Rapide Zunahme der WindstärkeWie Hurrikan Ida zum Monster wurde
Auf dem Weg an die US-Küste wurde Ida viel stärker als zuerst erwartet. Möglich gemacht hat dies eine Kombination von Faktoren im Golf von Mexiko.
Hurrikan Ida wurde als heftiger Sturm der Kategorie 1 an der US-Küste erwartet. So berechnete es das amerikanische Hurrikanzentrum NHC am Samstag. Windstärken bis 135 km/h wurden vorhergesagt. Am Sonntag waren es dann 240 km/h, was nur noch knapp unterhalb der höchsten Hurrikankategorie 5 lag. Eine Zunahme der Windstärke um über 55 km/h innerhalb 24 Stunden gilt als «rapide Intensivierung» des Sturms, Ida knackte diese Marke innerhalb von sechs Stunden.
Der Hurrikan wurde aufgrund von verschiedenen Faktoren zum Monster. Die Klimaerwärmung ist dabei nur ein Faktor, wie Experten der «New York Times» berichten. Die Temperaturen im Atlantik haben in den letzten vier Jahrzehnten zugenommen, was die Wahrscheinlichkeit für eine rasche Intensivierung eines Hurrikans von 1 auf 5 Prozent erhöhte. Ida traf zudem auf ideale saisonale Bedingungen im Golf von Mexiko.
Warmes Wasser in der Tiefe
Entscheidend sei dabei nicht nur die Wassertemperatur an der Oberfläche, erklärt Joshua Wadler, der für die Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten (NOAA) arbeitet und an der Universität von Miami forscht. Hurrikane wirbeln das Meer gemäss Wadler bis zu einer Tiefe von rund 45 Metern auf und ziehen so normalerweise kühleres Wasser nach oben.
In der Laufbahn eines Hurrikans kühlt sich das Wasser also normalerweise ab, im Falle von Ida ergaben Messungen aber Temperaturen von 30 Grad, nachdem der Sturm vorbeigezogen war. Das sei einer der höchsten Werte, die er je gesehen habe, sagte Wadler.
Ida habe die perfekte Route durch das wärmste Wasser im Golf von Mexiko gefunden, ergänzt Chris Slocum, ein anderer NOAA-Forscher. «Es ist ein Worst-Case-Szenario.» Der Sturm traf auf den Tag genau 16 Jahre nach Katrina auf Land – in der Nähe von New Orleans. 2005 richtete der Sturm grosse Zerstörungen in der Stadt an, dabei zog Katrina zuvor noch über kühleres Wasser und schwächte sich von einem Hurrikan der Kategorie 5 auf Stufe 3 ab. Bei Ida war dies nicht der Fall, wie Slocum sagt, der Sturm schwächte sich erst über Land ab.
Die Forscher nennen aber noch weitere Faktoren, die Ida beeinflussten: die Luftfeuchtigkeit und die Scherwinde. Je feuchter die Luft ist, desto mehr Gewitter bilden sich und bleiben auch bestehen. Im Auge des Hurrikans beeinflussen diese Gewitter den Sturm, können ihn verstärken oder auch abschwächen.
Beschleunigung ohne Scherwinde
Das gilt auch für die Scherwinde, plötzliche Änderungen der Windstärken und -richtungen in der Atmosphäre. Am Freitag beobachtete das Hurrikanzentrum viele dieser Scherwinde, was Ida auseinanderriss und langsamer machte.
Das sei ähnlich wie bei einer Pirouette beim Eiskunstlauf, erklärt die «New York Times». Mit ausgestreckten Armen ist die Drehung langsamer. Werden die Arme aber an den Körper gelegt, beschleunigt sich die Rotation. Im Falle von Ida fielen die Scherwinde weg, die Arme wurden quasi angezogen und der Hurrikan erhielt dabei eine klassische Spiralform und konnte über dem Golf von Mexiko weiter Tempo aufnehmen.
Vorauszusagen, wie Scherwinde oder andere Faktoren einen Hurrikan beeinflussen, sei extrem schwierig, sind sich die Forscher einig. Für Kerry Emanuel von der technologischen Spitzenuniversität MIT ist aber klar, dass sich Sturmsysteme wie an diesem Wochenende künftig häufiger bilden könnten, wie sie der «Washington Post» erklärt.
Die rasche Intensivierung von Ida sei für den Klimawandel als Zeichen zu deuten wie «der Kanarienvogel in der Mine». Die Hurrikane würden schneller und es brauche weniger Zeit für eine rasche Intensivierung. Problematisch sei das, weil ein Sturm nun noch kurz vor der Ankunft an der Küste zum Monster anwachsen könne – wenn es für die Menschen bereits zu spät ist, um noch vor dem Hurrikan zu fliehen.
Dabei sind nicht einmal die Windstärken das Hauptproblem, sondern die Wassermengen. Für jedes Grad Celsius, um das die Luft sich erwärmt, kann sie 7 Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Die Erderwärmung führe somit zu mehr Überflutungen wie 2017 mit Hurrikan Harvey in Houston, erklärt Emanuel.
Trotz allen unglücklichen Faktoren, die Hurrikan Ida zum Monster machten, hatten die Küstenbewohner dieses Mal auch ein kleines bisschen Glück. Ida verlangsamte sich über Land nicht, sondern zog weiter. Somit war der Schrecken zwar heftig, aber auch bald vorbei. Bei Harvey vor vier Jahren war dies anders, es regnete lange am selben Ort, was zu heftigen Überschwemmungen führte. Gleiches geschah auch am letzten Wochenende mit Sturm Henri im Nordosten der USA.
Weil Ida schnell weiterzog, gaben die Behörden am Sonntag auch die Evakuationsbemühungen auf, zu gefährlich wäre eine Flucht geworden. Die Menschen blieben zu Hause und warteten, bis der Sturm vorüber war. Am Montag schwächte sich Ida über Land dann schnell ab, er verlor die Hurrikanstärke und zog als Tropensturm weiter.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.