WM-Super-G der Männer in SaalbachOdermatt wird Weltmeister und sorgt mit einem Spruch bei der Siegerzeremonie für Lacher
Der Schweizer deklassiert die Gegner mit seiner Fabelfahrt und holt Gold im Super-G. Dann gibt es einen kleinen Seitenhieb gegen Österreichs Skipräsidentin. Die anderen Schweizer enttäuschen.
Am Ende ist es eben doch wieder er, ist es Marco Odermatt, der sich im Ziel auf die Brust klopft und die Faust ballt. Ist er die grosse Figur in diesem Super-G von Saalbach, Weltmeister nun auch in dieser Disziplin, in der er bislang so viele Rennen im Weltcup gewonnen, aber noch nie eine Medaille geholt hat. Und jetzt also ist es gleich die goldene, ist auch diese Lücke in seinem fantastischen Palmarès geschlossen.
Abfahrts- und Riesenslalomweltmeister ist er vor zwei Jahren in Courchevel geworden, mit seiner Goldmedaille in der dritten Disziplin schliesst der Nidwaldner zu Legenden wie Pirmin Zurbriggen, Hermann Maier oder Bode Miller auf. Odermatt sagt: «Es ist extrem schön, auch das erreicht zu haben.»
Es ist auch die Erleichterung, die aus Odermatts Gesten nach der Zieleinfahrt spricht; darüber, dass er eben auch in der Disziplin zugeschlagen hat; dass er bestmöglich in diese WM gestartet ist; und dass er seiner Favoritenrolle wieder einmal gerecht geworden ist – allen Unkenrufen zum Trotz.
Was war nicht alles gemutmasst worden vor dem ersten Rennen der Männer an dieser WM? Zu einfach, zu wenige Klippen, kein Gelände für Odermatt. Armin Assinger, Experte beim österreichischen Fernsehsender ORF, sagte vor dem Start: «Ich bin nicht der Meinung, dass Odermatt Favorit ist, ganz viele können da mitmischen. WM und Olympia sind Eintagesgeschichten.»
Roland Assinger, sein Bruder und Cheftrainer bei den österreichischen Frauen, habe vor diesem Rennen gesagt, es werde «ein Gemetzel». Armin Assinger sagt: «Es wird eine ganz knappe Partie.»
Odermatt wie von einem anderen Stern
Dann startet Odermatt mit seiner Nummer 8 – und fährt wie von einem anderen Stern. Er degradiert die Gegner zu Statisten. Der zweitplatzierte Österreicher Raphael Haaser verliert eine Sekunde, der Norweger Adrian Smiseth Sejersted gewinnt mit 1,15 Sekunden Rückstand Bronze. Es sind Welten. «Es gibt nicht viele solche perfekten Tage und Läufe», sagt Odermatt. «Ich dachte gleich: Viel besser geht es nicht. Im Spitzensport pusht jeder in jedem Bereich noch extremer, die Dichte ist gross. Solche Vorsprünge sind keine Selbstverständlichkeit.»
Er habe schon beim dritten Tor gespürt, «dass die Ski machen, was ich will», sagt der 27-Jährige. «Ich konnte riskieren, doch es fühlte sich nicht an, als wäre ich am Limit. Das ist ein tolles Gefühl.»
Er habe gewusst, dass er «Vollgas geben» müsse, sagt Odermatt, gerade mit Blick auf die Österreicher: «Sie sind hier schon 20-mal heruntergefahren, und dann steckt ihr Trainer Sepp Brunner auch noch den Lauf. Sie wussten genau, wo es durchgeht.» Zu schlagen ist er an diesem Tag auch von den Österreichern nicht.
Die Laune bei Odermatt ist entsprechend gut. Bei der Siegerzeremonie erlaubt er sich deshalb einen kleinen Seitenhieb. Als ihm Roswitha Stadlober, die Präsidentin des österreichischen Skiverbands, den Preis überreicht, eine grosse WM-Medaille aus Schokolade, sagt er: «Als Österreicherin einem Schweizer Schoggi zu schenken, ist riskant.»
Stadlober lacht, und Odermatts Stimmung könnte besser nicht sein. Er sagt: «Es ist cool, dass ich jetzt zweimal an einer WM meine perfekten Fahrten hatte. Vor zwei Jahren gelang mir in Courchevel meine beste Abfahrt, heute war es wohl mein bester Lauf in einem Super-G überhaupt.» Er sei vor dem Start locker gewesen, «entspannter als bei vielen Weltcuprennen. Ich wusste: Wenn es passt, kann ich gewinnen, ich muss nicht das ganz Spezielle auspacken. Das Vertrauen ist da. Und wenn es nicht aufgeht, geht die Welt nicht unter. Ich habe schon so viel gewonnen, da bin ich ziemlich unaufgeregt.»
Odermatts Vater sagt: «Jetzt ist schon einmal ein grosser Druck weg»
Sein Vater und früherer Förderer Walter Odermatt steht mit Frau Priska und Tochter Alina ebenfalls im Zielraum von Saalbach und sagt in die Kamera: «Jetzt ist schon einmal ein grosser Druck weg. Das hat er sich gewünscht und auch erarbeitet. Jetzt schauen wir einmal, was noch kommt, aber es wird sicher auch sehr schwierig.»
Am Sonntag ist Odermatt in der Abfahrt erneut Favorit, im Riesenslalom nächsten Freitag ohnehin. Vielleicht startet er gar noch in der Neo-Disziplin Team-Kombination am Mittwoch, er als Abfahrer zusammen mit einem Slalomspezialisten aus dem eigenen Team. So oder so kann er auch an dieser WM zum alles überstrahlenden Athleten werden.
Haaser holt Silber – es ist eine ganz spezielle Geschichte
Eine spezielle Geschichte schreibt auch Raphael Haaser. Nach Stephanie Veniers Goldfahrt im Super-G am Freitag sorgt er für den nächsten Jubel beim Heimpublikum, der WM-Start ist den Österreichern mit zwei Medaillen viel besser geglückt, als sie befürchteten. Haaser kehrte nach einer Kreuzbandverletzung und sechs Wochen Pause erst Ende Januar in Kitzbühel zurück – und wurde im Super-G Zweiter. Nun also holt er Silber, und das am Tag nach dem Frauen-Super-G, bei dem sich seine Schwester Ricarda Haaser einen Kreuzband- und Innenmeniskusriss zuzog. Sie wurde noch am Abend operiert. Dass ihr Bruder dennoch die Konzentration fand, macht seine Silbermedaille noch spezieller.
Eigentlich gab es ja andere Athleten, die eher genannt wurden als mögliche Medaillenanwärter. Vorab die Teamkollegen von Odermatt. Doch diese kämpfen an diesem Tag unglücklich. Alexis Monney ist bei der dritten Zwischenzeit noch Zweitschnellster, ehe er wegrutscht und ausscheidet. Stefan Rogentin und Franjo von Allmen müssen sich mit den Plätzen 9 und 12 begnügen.
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Der Ticker zum Nachlesen – Das Fazit
Marco Odermatt hat einmal mehr geliefert – und wie! Der Nidwaldner gewinnt erstmals WM-Gold im Super-G, er siegt mit exakt einer Sekunde Vorsprung auf den Österreicher Raphael Haaser, Bronze gewinnt der Norweger Adrian Sejersted (+1,15 Sekunden), der das Rennen eröffnet hat.
Odermatt zeigt eine überragende Fahrt, im Ziel jubelt er ausgelassen. Es ist ein mehr als verdienter Sieg für den 27-jährigen Ausnahmeathleten, der im Super-G seit drei Jahren die Nummer 1 ist und im Weltcup schon 14-mal triumphiert hat. Der Druck ist damit schon weg von seinen Schultern, in der Abfahrt und im Riesenslalom kann er seine Goldsammlung noch erweitern.
Es sei die perfekte Fahrt gewesen, sagt Odermatt, «es tönt jetzt arrogant, aber als ich die Ziellinie überquerte, dachte ich: Das geht wohl nicht besser.» Im Super-G sei nie etwas planbar, sagt der Gesamtweltcup-Sieger, «2021 in Cortina machte ich nach starker Zwischenzeit einen grossen Fehler, zwei Jahre später nahm ich in Courchevel zu wenig Risiko, und dazwischen schied ich bei den Olympischen Spielen in Peking aus. Jetzt hat es geklappt, das ist wunderbar.»
Die übrigen Schweizer enttäuschen: Stefan Rogentin wird Neunter, Franjo von Allmen 12. Alexis Monney scheidet nach guter Zwischenzeit aus.
Die Schweizer
Odermatt holt Gold und damit die zweite Schweizer Medaille an dieser WM nach Silber im Teamevent. Seine Copains aber enttäuschen: Alexis Monney scheidet nach guter Zwischenzeit aus, allenfalls hätte er in den Medaillenkampf eingreifen können. Stefan Rogentin wird Neunter, Franjo von Allmen muss sich mit Rang 12 zufrieden geben.
Franjo von Allmen im Interview
Der Schweizer sagt gegenüber SRF: «Ich musste ein wenig Lehrgeld zahlen. Ich freute mich aufs Rennen und versuchte alles, aber offenbar bin ich nie richtig ins Fahren gekommen. Eigentlich fühlte ich mich gar nicht so schlecht, aber es gab den einen oder anderen Rutscher, das kostete viel Speed.»
Das Podest
Gold: Marco Odermatt (Schweiz)
Silber: Rapahel Haaser (Österreich)
Bronze: Adrian Sejersted (Norwegen)
Startnummer 30 – River Radamus
Der Amerikaner, der mit ausgefallenen Frisuren auffällt, beschliesst die Gruppe der Top 30. Als Riesenslalom-Spezialist tut er sich auf diesem doch eher schnell gesetzten Kurs schwer. Es reicht für Rang 18.
Startnummer 29 – Romed Baumann
Und auch Romed Baumann hat im Super-G schon eine WM-Medaille vorzuweisen, 2021 in Cortina holte er Silber. Dem 39-Jährigen aber misslingt bereits der erste Teil unmittelbar nach dem Start. Danach verpasst er die Ideallinie mehrmals. Er wird 19.
Startnummer 28 – Christof Innerhofer
40 ist der Italiener bereits, vor 14 Jahren wurde er in Garmisch tatsächlich Super-G-Weltmeister. Seine besten Zeiten sind natürlich längst vorbei, aber Innerhofer denkt noch lange nicht ans Aufhören. Das Resultat aber stimmt auch heute nicht – Platz 20.
Startnummer 27 – Jan Zabystran
Der Tscheche ist längst kein Ski-Exot mehr. Im Winter trainiert er mit dem deutschen Speedteam, da es in seiner Heimat keine echte Abfahrtsequipe gibt. Platz 15 ist gewiss ein Achtungserfolg.
Startnummer 26 – Matthieu Bailet
Der Franzose übertreibt es oft mit seiner risikoreichen Fahrweise. Seine Form aber passt nicht, nach dem Abfahrtstraining am Mittwoch sagte er, es funktioniere bei ihm gerade überhaupt nichts. Wie wahr: Im Super-G scheidet er aus.
Startnummer 25 – Miha Hrobat
In der Abfahrt, wo er schon zweimal Dritter war, wird der Slowene wohl etwas mehr ausrichten können als im Super-G. Er verfährt sich im Mittelteil und verpasst danach ein Tor. Das hat ziemlich seltsam ausgesehen.
Startnummer 24 – Simon Jocher
und nach dem ersten Schweden folgt gleich der erste Deutsche. Jocher riskiert viel, versucht alles auf Zug zu fahren, aber auch er büsst knapp zweieinhalb Sekunden ein und wird 16. Sicher ist: Schneller ist die Piste im Verlauf des Rennens nicht geworden.
Startnummer 23 – Felix Monsen
Monsen vertritt Schweden in diesem WM-Rennen. Er wird 16.
Stefan Rogentin im Interview
Der Schweizer sagt nach Rang 9: «Ich bin ein wenig zu hart auf den Ski gestanden. Das hat sich von oben bis unten summiert. Und so stehst du halt nicht auf dem Podest. Ich mag diesen Berg, aber es ist leider nicht so gut gegangen wie beim Sieg im letzten Jahr. Ich muss akzeptieren, wie es gelaufen ist.»
Startnummer 22 – Bryce Bennett
Der Zweimeter-Mann aus den USA wird in der Abfahrt vom Sonntag zumindest zum erweiterten Favoritenkreis zählen. Im Super-G zeigt er eine ordentliche Leistung, es reicht für Rang 14.
Startnummer 21 – Brodie Seger
Die Luft scheint draussen zu sein in diesem Rennen. Uns kann es recht sein, Odermatt wird Weltmeister. Der Kanadier Seger fährt auf Zwischenrang 18.
Startnummer 20 – James Crawford
Und jetzt folgt der Titelverteidiger! 2023 in Courchevel setzte sich Crawford ziemlich überraschend vor Aleksander Kilde durch, der nun verletzt fehlt. In den Abfahrtstrainings hatte Crawford etwas Mühe, und seine Schwierigkeiten hat er heute auch im Super-G. Schon bei der zweiten Zwischenzeit hat er 1,23 Sekunden Rückstand, im Ziel sind es sogar 3,41. Das war gar nichts.
Startnummer 19 – Giovanni Franzoni
Der Italiener zeigt bis Rennhälfte eine ansprechende Fahrt, danach aber verpasst er ein Tor und scheidet aus.
Startnummer 18 – Ryan Cochran-Siegle
Dem Amerikaner liegt diese Strecke, das bewies er mit starken Zeiten in den Abfahrtstrainings. Bis Rennhälfte liegt Cochran-Siegle voll auf Medaillenkurs, danach aber begeht er gleich drei Fehler und wird nur Siebter. Da hat er eine grosse Chance verpasst.
Startnummer 17 – Jeffrey Read
Der Sohn von Ken Read ist aus der Topgruppe der zehn besten Super-G-Fahrer gefallen. Im WM-Rennen leistet er sich zu viele kleine Fehler, hinter Rogentin reicht das für Platz 9.
Startnummer 16 – Lukas Feurstein
Wir fragen uns: Liegt überhaupt noch etwas drin in diesem Rennen? Feurstein wird Neunter, auch er verliert über zwei Sekunden. Die Österreicher aber dürften heute schon wieder eine Medaille gewinnen, Raphael Haaser liegt auf Silber-Kurs.
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