Apple Vision ProWird die Apple-Brille dereinst das Smartphone ersetzen?
3500 US-Dollar für ein Gerät mit zwei Stunden Akkulaufzeit – ob sich das lohnt, wie gut die Brille wirklich ist und warum die Pornoindustrie nun Morgenluft wittert.
Wie gut ist die Brille wirklich?
Für eine abschliessende Antwort ist es noch viel zu früh. Apple wird die Brille und die Software weiter verbessern, bis sie nächstes Jahr (erst mal nur in den USA) auf den Markt kommt. Ich selbst konnte sie noch nicht ausprobieren, da es für Schweizer Journalisten keine Vorführung gab. Ich habe aber ausländische Kolleginnen und Kollegen nach ihren Erfahrungen gefragt, und die schwankten zwischen positiv überrascht bis begeistert.
Der erste Schritt scheint Apple also gelungen zu sein: Das, was die Vision Pro soll, das macht sie offensichtlich. Wer die Brille ausprobiert, staunt und ist nicht abgeschreckt.
Für wen hat Apple diese Brille denn gemacht?
Das ist noch nicht ganz klar. Apple hat vor allem Alltagssituationen im eigenen Zuhause gezeigt. Die Vorführungen reichen von Heimkino über Spiele bis hin zu virtuellen Arbeitsräumen. Einsatzgebiete und Zielpublikum werden sich wohl erst mit den Jahren herauskristallisieren.
Apple hat hier mal einen ersten Schritt in Richtung räumliche Computer gemacht. Aber bis so etwas Fuss fasst, braucht es noch viel Zeit.
Ist sie nicht viel zu teuer?
Ein enttäuschtes Raunen ging durch die Menge, als Apple den Preis der Brille bekannt gab. 3500 Dollar ist mehr, als die Gerüchte vorhergesagt haben. Bei uns dürfte die Brille, wenn sie dann irgendwann auch in die Schweiz kommt, noch mal teurer sein.
Der hohe Preis kommt einerseits von den sehr teuren Komponenten, die in der Brille stecken. Er ist aber auch ein Hinweis, dass Apple erst mal professionelle Anwenderinnen und Anwender im Auge hat. Firmen zum Beispiel, die dafür Inhalte erstellen wollen.
Dass die Brille Vision Pro heisst, ist auch ein Hinweis, dass künftig auch ein günstigeres Modell folgen wird, was dann eben nicht Pro sein wird. Eine Apple Vision oder eine Vision Air vielleicht?
Beim Preis gilt auch die alte Regel: Kostet dir ein Gerät zu viel, ist es eben auch nicht für dich gemacht. Gerade bei Profikameras oder Proficomputern bewährt sich diese Regel immer wieder.
Wird die Brille das iPhone ersetzen?
Diese These ist immer wieder zu lesen. Da ist aber der Wunsch nach etwas Neuem der Vater des Gedankens. Nein, diese Brille ist nicht für mobile Computeraktivitäten gedacht. Das ist ein Zuhausegerät. Aber klar, ein paar waghalsige Zeitgenossen werden damit auch aus dem Haus gehen, ein iPhone wird diese Brille aber nicht ersetzen.
Was das Smartphone dereinst ablösen könnte, ist aber die Idee des räumlichen Computers und der Augmented Reality. Aber dazu müsste eine solche Brille diskreter und ausdauernder werden. Bis es so weit ist, wird es noch einige Jahre dauern. Und selbst dann dürfte eine solche Brille das Smartphone noch jahrelang ergänzen und nicht ersetzen.
Wittert die Pornoindustrie hier bereits eine neue Einnahmequelle?
Auch diese Spekulation ist immer wieder zu lesen. Tatsächlich ist die Pornoindustrie ein Technologietreiber und hat schon mancher neuen Technologie zum Durchbruch verholfen. In dem Fall hat sie aber die Rechnung ohne Apple gemacht.
Apple ist notorisch vorsichtig, was Inhalte auf eigenen Geräten angeht. Schon auf dem iPhone verhindert Apple solche Apps durch den eigenen App Store, an dem noch kein Weg vorbeiführt. Künftig könnte sich das ändern, wenn die EU Apple zwingt, die Geräte auch für andere App Stores zu öffnen.
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Die einzige Möglichkeit, Inhalte an Apple vorbei auf Apple-Geräte zu bringen, ist der Webbrowser. Darum ist es nicht überraschend, dass Apples TV-Box keinen eignen Browser hat. So kann Apple verhindern, dass unliebsame Inhalte auf das Gerät kommen.
Aber wie immer, wenn Apple einer neuen Kategorie zum Durchbruch verhilft, folgen andere Firmen nach, die weniger protektionistisch sind. So gesehen, dürfte die Pornoindustrie dennoch Morgenluft wittern.
Hält der Akku wirklich nur zwei Stunden?
Anscheinend ja. Die Demos gingen nur eine halbe Stunde. Darum hat ausser Apple noch niemand Erfahrungswerte. Die offizielle Info ist aber zwei Stunden. Ob das im Alltag dann hinkommt oder ob die Brille sogar länger durchhält, werden wir sehen und ausprobieren müssen.
Man kann die Brille aber auch mit einer Steckdose verbinden und so (wenn man das denn mag) den ganzen Tag nutzen.
Da der Akku nur zwei Stunden hält, dürfte auch kaum jemand auf die Idee kommen, damit aus dem Haus zu gehen. Apple hat am Event die Brille auch für Flugreisen empfohlen. Wenn man dort keine Steckdose oder Zusatzakkus hat, dürfte die Freude an der Brille nur kurz währen.
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Was macht die Konkurrenz?
Für die wird es nicht einfach. Apple kann bei der Brille die zwei grössten Talente des Konzerns ausspielen: Sie können Hardware und Software. In beiden Bereichen sind sie Weltklasse. Diese Kombination hat schon dem iPhone auf die Sprünge geholfen und dafür gesorgt, dass sich die Konkurrenz erst zusammenraufen musste.
Denn so eine enge den ganzen Konzern durchdringende Vernetzung von Hardware und Software hat sonst niemand. Samsung zum Beispiel könnte unbestritten so eine Brille bauen. Aber bei der Software fehlt es an Erfahrung und Fähigkeiten.
Beim Smartphone ist damals Google in die Bresche gesprungen und hat mit Android Gerätehersteller und Telekomanbieter mit an Bord genommen. Erst so gelang es Apple Paroli zu bieten. Microsofts Alleingang mit Windows-Handys dagegen scheiterte. Da half es auch nicht, dass sie sich in letzter Minute noch Nokia als Hardware-Spezialisten kauften. Da war es längst zu spät.
Der aussichtsreichste Konkurrent im Bereich der Augen-Computer scheint aktuell Meta (ehemals Facebook) zu sein. Die Firma hat schon zahlreiche Brillen veröffentlicht und eine eigene Softwareplattform mit Apps und allem Drum und Dran. Aber: Wird Meta die für andere Hersteller öffnen oder einen Alleingang versuchen?
Google und Microsoft werden hier sicher auch nicht untätig zusehen wollen und an eigenen räumlichen Betriebsystemen arbeiten. Je schneller sich nun Hardware-Profis und Software-Profis zusammenraufen, desto eher bekommt Apple Konkurrenz.
Dass die Apple Watch heute so dominant ist liegt übrigens am selben Phänomen. Die Konkurrenz unterschätzte die Uhr zum Start und konnte sich nicht auf eine Plattform einigen. Während Apple Jahr für Jahr Verbesserung um Verbesserung lancierte, eierte die Konkurrenz nur rum. Ob ihr das bei den Augen-Computern auch passiert?
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