Corona-ImpfkampagneWer schnell impft, soll mehr Dosen erhalten
Wie bringt man die Kantone dazu, ihre Impfdosen schneller zu spritzen? Die Verantwortlichen beraten über einen neuen Verteilschlüssel.
«Inakzeptabel» sei das, gefährlich für die Glaubwürdigkeit des gesamten Impfprozesses. Als vor einigen Tagen bekannt wurde, dass Pfizer offenbar Lieferprobleme mit seinem Impfstoff hat, war der Ärger gross. Verschiedene nordeuropäische Länder baten die EU eindringlich, Druck auf die Pharmafirma zu machen. Gut ein Drittel aller EU-Länder melden, dass sie weniger Dosen als versprochen erhalten haben.
Der Druck ist hoch. Die Impfdosen sind knapp. Umso grösser sind die Bemühungen in der EU und auch in der Schweiz, die vorhandenen Dosen so schnell wie möglich in die Leute zu bringen.
Auf eine Vorzugsbehandlung dürfe dabei niemand hoffen, sagt Dan Staner, Europa-Chef des Impfstoffherstellers Moderna, in einem Interview mit dem «SonntagsBlick»: «Jedes Land verdient es, gleichbehandelt zu werden. Wir sehen davon ab, Impfstoffe zu bunkern und erst dann auszuliefern, wenn ein entsprechendes Land ordert.»
Je schneller, desto besser
Umgekehrt heisst das: Je schneller ein Land seine Impfdosen verbraucht, desto rascher gibt es Nachschub. Das dürfte auch der Hintergrund einer Idee sein, die bei Schweizer Impfexpertinnen und -experten die Runde macht und durch die «NZZ am Sonntag» publik wurde. Wer in der Schweiz zu langsam impft, soll bei künftigen Verteilungen weniger Impfdosen erhalten. Wer schneller ist, der wird mit mehr Impfdosen belohnt. «Habe ein Kanton weniger als die Hälfte der Dosen verimpft, könnte er künftig keine mehr erhalten», schreibt die Zeitung und zitiert dabei «mehrere unabhängige Quellen aus regierungsnahen Kreisen».
Verschiedene Kantone scheinen nicht in der Lage, den vorhandenen Impfstoff genügend schnell zu verteilen. Im Rückstand sind beispielsweise die Waadt und das Wallis. Beide Kantone haben erst ein Viertel des ihnen zugeteilten Impfstoffs verbraucht. Auch Zürich ist im Rückstand – bis Ende Monat will man im grössten Schweizer Kanton die Hälfte der Dosen verimpft haben.
Der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren, bestätigt die Existenz der Idee. Dabei gehe es nicht darum, den langsameren Kantonen zu drohen, sondern den gesamten Prozess zu dynamisieren. «Am Schluss ist es relativ primitiv: Schneller und mehr ist besser.» Wenn nun ein Kanton beispielsweise Schwierigkeiten mit der Logistik habe, dann könnte ein anderer Kanton dessen Kontingent vorübergehend nutzen. Natürlich müsste das kurzfristig ausgeglichen werden. «Die Verteilung unter den Kantonen insgesamt müsste selbstverständlich unantastbar bleiben», sagt Engelberger.
Unterschiedliche Voraussetzungen
Dass die Kantone unterschiedlich weit in ihren Impfkampagnen seien, hält der Basler Gesundheitsdirektor für nachvollziehbar. Erstens sei der Impfstoff viel schneller da gewesen, als man das zuerst gedacht habe, und zweitens seien die Voraussetzungen von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich. Während die Logistik einer solchen Impfkampagne in einem kleinen Stadtkanton wie seinem eigenen relativ einfach zu bewältigen sei, stelle die Verteilung der Impfdosen einen weitläufigen Gebirgskanton vor ganz andere Probleme.
Kommt dazu: Noch wissen die Behörden gar nicht, wie weit die Kantone überhaupt sind mit dem Impfen. Dieses Problem soll allerdings bald gelöst werden. Für Dienstag hat das Bundesamt für Gesundheit einen ersten Überblick über die Impflage in den Kantone versprochen. Danach wollen die Behörden kontinuierlich aufzeigen, wo wer schon geimpft worden ist – und wie schnell das alles vorwärtsgeht. Oder wie langsam.
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