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Schweizer Waffen für Ukraine
Deal zwischen SP und FDP gescheitert – zumindest vorläufig

Die Schweiz hat Dänemark den Wiederexport dieses Fahrzeugs in die Ukraine verboten: Ein Radschützenpanzer vom Typ Piranha IIIC. (Archivbild)
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Das Parlament tut sich weiterhin schwer mit der Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Schweiz anderen Ländern erlauben soll, von ihr erworbene Waffen wieder auszuführen. Zwar sind alle Fraktionen ausser der SVP und den Grünen mehrheitlich dafür. Doch die bisherigen Versuche einer Einigung sind gescheitert.

Am Montag hatte der Ständerat einen Vorstoss von FDP-Präsident Thierry Burkart abgelehnt. Am Mittwoch hat nun der Nationalrat den wesentlichen Punkt einer Motion seiner Sicherheitspolitischen Kommission abgelehnt. Diesen Vorschlag hatte die SP eingebracht. 

Ihre Parteien sind uneins, zu welchen Konditionen Wiederausfuhren von Waffen zugelassen werden sollen: SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (links) und FDP-Präsident Thierry Burkart.

Der Nationalrat lehnte den entscheidenden Punkt der Motion mit 117 zu 78 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Ganz knapp – mit 98 zu 96 Stimmen bei 2 Enthaltungen – stimmte er einem zweiten Punkt zu. Doch dieser wird die Weitergabe von Waffen an die Ukraine nicht ermöglichen. 

Heute müssen Länder, die von der Schweiz Kriegsmaterial kaufen, eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung unterzeichnen. Die Motion forderte, dass der Bundesrat unter bestimmten Bedingungen die Wiederausfuhr erlauben kann – und zwar dann, wenn die Waffen an ein Land gehen, das völkerrechtswidrig angegriffen wurde. Feststellen müsste das entweder der UNO-Sicherheitsrat oder die UNO-Generalversammlung mit Zweidrittelmehrheit.

SP verärgert über FDP

Auf Antrag der FDP stimmte der Nationalrat über den UNO-Sicherheitsrat und die UNO-Generalversammlung separat ab. Der Grund: Der Punkt mit der UNO-Generalversammlung widerspricht aus Sicht der FDP dem Neutralitätsrecht. Im Rat scheiterte der betreffende Absatz deshalb. Der andere Punkt fand eine Mehrheit. Somit bräuchte es eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates, damit der Bundesrat die Ausfuhr erlauben kann. Doch im Fall der Ukraine liegt kein solcher Beschluss vor, weil Russland im UNO-Sicherheitsrat sitzt und ein Vetorecht hat.

Mit diesem Beschluss kann also erstens der Ukraine nicht geholfen werden, und zweitens ist er laut dem Bundesrat überflüssig: Wenn der UNO-Sicherheitsrat militärische Massnahmen autorisiere, komme das Neutralitätsrecht ohnehin nicht zur Anwendung, schrieb der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur Motion. Läge eine solche Resolution vor, könnte er die Weitergabe von Kriegsmaterial an einzelne Konfliktparteien erlauben.

Die SP zeigte sich verärgert über den Entscheid. Die FDP habe den Vorstoss torpediert, sagte Fraktionschef Roger Nordmann. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth stellte fest, die FDP wolle Putin den Entscheid überlassen, ob die Schweiz die Weitergabe von Waffen zulasse. «Das ist an Zynismus nicht zu überbieten.» Die GLP bezeichnete den Entscheid als «leere Hülle».

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Bundesrat warnt vor Völkerrechtsverletzung

Aus Sicht des Bundesrates taugt allerdings auch ein Beschluss der UNO-Generalversammlung nicht als Bedingung, weil ein solcher Beschluss rechtlich nicht bindend ist. Wie die FDP argumentiert der Bundesrat, die Schweiz würde Neutralitätsrecht brechen, wenn sie aufgrund eines Beschlusses der UNO-Generalversammlung die Lieferung von Waffen erlauben würde. Die Schweiz sei als neutrales Land völkerrechtlich zur Gleichbehandlung von Kriegsparteien verpflichtet, sagte Bundesrat Guy Parmelin im Rat. «Die Annahme der Motion würde den Bundesrat in eine sehr schwierige Lage bringen.»

«Die Annahme der Motion würde den Bundesrat in eine sehr schwierige Lage bringen»: Guy Parmelin spricht während der Debatte im Nationalratssaal.

Die SP lässt diese Argumentation nicht gelten. Aus ihrer Sicht spielt es keine Rolle, dass ein Beschluss der UNO-Generalversammlung nicht bindend ist. Völkerrechtlich gebe es für neutrale Staaten zur Wiederausfuhr keine Einschränkung, argumentieren die Sozialdemokraten. Es würde sich um eine selbst auferlegte Limitierung der Schweiz handeln. 

Empörte Fragen und Zwischenrufe im Rat

Im Rat gingen die Wogen hoch. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann fragte, wie die Kommission dazu komme, dem Rat eine Motion zu unterbreiten, mit der die Neutralität geopfert werde. Sämtliche Experten hätten gesagt, die Motion verletze das Neutralitätsrecht. SVP-Nationalrat Roger Köppel ging noch einen Schritt weiter und fragte: «Wie können Sie es mit Ihrem Amtseid auf die Verfassung und die Gesetze vereinbaren?» Er sprach von einer «Ungeheuerlichkeit». 

Kommissionssprecherin Priska Seiler Graf (SP) erwiderte, die Kommissionsmehrheit sei der Auffassung, die Motion stehe im Einklang mit dem Neutralitätsrecht. Ausserdem stelle der Ukraine-Krieg eine Zeitenwende dar. «Wir haben ein Interesse daran, dass die Ukraine diesen Krieg nicht verliert.»

Parteien beschuldigen sich gegenseitig

Ein weiterer Vorstoss mit demselben Ziel ist noch hängig. Dabei handelt es sich um eine Verbindung der Vorschläge von FDP und SP. Auf diese Variante hatten sich die Parteien in der Kommission einigen können, auch Die Mitte war mehrheitlich an Bord. Nach den Entscheiden von Montag und Mittwoch ist der Deal gefährdet. 

Der noch hängige Vorstoss fordert Folgendes: Westliche Länder sollen von der Schweiz gekaufte Waffen ausnahmsweise fünf Jahre nach Erwerb weitergeben können – und zwar auch an ein Land, das sich im Krieg befindet. Allerdings nur dann, wenn der UNO-Sicherheitsrat oder zwei Drittel der UNO-Generalversammlung festgestellt haben, dass das Land völkerrechtswidrig angegriffen wurde. 

Die FDP will den Deal mit der SP mit Blick auf den Kompromissvorstoss noch nicht für gescheitert erklären – obwohl dieser genau den Punkt beinhaltet, den die FDP am Mittwoch abgelehnt hat. Die Partei argumentiert, es brauche weitere Abklärungen, vielleicht werde eine bessere Lösung gefunden. Für die FDP sei klar, dass es eine Lösung brauche, versichert die Partei. 

FDP-Parlamentarier kritisieren, dass die SP am Montag den Vorstoss von FDP-Präsident Thierry Burkart ablehnte. Wermuth begründet das damit, dass dieser Vorstoss eine generelle Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes beinhaltete. Mitte-Präsident Gerhard Pfister sagt es so: «Der Entscheid der FDP vom Mittwoch zeigt, dass es der Partei um die Waffenindustrie geht und nicht um die Ukraine.»