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Debatte um Neutralität
Ein Dämpfer für die Ukraine-Unterstützer

Leopard-2-Panzer für Deutschland oder Tschechien? Verteidigungsministerin Viola Amherd (rechts) und Armeechef Thomas Süssli (links) bestätigen, dass die Schweiz auf einen Teil der Panzer verzichten könnte.
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Das Thema «Kriegsmaterial für die Ukraine» hat am Montag gleich beide Kammern des Parlaments beschäftigt. Im Ständerat ging es dabei um eine aussen- und sicherheitspolitisch höchst brisante Frage: Soll es die Schweiz den Käufern ihrer Waffen unter bestimmten Umständen erlauben, das erworbene Gerät wieder auszuführen?

Eine Motion von FDP-Präsident Thierry Burkart wollte ebendies ermöglichen: Bei Staaten, die «unseren Werten verpflichtet sind», solle die Schweiz von den ansonsten verbindlichen Nichtwiederausfuhr-Erklärungen absehen können. Burkart wollte damit erreichen, dass Länder wie Deutschland beispielsweise Schweizer Munition der Ukraine zur Verfügung stellen könnten.

Der Vorstoss sorgte für eine lange und emotionale Debatte im Ständerat – mit vergleichsweise knappem Ausgang: 23 Ratsmitglieder votierten gegen die Lockerung der Ausfuhrregeln, 18 dafür. Für die Bestrebungen Burkarts und anderer, die Ukraine indirekt auch militärisch zu unterstützen, ist dies vorerst ein Dämpfer. An der Debatte fiel vor allem der untypische Frontenverlauf auf.

So zeigte sich beispielsweise die Mitte-Fraktion sehr gespalten: Benedikt Würth (SG), Charles Juillard (JU) und Andrea Gmür (LU) unterstützten Burkarts Motion, Heidi Z’graggen (UR) und Peter Hegglin (ZG) bekämpften sie. Umgekehrt sprachen sich nicht nur SVP-Vertreter, sondern auch Linke für eine strikte Auslegung der Neutralität und damit ein Nein zur Motion aus. Aus Sicht von Daniel Jositsch (SP, ZH) etwa lässt das Völkerrecht nicht zu, dass Neutrale auch nur indirekt eine Kriegspartei bevorzugen. «Das muss man aushalten», mahnte Jositsch. Burkart wiederum warnte vergeblich davor, dass ein Nein zur Motion im Ausland als «sehr schlechtes Signal» wahrgenommen würde.

Nächste Runde im Nationalrat

Trotz der Ablehnung der Motion Burkarts im Ständerat bleiben Wiederexporte von Waffen aus Schweizer Produktion Thema im Bundeshaus. Bereits am Mittwoch entscheidet der Nationalrat über eine Motion seiner Sicherheitspolitischen Kommission. Auch mit dieser Motion soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, die Weitergabe von Waffen aus Schweizer Produktion in bestimmten Fällen zu erlauben. Die Bedingungen jedoch sind etwas anders als in Burkarts Motion: Sie wären erfüllt, wenn der UNO-Sicherheitsrat oder die UNO-Generalversammlung mit Zweidrittelmehrheit in Kriegen einen Widerspruch zum völkerrechtlichen Gewaltverbot feststellt. Die Kommissionsmotion wurde im Januar relativ knapp beschlossen, mit 14 zu 11 Stimmen. Das Verdikt des Nationalrats vom Mittwoch ist damit offen. 

Auch im Nationalrat ging es am Montag um Waffen: um die 96 Panzer des Typs Leopard 2 nämlich, die derzeit in der Ostschweiz eingelagert sind. Deutschland hatte den Bundesrat kürzlich offiziell angefragt, ob die Schweiz diese Panzer zur Verfügung stellen könnte. Die «Leos» würden den Deutschen dabei als Ersatz für jene Panzer dienen, die sie selber der Ukraine zur Verfügung stellen.

Die Aargauer Sicherheitspolitikerin Maja Riniker (FDP) wollte in der nationalrätlichen Fragestunde vom Bundesrat nun wissen, ob die Schweizer Armee auf die Panzer allenfalls verzichten könnte. Diese Frage wird von Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte) nun grundsätzlich bejaht. Abzüglich des eigenen Bedarfs für vollständige Ausrüstung, Ersatzmaterial und Ausbildung «könnte auf einen Teil verzichtet werden», heisst es in Amherds schriftlich vorliegender Antwort.

Der Chef der Armee, Thomas Süssli, bezifferte die Anzahl Panzer, auf die die Schweiz verzichten könnte, kürzlich auf rund ein Dutzend.

Mögliche Modernisierung bis 2030

Amherd erklärt aber auch, dass die Armee gegenwärtig «eine Erhöhung der mechanisierten Mittel im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine» prüfe. Im Raum steht demnach eine Stärkung der Verteidigungsfähigkeit durch die eingelagerten Panzer.

Die Rede ist von «einer möglichen Modernisierung eines Teils der stillgelegten Kampfpanzerflotte». Ein solches Vorhaben könnte mit einem Rüstungsprogramm beantragt werden, erklärt Amherd. «Die Einführung bei der Truppe könnte frühestens in den 2030er-Jahren erfolgen,» so die Bundesrätin. Wie viele Panzer für die vollständige Ausrüstung der insgesamt sechs Schweizer Panzerbataillone zusätzlich zu den 134 kampfbereiten Panzern Leopard 2 benötigt werden, beziffert Amherd nicht.

Sie wiederholte zudem, was bereits bekannt ist: Diese Panzer müssten zuerst durch das Parlament ausser Dienst gestellt werden, bevor sie weitergegeben werden könnten. Entsprechende Verhandlungen im Parlament sind derzeit im Gang.

Deutschland ist im Übrigen nicht der einzige Staat, der sich neuerdings für Schweizer Panzer interessiert. Das wurde am Montag am Rande der Nationalratssitzung bekannt. Wie VBS-Sprecher Renato Kalbermatten bestätigte, hat sich kürzlich auch Tschechien nach der Möglichkeit erkundigt, Leopard-2-Panzer aus der Schweiz zu bekommen. Die Anfrage lief offenbar auf diplomatischem Weg und erfolgte nicht, wie im Falle Deutschlands, in schriftlicher Form.