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Over-the-Air-Updates
Wo das Auto zum Smartphone wird

Auch Volvo aktualisiert seine neueren Fahrzeuge mit den sogenannten Over-the-Air-Updates.
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Bei Handy und Computer sind wir es längst gewohnt: In regelmässigen Abständen aktualisieren sich die Geräte automatisch und im Hintergrund. Beim nächsten Einschalten gibt es plötzlich neue Funktionen oder eine hübschere Grafik. Im Idealfall. Manchmal fallen auch lieb gewonnene Bedien-Routinen weg. Oder die schöne Darstellung beeinträchtigt die Arbeitsgeschwindigkeit des Grafikprozessors so stark, dass flüssiges Arbeiten nicht mehr möglich ist.

Beim Auto hat Tesla die Technik populär gemacht. Die Computer-affine Community hat die Fernwartung per Funk sofort akzeptiert, jede neue Aktualisierungsrunde freudig begrüsst und aufgeregt nach neuen Funktionen gesucht. Die klassischen Hersteller haben das zunächst eher misstrauisch beäugt: Bringt da jemand ein unfertiges Produkt auf den Markt und verkauft die ständigen Nachbesserungen auch noch als besonderes Event? Schnell machte der Vorwurf die Runde, Unternehmen wie Tesla würden ihre Kunden als sogenannte Beta-Tester missbrauchen. So heissen in der Büro- und Unterhaltungssoftware Nutzer, die die Spiele oder Programme vorab testen und Fehler finden, bevor das Produkt offiziell in den Verkauf geht.

Doch die frühen Vorbehalte haben sich gelegt – nicht zuletzt, weil die Möglichkeit der nachträglichen Software-Änderung Nachbesserungen an Fahrzeugen in Kundenhand einfacher macht. Denn für bestimmte Aktualisierungen und das Aufspielen neuer Funktionen müssen Fahrzeuge nun nicht mehr zwingend in die Werkstatt beordert werden. Sicherheitsrelevante Funktionen sind zwar von der Fernwartung in der Regel ausgeschlossen, Infotainment, allgemeine Bedienung, bestimmte Fahrwerksfunktionen oder Teile des Stromladesystems können aber durchaus aus der Ferne aktualisiert werden.

Besseres Licht gegen monatlichen Aufpreis

Auch der Volkswagen-Konzern setzt aus diesem Grund auf OTA-Updates. Seit dem Herbst sollen etwa bei den rein elektrischen ID-Modellen alle zwölf Wochen kostenlos Aktualisierungen übers Handynetz erfolgen, die neue Funktionen und Fehlerbehebungen bieten. Zum Start im September gab es unter anderem Verbesserungen bei der Bildverarbeitung der Frontkamera sowie Modifikationen an der Grafik des Bordbildschirms. Zudem liefert das Leuchtband unter der Windschutzscheibe nun Hinweise zum energiesparenden Fahren und Informationen in Zusammenhang mit der automatischen Distanzregelung. Ähnliche Angebote gibt es bei VW bereits für den Golf, weitere Modelle werden folgen. Auch Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes, Volvo oder Ford haben längst OTA-fähige Fahrzeuge im Programm. Für den Kunden ist dieser Software-Support von Vorteil, hält er doch die Bordelektronik auch Jahre nach der Auslieferung auf einem aktuellen Stand. Andererseits befürchten Experten wie der deutsche Automobilclub ADAC mangelnde Transparenz bei den Updates. Fehler könnten so etwa leise, still und heimlich behoben werden, ohne dass die Kunden von ihrer Existenz erfahren hat.

In absehbarer Zeit wird wohl kein Hersteller mehr auf drahtlose Updates verzichten wollen. Denn an der Technik hängen auch neue Geschäftsmodelle: Neben kostenlosen Updates bieten immer mehr Hersteller auch herunterladbare Sonderausstattung an. So lässt sich gegen Zahlung einer Gebühr etwa eine neue Navigationssoftware aufspielen oder sogar besseres Fahrlicht freischalten. Auch hierbei setzen die Hersteller auf eine wachsende Kundenakzeptanz solcher Modelle – geschult an Software, Streamingdiensten und anderen digitalisierten Dienstleistungen.

Zu grosse Datenmengen funktionieren nicht

Ganz ausgereift sind die Technik und die daran hängenden Services allerdings bislang noch nicht. Das musste kürzlich beispielsweise Porsche erleben. Der Sportwagenhersteller wollte seine E-Limousine Taycan «over the air» mit neuen Funktionen versorgen, doch die Datenmenge war zu gross für die Luftschnittstelle, sodass die betroffenen Kunden mit ihren hochvernetzten Hightech-Autos doch wieder in die Werkstatt mussten. Im Netz sorgte das für Erheiterung und Spott.

Eine andere Art von Stolperfalle ist beispielsweise bei E-Auto-Bauer Polestar zu sehen. Die Volvo-Tochter bietet ihren Kunden seit kurzem ein Motorleistungs-Upgrade an: Over the Air lässt sich eine neue Software aufspielen, die aus dem E-Antrieb 50 kW/68 PS extra herausholt. Kostenpunkt: 1100 Franken. Was Kunden trotz dem Hinweis durch Polestar möglicherweise übersehen: In der Schweiz besteht eine Melde- und Vorführpflicht bei Fahrzeugänderungen. Also muss das Auto nach dem Update vorgeführt werden? «Da die Steigerung geringer als 20 Prozent ist und man am Fahrzeug nichts erkennen kann, sind die Strassenverkehrsämter pragmatisch», erklärt Polestar Schweiz. «Man kann die Änderung im Fahrzeugausweis in den meisten Kantonen als administrative Anpassung durchführen. Und dies kann auch per Post erfolgen.»

Trotz solcher Schwierigkeiten könnten drahtlose Software-Aktualisierungen am Ende Herstellern und Kunden gleichermassen nutzen. Ob vor allem Letztere zu Fans der Technik werden, hängt jedoch auch davon ab, wie gut sie gelingen, wie transparent sie sind und welche Nutzervorteile sie bringen.