Wie wertvoll Roger Federer für das Turnier in Halle ist
Das ATP-Turnier in der deutschen Kleinstadt hat seinen Hauptsponsor verloren. Trotzdem ist es nicht gefährdet – auch dank Roger Federer.
Halle, Westfalen, ist eine gemütliche Kleinstadt, aber in Bezug auf den Tennissport geht hier alles ein wenig schneller als anderswo. 1993 wurde es nach dem Zuschlag der ATP im Handumdrehen zum Rasenturnier, ein Jahr später verfügte der Centre-Court schon über ein mobiles Dach. Das gab es zu dieser Zeit nur am Australian Open. In Melbourne dauert der Schliessvorgang aber 30 Minuten, in Halle gerade einmal anderthalb. «Wir hatten schon damals sehr breite Unterstützung von potenten Unternehmen aus der Region, deshalb hatten wir die Mittel, das Ganze zu finanzieren», sagt Turnierdirektor Ralf Weber.
Federführend war sowohl inhaltlich als auch monetär der von Ralfs Vater Gerald gegründete Bekleidungshersteller Gerry Weber. Insofern war es für den Event ein grosser Schlag, als der Modekonzern, der als Titel- und Stadionsponsor rund 4 Millionen Euro ans Budget beigetragen haben soll, wirtschaftlich in Schieflage geriet und Anfang 2019 die Insolvenz beantragte. Gerry Weber schliesst in Deutschland 120 Geschäfte und baut 454 Stellen ab. Ralf Weber, bis Ende Oktober 2018 Vorstandsvorsitzender des Konzerns, spricht aus Sicht des Turniers von «einer Zäsur. Wir müssen uns vom Unternehmen lösen. Es wird, auch wenn Wehmut mitschwingt, in Zukunft keine Rolle mehr spielen.»
Stadion wird umbenannt
Die Entscheidung, einen neuen Titelsponsor zu suchen, sei Anfang Jahr gefallen. Weil die Marketingbudgets von Firmen jeweils im Herbst festgelegt werden, war es quasi eine unlösbare Aufgabe, für die Austragung 2019 einen Nachfolger für Gerry Weber zu finden. Doch ein paar Tage vor dem ersten Aufschlag wurde bekannt, dass der Anlass 2019 Noventi Open heisst.
Innert einer Woche war sich das Turnier mit dem Dienstleister in der Gesundheitsbranche einig geworden – in Halle geht eben alles ein wenig schneller. Den Einstieg von Noventi wertet Weber «als Signal für die Aufbruchstimmung». Es geht weiter. Als der Kontrakt unterzeichnet wurde, war das Turniermagazin längst gedruckt, daher steht über dem mit dem Wort «hero» hinterlegten Bild von Roger Federer «Gerry Weber Open». Auch die Merchandising-Artikel waren schon fertiggestellt. Im Fanshop sind daher T-Shirts mit dem neuen und solche mit dem alten Logo erhältlich – Letztere mit 40 Prozent Rabatt.
Wie der Anlass 2020 heissen wird, ist unklar. Noventi hat sich zwar für drei Jahre verpflichtet – Umfang und Form des Engagements sind aber noch nicht bestimmt. Ungeachtet dessen, ist Weber für die Zukunft zuversichtlich. «Viele Firmen möchten neu ins Tennis einsteigen», sagt er und spricht von «wachsenden Einnahmen durch TV-Gelder im internationalen Bereich sowie dank der Eintrittskarten». Er will die Abhängigkeit von einem einzigen Partner verringern. In den nächsten Wochen soll ein neuer Namensgeber für das Stadion präsentiert werden, womit die Loslösung von Gerry Weber abgeschlossen wäre.
Die Idee kam von Federer
Rund 11'5000 Besucher aus über 20 Ländern kommen alljährlich nach Halle. Die Mischung aus Weltklassesport und anderen Unterhaltungselementen wie Konzerten kommt an. Federer ist schon lange die Hauptattraktion. «Er ist zum absoluten Magneten und inzwischen auch ein Stück weit zum Botschafter des Events geworden», meint Weber und bezeichnet die Partnerschaft als Glücksfall. Er darf sich rühmen, den Superstar als einziger Turnierdirektor lebenslänglich verpflichtet zu haben.
Wobei: Weber gibt zu, dass er 2008 mit der Absicht nach Paris gereist war, den Schweizer für zwei, drei Jahre ans Turnier zu binden, und der Vorschlag für den Lifetime-Kontrakt von Federer kam. «Da musste ich nicht lange überlegen.» Es handle sich um einen Vertrag, «der nur zwei, drei Zeilen lang ist». Wenn man einander vertraue, brauche man keine zehn von einem Anwalt verfassten Seiten. Das Papier enthält nur die Absichtserklärung des Spielers, stets in Halle antreten zu wollen, sowie die Antrittsgage.
Federer und Weber sind nicht abgeneigt, die Zusammenarbeit nach dem Karriereende des Stars fortzusetzen. Unter anderem sind Showkämpfe denkbar – in Stein gemeisselt ist aber nichts. Der Baselbieter fühlt sich in Halle wohl und mit dem Event verbunden. Er spürt grosse Wertschätzung. Seit 2012 gibt es hier eine Roger-Federer-Allee – in Biel wurde eine gleichnamige Strasse erst knapp vier Jahre später eingeweiht. Wie geschrieben: In Sachen Tennis geht in Halle einfach alles etwas schneller.
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