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Im dritten Anlauf erfolgreich
Wie ein Gymnasiast in Muttenz ein Windrad ermöglicht

Ohne ihn würde nun in Muttenz kein Windrad gebaut: Der 19-jährige Umut Gökbas.
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Umut Gökbas sass im Gemeindesaal – und war ernüchtert. Er durfte nicht mitreden, nicht abstimmen, er war noch zu jung. Und das Resultat an der Muttenzer Gemeindeversammlung gefiel ihm auch nicht. Das vor allem. Die Anwesenden verwarfen knapp den Bau eines Windrads in seiner Gemeinde. Das war im Sommer 2021.

Zwei Jahre später ist alles anders. Muttenz BL hat am Sonntag an der Urne dem Bau dieses Windrads zugestimmt. Einer der Hauptgründe dafür: Umut Gökbas. «Ich bin schon ein bisschen stolz darauf, was in der Zwischenzeit passiert ist», sagt 19-jährige Gymnasiast.

Es ist eine verrückte Geschichte. Sie begann im Geografieunterricht mit den Themen Klima und Nachhaltigkeit, worauf Gökbas’ Klasse 2021 die Gemeindeversammlung besuchte, wo hitzig über Windkraft debattiert wurde. Nach dem unerwünschten Ausgang fand Gökbas, dass man etwas tun müsse. Und wurde aktiv.

Diesmal durfte er mitreden

Als Präsident der Schülerorganisation lancierte er eine Petition an seinem Gymnasium und sammelte 188 Unterschriften. Er besuchte in seiner Freizeit im Entlebuch eine Anlage mit zwei Windrädern, um zu wissen, wovon er spricht. Sein Fazit: Der Lärm hält sich in Grenzen, bereits ab 20 Metern Distanz höre man das Windrad kaum noch.

Der Gemeinderat und die Parteien von Muttenz wurden auf ihn aufmerksam, man traf sich zu Sitzungen, besprach das weitere Vorgehen und schaffte es, dass 2022 erneut an der Gemeindeversammlung darüber abgestimmt wurde. Diesmal durfte Gökbas mitreden und abstimmen.

So soll das Windrad dereinst aussehen. Im Hintergrund der Roche-Turm von Basel.

Er mobilisierte viele Gleichaltrige und hielt eine Rede. Am Ende gewannen er und seine Mitstreitenden, inzwischen hatte er die Unterstützung der Grünen, der SP, Grünliberalen und EVP. Weil aber die Gegner das Referendum ergriffen, kam es in Muttenz vergangenen Sonntag zur Volksabstimmung.

Nach dem überraschend deutlichen Nein zum Referendum ist es eine beschlossene Sache: Zwischen Autobahn und Güterbahnhof soll in Muttenz ein 200 Meter grosses Windrad zu stehen kommen, es soll Strom spenden für 800 Haushalte, ein Zehntel der Bevölkerung von Muttenz.

Und nun Gemeinderat?

Gökbas ist der Sohn türkischer Einwanderer. Politik war zu Hause hin und wieder ein Thema. «Aber auch nicht sehr präsent», sagt er. Heute ist er Mitglied der Grünliberalen und möchte im Herbst für den Gemeinderat kandidieren. So schnell kann es gehen. Das überrascht auch ihn, vor zwei Jahren hätte er selbst dies noch für unmöglich gehalten. Der Einstieg in die Politik ist nicht die einzige Folge seines Engagements. Er wird auf der Strasse erkannt, fremde Leute bedanken sich bei ihm oder schreiben ihm in den sozialen Medien.

In den vergangenen Monaten ist er zudem immer wieder gefragt worden, was er vom Klimastreik halte. Es sei nicht sein Weg, sagt er. Man müsse aufklären und informieren, das schon. «Dann braucht es aber eine Lösung, und die muss politisch geschehen. Diesen Weg möchte ich gehen.» Und das Windrad zeige, dass man damit Erfolg haben könne.

Gökbas ist glücklich – und doch nicht euphorisch. Kürzlich erhielt er die Resultate der Maturaprüfungen. Er ist durchgefallen. Lag es auch an seinem politischen Engagement? Dies habe zwar schon einiges an Zeit beansprucht, sagt er und fügt sogleich an, ziemlich selbstkritisch: «Ich war aber auch nie der beste Schüler.»