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Diskussion um Sondergewinnsteuer
Wie die Ölriesen dank der Krise Milliardengewinne einfahren

Eine Branche im Höhenflug: Arbeiter eines Ölfelds im Irak, an dem BP beteiligt ist.
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Vielleicht ist es fast schon philosophisch, sich zu fragen, welche Gewinne der liebe Gott da oben auf seiner Wolke so macht. Besonders grosse Gewinne könnten das sein, schliesslich blitzt es in vielen Kirchen nur so vor Gold. Vielleicht sind es aber auch eher bescheidene Erträge, dafür aber doch sehr ethische.

Der amtierende US-Präsident Joe Biden schien sich für erstere Lesart entschieden zu haben, als er davon sprach, dass manche Ölkonzerne in seinem Land «mehr Geld als Gott» verdienten. Ein verwunderliches Sprachbild, gerade da Biden tiefgläubiger Katholik ist.

Abgesehen hatte es der 79-Jährige mit seinen markigen Worten auf grosse Ölkonzerne wie Exxon Mobil. Deren Gewinne sind allein in den drei zurückliegenden Monaten so stark gestiegen, dass es selbst alteingesessenen Börsianern die Sprache verschlägt.

Seit am Dienstag nun auch der Ölriese BP seine Zahlen vorgelegt hat, ist klar: Insgesamt haben die fünf Ölmultis Shell, Exxon, Total, Chevron und BP im zweiten Quartal mehr als 60 Milliarden Dollar Gewinn eingefahren. Mit Milliardensummen wollen die sogenannten «Supermajors» ihre Aktionäre nun beglücken. Doch Autofahrer, kritische Anleger und Umweltschützerinnen fragen sich: Was bitte soll daran super sein?

Während die grossen Börsenindizes in den vergangenen Monaten nach Beginn des Ukraine-Kriegs auf Tauchstation gingen, haben die Öltitel erstaunlich zugelegt. «Diese Ölaktien sind das Sondereinsatzkommando in einer Welt, in der eine Gaskrise herrscht», sagt Kapitalmarktstratege Robert Halver. «Zumal sie auch recht hübsche Dividenden zahlen.»

Das Ergebnis giesst die Börse in steigende Aktienkurse: Die Titel des Ölriesen BP sind seit Jahresanfang um 20 Prozent gestiegen, die des Konkurrenten Chevron um knapp 50 Prozent, Anleger von Exxon Mobil konnten gar ein Plus von mehr als 65 Prozent verbuchen. In den vergangenen Monaten haben die Ölkonzerne schliesslich gleich doppelt verdient: Infolge des Ukraine-Kriegs stiegen die Ölpreise am Weltmarkt, was den Konzernen Milliarden in die Kassen spült.

Milliarden Dollar für die Aktionäre

Dazu kamen üppige Gewinne aus dem Raffineriegeschäft, wo das Rohöl zu Benzin oder Heizöl wird. Der Ölriese BP hat mit seinen Raffinerien im abgelaufenen Quartal nach eigenen Angaben pro Ölfass rund 46 Dollar Gewinn gemacht, während es ein Jahr zuvor nur rund 14 Dollar waren. «Das ist wie im Alter», sagt Börsenexperte Robert Halver: «Diese Aktien erleben gerade ihren zweiten Frühling.»

Allein BP hat seine Dividende auf 6 Cent pro Aktien angehoben und will damit gar 10 Prozent mehr an die Anleger ausschütten als noch im Vorquartal. Ausserdem will das Unternehmen allein im dritten Quartal 3,5 Milliarden Dollar in die Hand nehmen, um am Markt eigene Aktien zurückzukaufen. Weil dann die Nachfrage nach den Titeln steigt, klettert üblicherweise auch der Kurs.

Auch das Raffineriegeschäft boomt: Luftaufnahme einer BP-Anlage in Whiting im US-Bundesstaat Indiana.

Zusammengenommen haben die fünf globalen Ölmultis im ersten Halbjahr bereits rund 20 Milliarden Dollar investiert, um ihre eigenen Aktien zurückzukaufen. Chevron hat sein oberes Limit für Rückkäufe in diesem Jahr erst kürzlich um 5 Milliarden Euro erhöht. Exxon will in diesem und im kommenden Jahr eigene Papiere für rund 30 Milliarden Dollar zurückkaufen. Und Shell wiederum hat für die kommenden drei Monate Käufe in Höhe von rund 6 Milliarden Dollar angekündigt.

Was Banker am Börsenparkett freut, nennen Kritiker Krisengewinne, gar Kriegsgewinne. Oder auf Englisch «windfall profits», Zufallsgewinne also. Wobei die mit Wind im engeren Sinn nicht immer viel zu tun haben, sondern mehr mit Öl.

In Grossbritannien hat die Regierung bereits im Juni eine Sondergewinnsteuer beschlossen, die Erdöl- und Erdgasfirmen zur Kasse bittet. In Frankreich wiederum hatte Präsident Emmanuel Macron weniger Sympathien für eine Steuer, drängte die Ölkonzerne aber zu «freiwilligen» Rabatten an den Tankstellen. Auch in Deutschland hatten Politiker von SPD und Grünen eine Übergewinnsteuer ins Spiel gebracht. Und hierzulande forderte der GLP-Nationalrat Beat Flach im Mai in der «SonntagsZeitung»: «Wenn die anderen Länder in Europa das einführen, sollten wir das auch prüfen.»

Wobei viele Experten eine solche Steuer kritisch sehen: Denn an welcher Zahl sollten Beamte die Übergewinne festmachen? So liessen sich Gewinne im aktuellen Jahr eher grobschlächtig mit den Gewinnen des Vorjahres vergleichen. Wenn dort aber ein Corona-Lockdown Restaurants das Geschäft verhagelte, machen sie ein Jahr später mit besserem Geschäft nicht notwendigerweise Übergewinne.