Bilanzskandal mit FolgenWirecard meldet Insolvenz an
Wegen des 1,9 Milliarden Euro schweren Lochs in der Bilanz steht der deutsche Finanzkonzern nun vor der Pleite.
Wirecard steht vor der Pleite. Angesichts eines 1,9 Milliarden Euro schweren Lochs in der Bilanz meldete der Zahlungsverkehrs-Anbieter am Donnerstag Insolvenz an.
«Der Vorstand der Wirecard AG hat entschieden, für die Wirecard AG beim zuständigen Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu stellen», hiess es in einer Mitteilung. Es werde geprüft, ob auch Insolvenzanträge für Wirecard-Töchter gestellt werden müssen.
Die Gläubigerbanken hatten das Recht, Kredite über zwei Milliarden Euro zu kündigen, wenn das Unternehmen nicht bis zum vergangenen Freitag eine testierte Bilanz für das vergangene Jahr vorlegen könne. Doch die Wirtschaftsprüfer von EY hatten das Testat verweigert, als sich herausstellte, dass Bestätigungen über Treuhandkonten offensichtlich gefälscht waren.
Die Wirecard-Aktie wurde für 60 Minuten vom Handel ausgesetzt. Es ist das erste Mal in der mehr als 30-jährigen Geschichte des Leitindex Dax, dass ein Dax-Mitglied kollabiert.
Wirecard hatte in den vergangenen Jahren angeblich ein rasantes Wachstumstempo hingegelegt und im September 2018 die Commerzbank aus dem Dax verdrängt. Zu Hochzeiten kostete die Aktie 200 Euro, kurz vor dem Insolvenzantrag waren es nur noch zehn Euro. Denn die Geschichte vom erfolgreichen Fintech aus Deutschland erwies sich als Illusion. Vor einer Woche verweigerten die Wirtschaftsprüfer von EY das Testat für die Bilanz, als sich herausstellte, dass Bestätigungen über Treuhandkonten in Höhe offensichtlich gefälscht waren. Die dort angeblich liegenden 1,9 Milliarden Euro gab es in Wirklichkeit wohl nie.
Wirecard ist auch im Fokus der Strafverfolgungsbehörden. «Wir prüfen alle in Betracht kommenden Straftaten», hatte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München am Montag gesagt. Bei der Behörde läuft bereits ein Ermittlungsverfahren gegen den Ende voriger Woche zurückgetretenen ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun und drei weitere Manager der Wirecard-Spitze wegen des Verdachts der Falschinformation von Anlegern in zwei Börsen-Pflichtmitteilungen.
Finanzchef im Zentrum
Im Zentrum des Bilanzskandals stehen der ehemalige Wirecard-Finanzchef in Südostasien und ein Treuhänder, der bis Ende 2019 für Wirecard aktiv war und das – wie sich nun herausgestellt hat – in grossen Teilen wahrscheinlich gar nicht existente Geschäft mit den Drittpartnern betreute.
Über mögliche Bilanzmanipulationen bei Wirecard hatte schon vor über einem Jahr die britische «Financial Times» berichtet. Im Oktober hatte die «FT» dann berichtet, dass ein beträchtlicher Teil der Wirecard-Umsätze mit Drittfirmen in Asien womöglich auf Scheingeschäften beruhe. Braun hatte die Berichterstattung der «FT» über Monate als haltlos zurückgewiesen.
sda/reuters
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