Corona-Pressekonferenz«Wir müssen jetzt handeln» – Masken sollen in Geschäften obligatorisch werden
Das Bundesamt für Gesundheit hat auf den beunruhigenden Anstieg der Covid-19-Fälle reagiert: Es hat neue Massnahmen vorgestellt und über die aktuelle Situation informiert. Die Übersicht.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Zum Nachschauen: Die Pressekonferenz zum aktuellen Corona-Stand in der Schweiz.
Das Wichtigste in Kürze
- 220 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus meldet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) heute Donnerstag. Das ist der höchste Anstieg seit Ende April.
- Das BAG schlägt den Kantonen angesichts der Entwicklung folgende neue Massnahmen vor:
- Obligatorische Masken in den Läden und in allen öffentlich zugänglichen Räumen.
- eine obligatorische Kontrolle der Kontaktdaten in Clubs und Restaurants und
- die Begrenzung der maximalen Personenzahl in Ausgehlokalen auf 100 Personen.
- Die Kantone wollen die Massnahmen – je nach regionalen Gegebenheiten – auch verordnen, sagte der Vertreter der Kantone.
- Contact-Tracing ist am Limit, noch können es die Kantone aber bewältigen. Sie bitten aber um Kooperation von Betroffenen.
- Gute Nachrichten für Liebespaare: Personen in Drittstaaten, die einen Partner in der Schweiz haben, können ab 3. August wieder in die Schweiz einreisen – mit Beleg.
- Massentest am Flughafen sind kein Thema. Die Evidenz fehle, dass sich dies positiv auf die Fallzahl auswirke. Es wiege die Menschen eher in falscher Sicherheit.
- Es wird keine Reisebeschränkungen innerhalb der Schweiz geben – auch wenn die Zahlen in Genf dafür sprechen.
- Jeder zehnte Corona-Fall ist importiert, das heisst, dass Reisende infiziert zurück ins Land kehrten.
- Der Bund spricht nicht von einer zweiten Welle. Man beobachte die Zahlen, auch wenn der BAG-Direktor keine Grenze nennen will.
Die Pressekonferenz ist beendet
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frage: Wie handelt der Bund, wenn die Schweiz im Ausland als Risikoland angesehen wird?
Mathys: «Das ist durchaus denkbar. Wir sind ja bereits auf Listen anderer Länder – beispielsweise in Finnland.» Mit zunehmenden Fallzahlen dürfte die Schweiz sehr wohl auf Listen andere Länder landen. Die Schweiz könne darauf keine Einfluss nehmen. Die Schweiz liegt zurzeit bei «etwa» 20 Fällen pro 100'000 Einwohnern.
Zum Thema: Wo Schweizer jetzt in Quarantäne müssen
Erste europäische Länder setzen die Schweiz auf Quarantänelisten. Weitere könnten folgen.
Frage: Ist das die zweite Welle?
«Wir sind weit entfernt von einer zweiten Welle», sagt Strupler. Man beobachte die Situation aber genau. Eine genaue Grenze der Fallzahlen, ab denen man von einer zweiten Welle sprechen könne, zieht er nicht.
Frage: Gehören Schwangere zur Risikogruppe?
Mathys: «Es ist nur meine persönliche Meinung. Doch ich gehe sehr davon aus, dass schwangere Frauen dazugehören.» Definitiv entschieden sei das aber noch nicht.
Unser Artikel zum Thema: Covid-Schäden am Fötus - Erstmals Übertragung in der Schwangerschaft nachgewiesen
Ärzte haben den Verdacht bestätigt, dass Coronaviren von der Mutter auf das ungeborene Kind übertragen werden können. Dort können sie das Hirngewebe angreifen.
Frage: Können Kantone und BAG zusammenarbeiten?
Strupler: «Wir ziehen am gleichen Strick. Es stimmt, dass die Kantone im Hinblick auf das bisherige Contact Tracing eine positive Bilanz vorzeigen können. Die Zukunft sieht aber etwas düster aus.»
Sowohl die Hauri als auch Strupler sind überzeugt, dass die Zusammenarbeit gut funktionieren. Die Kantone seien aktiv und würden die Massnahmen, die das BAG vorgeschlagen hat, überprüfen.
Frage: Sind Reisebeschränkungen im Inland denkbar?
Da der Kanton Genf nahe an dem vom Bund definierten Grenzwert für Risikoländer ist (60 Infektionen pro 100'000 Einwohner), fragt eine Journalistin, ob Reisebeschränkungen innerhalb der Schweiz möglich seien. Dies sei zwar möglich, doch die Kantonsgrenzen seien dafür nicht geeignet. Vielmehr würden die eigentlichen Infektionsherde - regionale Gebiete - beschränkt, dafür seien aber die betroffenen Kantone verantwortlich.
Frage: Müsste Testkapazität nicht erhöht werden?
Die Fallzahlen und die Positivitätsrate stiegen markant an, sagt ein Journalist, die Anzahl an Tests bliebe jedoch gleich. Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit antwortet, dass man die Testkapazität massiv erhöhen könne, wenn das notwendig sei. Momentan wolle man aber nicht von der Teststrategie abweichen, das sei nicht notwendig.
Frage: Gibt es einen Fahrplan für eine Harmonisierung der Massnahmen?
Hauri: «Von einem Flickenteppich würde ich nicht sprechen. Zwar kann ich kein Datum nennen, aber die Kantone denken mit der gleichen Strategie. Das bedeutet nicht, dass alle Kantone die Massnahmen exakt gleich umsetzen. Aber sie denken in die gleiche Richtung.»
Frage: Ist das Tracing gefährdet?
Früher hiess es, dass bei 100 Fällen das Contact Tracing schwierig werde, sagt eine Journalistin. Pascal Strupler antwortet, die Kantone hätten aufgestockt. Man hätte aber auch von einigen Kantonen gehört, dass sie an die Grenzen stossen. Dann müsse man das Team vergrössern oder mit den anderen Kantonen zusammenarbeiten. «Momentan ist das Contact Tracing aber sichergestellt», betont Strupler erneut.
Lesen Sie auch: So erfolgreich sind die Kantone mit dem Contact-Tracing
Was bringt die Quarantäne für Personen, die mit Infizierten Kontakt hatten? Konnten so Übertragungen verhindert werden? Wir haben nachgefragt.
Lebenspartner dürfen ab 3. August aus Drittstaaten einreisen
Ab kommendem Montag dürfen Personen, die eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartnern in der Schweiz haben, neu in die Schweiz einreisen, sofern sie ihre Beziehung belegen können.
Sie können sich dabei neu auf die Härtefallbestimmung berufen, die für Verheiratete, Personen mit einer eingetragenen Partnerschaft oder minderjährigen Kindern gilt. Dies erklärte Barbara Büschi, stellvertretende Direktorin im Staatssekretariat für Migration (SEM), am Donnerstag vor den Medien in Bern.
Notwendig sind eine Einladung der in der Schweiz lebenden Person und Belege, dass die Partnerschaft seit längerem besteht und regelmässig gepflegt wurde. Ausserdem müssen sich die Partner mindestens einmal vor dem Erlass der covidbedingten Einreisebeschränkungen in der Schweiz oder im Ausland persönlich getroffen haben.
Als Belege gelten neben der schriftlichen Einladung mit einer Kopie des Schweizer Passes oder des Ausländerausweise etwa eine von beiden Personen unterzeichnete Bestätigung der Partnerschaft, eine Brief- oder Emailkorrespondenz, Flugtickets sowie Fotos und Kopien von Ein- und Ausreisetempeln in Reisepässen. «Eine kurze Ferienbekanntschaft reicht nicht aus», erklärte Büschi.
Büschi betonte, dass selbstverständlich alle einreisenden Personen aus Staaten und Gebieten mit erhöhtem Infektionsrisiko auch bei einer bewilligten Einreise einer Quarantänepflicht gemäss der BAG-Liste unterstehen.
Contact-Tracing-Stellen werden laufend ausgebaut
Rudolf Hauri, der Kantonsarzt des Kantons Zug, sagt: «Die Kantone sind gefordert. Sie sind aber in der Lage, das Contact Tracing durchzuführen.»
Die Contact-Tracing-Stellen würden kontinuierlich ausgebaut. Es sei aber bei grossen Ansteckungsherden durchaus möglich, dass sie an ihre Grenzen kommen. Man sei dringend auf die Mitarbeit der Betroffenen angewiesen.
Man scheue sich nicht davor, Menschen zu verzeigen, die die Meldepflicht nicht einhalten. Das könne zu Bussen von bis zu 10'000 Franken führen.
Keine Massentests an Flughäfen
Die «Testerei» an den Flughäfen sei eine enorme Herausforderung. Unterschiedliche Länder setzten auf verschiedene Massnahmen. Welche am Schluss die beste war, wird sich erst noch zeigen. Es gebe keine Evidenz dafür, dass sich Tests tatsächlich positiv auf die Fallzahlen auswirken.
Man lasse sich aber trotzdem die Option offen, Tests zukünftig einzuführen. Es gebe Forderungen, die Menschen bei der Einreise über Flughäfen auf Corona zu testen, man habe sich aber dazu entschieden, das nicht zu tun.
Wann gibt es das nächste Update der Quarantäne-Liste?
Die Liste werde grundsätzlich monatlich aktualisiert, dies könne auch jederzeit geschehen, sagt Mathys. Betroffen seien (wie bisher) alle Länder, deren Anzahl Neuansteckungen in den letzten 14 Tagen höher als 60 pro 100'000 Einwohner sei.
Jeder zehnte Fall vom Ausland importiert
Aktuell lassen sich in der Schweiz rund 10 Prozent der Infektionen auf Ansteckungen im Ausland zurückführen, wie Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim BAG, am Donnerstag in Bern vor den Bundeshausmedien, erklärte.
6 Prozent davon stammten aus Risikoländern. Derzeit sind wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) weiter mitteilte, rund 9000 Menschen nach der Rückreise in Risikoländer in Quarantäne. Dies zeige, dass sich die Rückreisenden ihrer Verantwortung bewusst seien, stellte Mathys fest.
Das BAG sei sich aber auch bewusst, dass sich nicht alle an diese Regel halten würden. Es würden daher weiterhin Kontrollen über Stichproben gemacht und an die Kantone weitergeleitet. Zu diesem Zweck würden die internen Personalressourcen aufgestockt.
«Die Einhaltung der Quarantäne ist eine solidarische Handlung. Eine Nichteinhaltung ist kein Kavaliersdelikt», sagte Mathys. Das BAG will im Moment «nach reiflichen Überlegungen» auf Tests bei Einreisen an Flughäfen verzichten.
Mathys: «Leider ist es wieder zu einem Todesfall gekommen»
Nun übernimmt Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, das Wort. Er weist auf die Zunahme der Hospitalisierungen zu. «Leider ist es auch wieder zu einem Todesfall gekommen.» Man habe sich daran gewöhnt, dass sich die Zahlen schleichend erhöhen. Es habe in den letzten Wochen eine Verfünfachung der Fälle gegeben.
Zwei Ereignisse im Fokus
Mathys spricht von zwei Fällen: Einem Chorlager in Graubünden (lesen Sie dazu: Lager-Ausbruch weitet sich aus –15 Contact-Tracer im Einsatz) und das Genfer Nachtleben (hier gehts zum Artikel). Beim Chorlager hätten sich in den Familien der Teilnehmer viele Personen angesteckt. In Genf dagegen seien Mitarbeiterinnen in Clubs positiv getestet worden.Ausserdem sei es auch bei unter 15-Jährigen zu Fällen gekommen
Auch neue Kampagne lanciert
Wie Strupler sagt, gibt es zudem eine neue Kampagne des BAG. Damit will man dafür sorgen, dass die Menschen in Sachen Coronavirus nicht nachlässig werden. Worum es darin geht: zur separaten Meldung.
Strupler: «Wir müssen uns solidarisch zeigen»
«Wir müssen uns solidarisch mit unseren Mitmenschen und den Risikogruppen zeigen. Die meisten Ansteckungen, über die wir Bescheid wissen, finden in der Familie oder am Arbeitsplatz statt.» Das bedeute aber nicht, dass das Feiern in Clubs ungefährlich sei.
«In den vergangenen Wochen habe ich oft gehört, wir seien nun in einer Situation nach Corona. Das stimmt nicht, wie die heutigen Zahlen zeigen.» Man werde sich für längere Zeit auf das Virus einstellen müssen.
Warum die Clubs?
Das öffentliche Leben solle keineswegs heruntergefahren werden. Ein tieferes Niveau der Fallzahlen und das Verhindern eines Massenausbruchs seien indessen für das weitere Funktionieren der Rückverfolgung der Ansteckungswege essentiell.
Obwohl die meisten Ansteckungen in der Familie, im Ausland, am Arbeitsplatz oder beim Einkaufen erfolgten, sei die Kontrolle in Clubs und Bars wichtig, da es dort sehr schnell zu einem Massenausbruch kommen könne
Maskenpflicht: Kantone prüfen und passen sie den Gegebenheiten an
Die Kantone prüfen eine Maskenpflicht in Geschäften oder öffentlich zugänglichen Räumen und andere Massnahmen. Je nach regionalen Gegebenheiten würden sie entsprechende Verschärfungen auch verordnen, sagte der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri, zu neuen Vorschlägen des BAG.
Die unterschiedlichen Vorschriften in den Kantonen erklären sich durch unterschiedliche Situationen, wie Hauri am Donnerstag vor den Bundeshausmedien sagte. Die Virusaktivität sei nicht überall gleich, führte der Präsident der Kantonsärztinnen und -ärzte der Schweiz aus.
Das Zurückverfolgen der Ansteckungswege durch das Contact Tracing funktioniere in den Kantonen gut. Alle hätten mit mehr Personal auf den Anstieg der Infektionen mit dem Coronavirus reagiert. Wenn aber viele Fälle auf ein Mal auftreten, seien die Kapazitäten schnell einmal erschöpft. Grosse Club-Anlässe mit mehreren hundert Gästen würden sehr rasch zu einer solchen Situation führen.
Bezüglich der Quarantäne für Heimkehrerinnen und Heimkehrer aus Risikoländern hielt Hauri fest, die Kantone hätten beim Tempo der Informationen über Passagierlisten von Flügen und Bussen Handlungsbedarf festgestellt. Die Kantone prüften stichprobenweise die Einhaltung der Quarantäne. Zuwiderhandlungen würden verzeigt.
BAG will obligatorische Masken
Strupler: «Ich habe mich heute ziemlich lange mit den Verantwortlichen der Kantone unterhalten. Sie haben mir signalisiert, dass sie dazu bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Die Kantone haben eine sehr grosse Anstrengung geleistet, um das Contact Tracing zu gewährleisten.»
Nun sei es wichtig, dass die Kantone ihre Massnahmen harmonisieren. Das BAG schlage deshalb vor:
- Obligatorische Masken in allen Innenräumen
- Begrenzung der maximalen Personenzahl in Ausgehlokalen auf 100 Personen.
Die Kantone prüfen die Massnahmen, wie der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri, im Verlauf der Medienkonferenz sagte: Geprüft werde eine Maskenpflicht in Geschäften oder öffentlich zugänglichen Räumen und andere Massnahmen. Je nach regionalen Gegebenheiten würden sie entsprechende Verschärfungen auch verordnen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.