Geld der Kunden verschwindetWirecard-Pleite verunsichert Schweizer Online-Shops
Weil der Zahldienstleister vor dem Aus steht, befürchten Schweizer Onlinehändler, nicht an ihr Geld zu kommen.
Die deutsche Skandalfirma Wirecard steht vor der Pleite. Weil in der Bilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen, hat der Zahlungsverkehrsanbieter vor wenigen Tagen einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Das wirkt sich auch auf die Schweizer Onlineshops aus, die bislang die Einkäufe ihrer Kunden über die deutsche Firma abwickeln.
Der Schweizer Handelsverband.swiss, dem viele Onlinehändler angeschlossen sind, warnt seine Mitglieder mit einem Schreiben: «Sofern Sie als Händler Wirecard als Zahlungsdienstleister einsetzen, empfehlen wir Ihnen aufgrund der nicht durchschaubaren Situation, vorläufig keine Kredit-/Debitkartenzahlungen mehr über Wirecard abzuwickeln, bis sich die Lage geklärt hat!» Natürlich könnten die Händler die Zahlungsart weiter anbieten, dann bestehe aber das Risiko, dass der Geldfluss nicht funktioniere. Das heisst: Die Kunden bestellen ihre Ware, bezahlen diese mit der Karte, aber das Geld kommt nicht beim Händler an.
«Es ist ein brandheisses Thema, bei uns läuten die Telefone Sturm.»
Das wollen viele Händler nicht riskieren. «Es ist ein brandheisses Thema, bei uns läuten die Telefone Sturm», sagt Daniel Ellersiek, Geschäftsleitungsmitglied beim Schweizer Bezahldienstleister Datatrans. Viele Onlinehändler wollen sich derzeit wegen der Folgen der Wirecard-Insolvenz beraten lassen. Laut Ellersiek dürfte die Insolvenz von Wirecard aber nur einen kleinen Einfluss auf den Onlinehandel in der Schweiz haben. Auch der Handelsverband.swiss geht davon aus, dass Wirecard keine grosse Verbreitung hat.
Online-Shop akzeptiert keine Karten mehr
Einige Shops haben aber Massnahmen getroffen. So hat etwa der Onlinehändler Arp.ch mit Sitz in Rotkreuz ZG das Bezahlen per Karte abgeschaltet. Auf der Internetseite heisst es: «Als Vorsorgemassnahme zum Schutz Ihrer Zahlungen haben wir uns entschlossen, kurzfristig und bis auf weiteres den Zahlungsverkehr über Kreditkarte sowie Paypal, Ideal und Sofort nicht mehr anzubieten.» Der Grund dafür sei die Insolvenzanmeldung von Wirecard. Mit anderen Bezahlmethoden, wie etwa per Rechnung, können Kunden weiterhin Ware bestellen.
In der Schweiz sind bei den meisten Onlinehändlern die technische und die finanzielle Abwicklung eines Einkaufs getrennt. Viele europäische Shops beziehen aber beide Dienstleistungen von einem Lieferanten. Auch Wirecard bietet beide Dienstleistungen aus einer Hand an. Das kann für den Händler nun zu einem grossen Risiko werden. Dies, wenn die Abwicklung der Zahlung nicht mehr funktioniert oder das Geld nicht mehr auf dem Konto ankommt. Grosse Kunden von Wirecard sind daher bereits auf Abstand gegangen, so hat etwa der Uber-Rivale Grab seine Kooperation mit Wirecard vorerst gestoppt, auch der Bezahldienstleister Revolut überprüft gemäss Medienberichten die Partnerschaft mit der deutschen Firma.
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