Kommentar zu WaffenlieferungenWir dürfen für die Ukraine auch mal ein Risiko eingehen
Das Parlament würgt Waffenhilfe für die Ukraine ab – mit vornehmlich juristischen statt politischen Argumenten. Warum haben wir so viel Angst vor Richtern?
Zweimal hat das Parlament diese Woche über indirekte Waffenhilfe für die Ukraine entschieden. Resultat: Die Lieferung von Munition und weiterem militärischem Equipment an die Opfer des russischen Angriffskriegs bleibt kategorisch verboten – auch für Drittstaaten, die zuvor gekauftes Schweizer Kriegsmaterial in die Ukraine ausführen möchten. Sowohl die SP als auch die FDP scheiterten mit Versuchen, diese Wiederausfuhren unter bestimmten Bedingungen zu ermöglichen.
Zwar sind noch nicht alle Vorstösse zu dem Thema erledigt. Doch dürfte das Parlament kaum noch zu einer Einigung gelangen. Es zeichnet sich immer klarer ab: Von der Schweiz haben die Angegriffenen in der Ukraine nichts zu erhoffen und die russischen Aggressoren nichts zu befürchten. Stattdessen werden wir pflichtschuldig beiden Seiten unsere Guten Dienste anbieten. Die Neutralität zeigt wieder mal ihr kaltes Zahnpastalächeln.
Die Entwicklung ist umso bedauerlicher, als es von SP bis FDP theoretisch eine Mehrheit für Solidarität mit der Ukraine gäbe. Trotzdem geraten sie sich nun wegen juristischer Detailfragen in die Haare. Ohnehin fällt auf, wie sehr auch grundsätzliche Bedenkenträger vor allem juristisch argumentieren: Das Völkerrecht erlaube dem Neutralen keine einseitigen Waffenlieferungen, auch nicht indirekt über Wiederausfuhren – so war es in National- und Ständerat oft zu hören.
Statt der juristischen brauchen wir eine politische Debatte. Es gilt zu klären, wie wir uns der russischen Bedrohung am besten erwehren.
Dem Völkerrecht gilt es Sorge zu tragen, doch für seine Auslegung wurden Instanzen wie der Internationale Gerichtshof in Den Haag geschaffen. Sollte ein Staat der Ansicht sein, die Schweiz verletze das Neutralitätsrecht, könnte er Klage erheben. Dieses Risiko dürften wir angesichts des Ukraine-Kriegs eingehen.
Statt der juristischen brauchen wir eine politische Debatte. Es gilt zu klären, wie wir uns der russischen Bedrohung am besten erwehren. Und ob Hilfe für die ukrainischen Verteidiger hierzu nicht zweckdienlicher ist als die Politur unseres «neutralen» Images.
Fehler gefunden?Jetzt melden.