonnen, die Massnahmen zu verschärfen. So etwa hat Deutschland beim Einreisen die Zügel angezogen. In New York wird für Innenräume öffentlicher Institutionen wieder das Maskentragen empfohlen.
Derweil machten sich in der Schweiz am Wochenende verschiedene Experten und Exponentinnen für eine Rückkehr zur Normalität stark.
Virginie Masserey sagt heute, es gebe genügend Impfstoff. Und: «Wenn die Nachfrage nicht steigt, werden wir die Lagerbestände nicht weiter füllen.»
Zum Thema Auffrischungsimpfung sagt Masserey: «Wir verfolgen das sehr intensiv.» Aktuell sei es aber noch nicht offensichtlich, für wen diese zusätzlichen Impfungen notwendig seien.
Reiserückkehrern empfiehlt der Bund, sich testen zu lassen.
«Das Coronavirus wird nicht verschwinden, wir hätten es in der Hand, die Epidemie (durch Impfen) in zwei Monaten zu beenden», sagt Martin Ackermann von der Taskforce.
Folgende Fachleute nahmen teil: Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG, Linda Nartey, Kantonsärztin Bern, Vizepräsidentin der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS und Martin Ackermann, Präsident, National COVID-19 Science Task Force
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Hier finden Sie die Übersicht der Impfquoten: So weit ist die Schweiz mit dem Impfen.
Hier gelangen Sie zu unserem Corona-Dashboard mit allen Zahlen.
Die Medienkonferenz ist zu Ende
Nach gut einer Stunde ist die Medienkonferenz zu Ende. Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Haben wir die Kapazitäten, alle Reiserückkehrer zu testen?
Nartey meint, dass man ständig schauen müsse, ob man weitere Kapazitäten brauche. Es werde bestimmt einen Druck geben auf die bestehenden Einrichtungen.
Waren die Selbst-Tests in den Apotheken ein Flop?
Nartey antwortet: Die Menschen hätten die Botschaft verstanden, aber nicht alles werde dadurch besser. Die Tests seien nur für gewisse Situationen wichtig gewesen.
Gehen die Impfkapazitäten zurück?
Die Bernerin Nartey erklärt: Der Abbau in den Kantonen sei gerechtfertigt, das habe auch mit den Kosten zu tun. Aber es brauche eine gewisse Flexibilität und Mobilität.
Wieviel würde eine hohe Impfquote bringen?
Martin Ackermann sagt dazu: «Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto besser ist die Situation im Herbst.» Es gebe nach wie vor Personen, die sich nicht explizit gegen eine Impfung entschieden haben, sondern lediglich noch zuwarten. Diese könne man durchaus noch erreichen. Der weitere Verlauf der Pandemie – und insbesondere die Zahl der Spitaleintritte – hänge entschieden davon ab, wie gross der Teil der Menschen über 50 sei, der noch nicht immun ist. Ackermann sagt aber auch: «Liessen sich alle in diesem Land impfen, so wäre die Pandemie in acht Wochen besiegt.»
Können sich alle Impfwilligen auch impfen lassen?
Masserey antwortet, dass dieser Punkt noch nicht erreicht sei. Viele möchten sich erst nach den Ferien impfen lassen. Es gebe weitere Möglichkeiten, Personen zu erreichen, die bisher noch zugewartet hätten mit der Impfung. Was die Normalisierung angehe, so sei dies der Entscheid des Bundesrates. Allerdings sei Normalisierung noch nicht Normalität.
Wann kommen exakte Statistiken punkto Geimpften und Infektionen?
Masserey entgegnet: Man publiziere die Zahl der Infektionen mit den Hospitalisationen und den Todesfällen in Bezug mit den Geimpften einmal pro Woche. Und daraus könne man aktuell klar sagen: Dass man sich wieder anstecke, wenn man geimpft sei, sei eine Ausnahme.
Gibt es Studien zu infizierten Geimpften?
Wiederum antwortet Masserey: Es gebe solche Studien in der Waadt. Man sehe, dass die Wirkung der Impfung recht gut sei. Man müsse aber weitere Studien machen.
Zum Thema: Schweizer Zahlen zu Impfdurchbrüchen – Wie gross ist die Gefahr einer Corona-Ansteckung trotz Impfung?
Bis jetzt infizierte sich einer von zehntausend Geimpften in der Schweiz. Experte Huldrych Günthard ordnet die neuen BAG-Zahlen ein.
Wie lange sind die Impfstoffe haltbar?
Massereys Replik: Impfstoffe können vier bis sechs Monate gelagert werden. Man könne die vorhandenen Impfdosen auch für Zweit- oder Auffrischungsimpfungen verwenden. Man habe die Lage unter Kontrolle, sagt die Abteilungsleiterin des BAG.
Spucktests in Freiburg - bald überall so?
Im Kanton Freiburg, so sagt ein Journalist, könne man sich mit Spucktests und Videotelefonie testen lassen. Masserey sagt, dass sie sich dazu nicht äussern könne. Man prüfe aber beim BAG solche Möglichkeiten. Das könne auch eine Alternative für Menschen sein, die noch nicht geimpft seien.
Gibt es doch bald ein Impfobligatorium?
Der Taskforce-Chef antwortet: Die Taskforce fordere kein Impfobligatorium. Es sei ihre Aufgabe, Szenarien vorzulegen.
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Impfmonitor – So weit ist die Schweiz beim Impfen
Wie lang sind nun die Impfstoffe wirksam?
Ackermann antwortet punkto Schutzdauer der Impfung: «Es kommen jetzt neue Daten rein. Wir müssen das anschauen. Allenfalls müssen wir unsere Dokumente und Empfehlungen anpassen.»
Frage: Wie ist das mit den Booster-Impfungen?
Die Fragerunde beginnt. Masserey antwortet auf die erste Frage: Der Entscheid von Deutschland, ab September Drittimpfungen durchzuführen, sei politisch motiviert. Momentan gebe es nicht genügend Evidenzen, dass es diese braucht. Auch stehe die Zulassung noch aus. Man werde die Situation weiter genau verfolgen. Personen mit geschwächtem Immunsystem oder Transplantationen werde empfohlen, sich auf Antikörper untersuchen zu lassen und dann allenfalls eine dritte Impfung vorzunehmen.
«Lassen Sie sich impfen, sobald als möglich»
Nach der Berner Kantonsärztin spricht nun Taskforce-Chef Martin Ackermann. «Momentan sind drei Millionen Menschen noch nicht immun in der Schweiz.» Das Risiko sei durch die Ausbreitung der Delta-Variante grösser geworden.
«Das Coronavirus wird nicht verschwinden, wir hätten es (jedoch) in der Hand, die Epidemie (durch Impfen) in zwei Monaten zu beenden», sagt Ackermann.
Man könne die Entwicklung der Fallzahlen nach wie vor herbeiziehen, um mögliche Engpässe im Gesundheitswesen zu erkennen. Die Schweiz habe die besten Impfstoffe und genügend davon, führt Ackermann weiter aus. «Von Mai bis Juni wurden in der Schweiz so viele Menschen geimpft wie in kaum einem anderen Land in Europa.» Seit Juli sei die Impfrate aber eingebrochen.
Die allermeisten würden früher oder später immunisiert werden. Die Frage sei nur, in welcher Form. Die Schweiz habe es in der Hand, der aktuellen Entwicklung Gegensteuer zu geben. Zum Ende sagt Ackermann: «Lassen Sie sich impfen, sobald als möglich.»
Impfen immer noch die wirksamste Massnahme
Linda Nartey spricht nun. Sie weist darauf hin, das die Impfung noch immer die «wichtigste und wirksamste Massnahme» zur Bekämpfung der Pandemie sei, daher würden in den Kantonen nach wie vor grosse Anstrengungen unternommen, um die Impfungen voranzutreiben. «Der bisherige Effekt der Impfung lässt sich sehen.» Unter Geimpften komme es kaum zu schweren Erkrankungen, man erkranke generell weniger. Dennoch brauche es eine «deutlich höhere Impfabdeckung» als jetzt. Sie hoffe, sie habe mit diesen Worten impfkritischen Menschen helfen und sie überzeugen können.
Testen lassen nach den Ferien
Denen, die aus den Ferien zurückkommen, empfielt die BAG-Kaderfrau: Wir möchten allen empfehlen, sich testen zu lassen. Auch wenn man keine Symptome habe. So könne man verhindern, dass das Virus eingeschleppt werde. Masserey weist auch auf die neuen Plakate des Bundes hin.
Zum Thema: Deutschland hat sein Einreiseregime verschärft – das sind die Regeln.
Die Romande geht auch auf eine mögliche Auffrischungsimpfung ein. «Wir verfolgen das sehr intensiv.» Aktuell sei es aber noch nicht offensichtlich, für wen diese zusätzlichen Impfungen notwendig seien.
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Eine Verlangsamung der Impfbereitschaft
Masserey weiter: «Wir sehen eine Verlangsamung der Impfbereitschaft.» Das Ganze stagniere bei den Jüngeren. Es gebe genügend Impfstoff, sagt Masserey.
Die Kantone seien dran, das Impfen der Bevölkerung näher zu bringen.
Die Medienkonferenz beginnt
Virginie Masserey ergreift das Wort. Sie kommt auf die Zahlen von heute zurück. «Die Hospitalisationen steigen, bleiben aber auf einem tiefen Niveau», sagt die BAG-Leiterin. Die Delta-Variante sei entscheidend. Die Impfung habe aber eine effiziente Wirkung. Das sei ein Grund, weshalb man zu den ersten Wellen weniger Spitaleintritte habe.
Drei Fachleute nehmen teil
Drei Personen informieren an der heutigen Medienkonferenz. Es sind dies:
Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG
Linda Nartey, Kantonsärztin Bern, Vizepräsidentin der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS
Martin Ackermann, Präsident, National COVID-19 Science Task Force
Deltavirus bereitet Bevölkerung Sorgen
Die Deltavariante ist gewaltig auf dem Vormarsch, das belegten auch die jüngsten Zahl des BAG. «Gerade nehme ich in der Gesellschaft einen Optimismus wahr. Ich habe allerdings auch das Gefühl, dass die Stimmung wegen der neuen Delta-Variante wieder kippt», sagte jüngst Soziologin Evelyn Moser im Interview mit Tamedia. Die Lage heute sei im Gegensatz zum letzten Jahr eher diffus. «Ich glaube, viele von uns sind apathisch: Man weiss, es kommt womöglich nochmals eine Welle auf uns zu, aber die Luft ist draussen. Vielleicht ist dies schon die neue Normalität, mit der wir uns abfinden: Wir leben irgendwie mit Corona weiter.»
Pikant ist Mosers Antwort auf die Frage, ob beim Impfen die nächste grosse Solidaritätsfrage auf die Gesellschaft zukäme. «Ja, es ist ähnlich wie zu Beginn der Pandemie. Plötzlich entstehen in alltäglichen Konversationssituationen irritierende Momente. Wenn plötzlich jemand vor dem Kindergarten den Satz fallen lässt 'Also ich lasse mich sicher nicht impfen' zum Beispiel.» Es sei gar nicht einfach, auf diese Aussage adäquat zu reagieren. Sie antworte dann immer etwas feige: «Also ich habe mich impfen lassen – und habe keine negativen Konsequenzen gespürt. Auf einen missionarischen Ton versuche ich zu verzichten.»
SDA/fal
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