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SRF-Doku über Roche-Familie
«Wir haben uns als Familie für den Vitaminskandal geschämt»

Jörg Duschmalé (l.) und André Hoffmann vor den imposanten Roche-Türmen.
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«Was gut für die Firma ist, ist gut für die Familie. Und nicht das Gegenteil», sagt André Hoffmann. Mit 100’000 Angestellten in über 100 Ländern und einem Börsenwert von 320 Milliarden Franken ist der Pharmariese Roche im Besitz einer Basler Familie. Diese hat allein im laufenden Jahr eine Dividende von 729 Millionen Franken erhalten. Privileg oder Last? Wie das System Roche mit den Erben aus einer der mächtigsten Dynastien funktioniert, dem geht Tobias Bossard, TV-Korrespondent beim SRF, in seiner 50-minütigen Dokumentation zu einem der grössten Pharmakonzerne der Welt nach.

Es ist Bossards Hartnäckigkeit zu verdanken, dass sich die beiden Roche-Erben André Hoffmann und Jörg Duschmalé – die beiden sind das Sprachrohr eines 15-köpfigen Familienpools – sowie CEO Severin Schwan erstmals von einem Kamerateam begleiten liessen. «Es war schwierig, etwas über Roche machen zu können, was über eine reine Berichterstattung hinausgeht», so Bossard.

So sehen wir Hoffmann und Duschmalé auf einer Basler Fähre und beim Briefing für eine Medienkonferenz und Schwan auf seinem E-Bike sowie bei der Vorbereitung von TV-Interviews. Doch Schwans Büro ist Tabuzone, genauso wie das Privatleben der drei Protagonisten. Die Stellungnahmen zu Schwans Jahreslohn von 15 Millionen Franken, der im Kontrast zu Hoffmanns Gebot der Nachhaltigkeit steht, wirken einstudiert.

Provozieren lässt sich hier niemand, die Aussagen zu den hohen Bussen aus dem Avastin-Lucentis-Skandal oder zu den erhöhten Medikamentenpreisen bleiben vage. Nur einmal erlebt man echte Emotionen. Als in einer Pressekonferenz der 37-jährige Duschmalé schildert, wie er den Vitaminskandal als Kind erlebte und «wie man sich als Familie dafür geschämt hat», nimmt man ihm seine Betroffenheit ab. In den 90ern hatten acht grosse Vitaminhersteller, darunter Hoffmann-La Roche, über Jahre hinweg den Markt für Vitamine untereinander aufgeteilt und gemeinsam überhöhte Preise festgesetzt.

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André Hoffmann setzt sich für die Nachhaltigkeit ein.
Severin Schwan im Interview im ersten Roche-Turm.
Severin Schwan auf der Baustelle des neuen Forschungszentrums.

Ein Blick ins Roche-Archiv führt zu einem weiteren Wert, der dem Konzern wichtig ist: seine Unabhängigkeit. Sämtliche Sponsoring-Anfragen schickt Schwan direkt in den Keller, selbst die von Manchester United, liebevoll gestaltet mit dem Shirt Nummer 7 und dem Namen «Schwan» anstelle von «Ronaldo». Wichtiger ist ihm die Vorstellung des Prototyps eines Testlabors der Zukunft, das später hundertfach in Basel gebaut werden soll.

Viel Raum wird auch dem Mäzenatentum der Familie eingeräumt. Dass Maja Hoffmann mit einem Kunst- und Kulturzentrum das französische Städtchen Arles prägt, Sabine Duschmalé-Oeri Millionen für die klassische Musik spendet oder dass der Betrieb des Tinguely-Museums von Roche finanziert wird – man gibt, aber spricht normalerweise nicht darüber.

Bescheidenheit und Understatement

Die zwei Roche-Türme, die immer wieder in den Fokus rücken, machen deutlich, wie eng die Verbindung zwischen Roche und Basel ist. Roche darf in Basel ohne grossen Widerspruch Hochhäuser bauen. Im Gegenzug profitiert die Stadt von hohen Steuereinnahmen und gut bezahlten Jobs.

«Bescheidenheit und Understatement» betitelt Duschmalé die Werte, die der Familie wichtig sind. Was für die Erben gilt, gilt nicht unbedingt für Roche. Bossard ist eine gut zusammengestellte, sorgfältig illustrierte Reportage zu einem Pharmakonzern gelungen, der in Basel verwurzelt ist. Er zeigt Verbindungen auf und stellt die richtigen Fragen – leider oft ohne befriedigende Antworten.