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Herausforderung Sattelegg
Wer ist der König der Alpe d’Huez vom Zürichsee?

Nach der erfolgreichen Rückeroberung der Bestzeit: Florian Vogel.
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Florian Vogel greift vielleicht ein wenig gar hoch. «Die Sattelegg ist die Alpe d’Huez der Region Zürichsee», erzählt er in einem Video auf Instagram. Der Biker aus Rapperswil-Jona erteilt der Steigung zwischen Siebnen und Willerzell am Sihlsee etwas gar viel Ruhm und Ehre. Korrekt ist hingegen, dass die Sattelegg mit ihren gut 700 Höhenmetern die würdigste Steigung in der Region Zürichsee ist.

Entsprechend ernst nahm Vogel die E-Mail, die er am 21. April von Strava erhielt, der Onlineplattform für Ausdauersportler. Vogel wurde darin mitgeteilt, dass jemand auf dem Segment «Sattelegg-Climb von Siebnen» seine Bestzeit unterboten habe.

Es war nicht irgendjemand gewesen, sondern Nino Schurter. Der Olympiasieger kennt den Ruf der Sattelegg. Sein Scott-Sram-Teamchef Thomas Frischknecht trainierte einst als Profi ebenfalls an der Steigung und dürfte ihm schon einige Geschichten davon erzählt haben.

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Schurter war das Unterfangen professionell angegangen, wie er kurz darauf in einem Video kundtat. Er war zusammen mit dem Bikeprofi Vital Albin extra für den Rekordversuch aus Chur angereist. Albin machte auf dem flacheren ersten Streckenteil das Tempo, Schurter folgte im Windschatten und setzte im steileren zweiten Teil die Vorlage in eine neue Bestzeit von 29:35 Minuten um. Vogels Zeit von 2018 unterbot er um 10 Sekunden.

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Schurters KOM-Angriff – KOM steht für «King of the Mountain» – war die Initialzündung und löste eine wahre Rekordjagd aus. Einerseits fuhren in den Wochen seither unzählige Hobbyvelofahrer, die etwas auf sich halten, zügig über die Sattelegg, um zu sehen, wie sie sich im Vergleich mit dem Olympiasieger schlugen. Andererseits spornte die Bestmarke in der wettkampflosen Zeit auch andere Profis an.

Schelling solo 59 Sekunden schneller

Gerade mal zwei Tage hielt Schurters Rekord, ehe dieser vom St. Galler Strassenprofi Patrick Schelling in 28:36 Minuten pulverisiert wurde. Bemerkenswert an der Zeit des Fahrers des Teams Israel Startup Nation: Er stellte sie ohne Anfahrer auf, fuhr von unten bis oben solo.

Schurters Teamkollegen versuchten es mit einer anderen Taktik: Lars Forster (28:57) und Andri Frischknecht (29:23) attackierten die Sattelegg als Duo, pushten sich im Gleichschritt den Berg hoch. Sie unterboten so ihren Scott-Sram-Teamleader Schurter, scheiterten aber an Schellings Zeit. Ersteres dürften sie mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. Erst ihre Diskussionen über einen Sattelegg-Angriff hatten Schurter überhaupt auf die Idee gebracht.

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Und Vogel, der auf diese Saison vom Cross-Country-Sport zurückgetreten ist, aber weiterhin einzelne Bikerennen bestreiten will und weiterhin ziemlich intensiv trainiert? Er kündigte an, bis im Juli oder August den Rekord zurückzuholen. Die drei bis vier Monate Vorbereitung schrumpften am Sonntag jedoch auf zwei Wochen – auf der Strecke wurden kürzlich Bauarbeiten aufgenommen, Vogel fürchtete, dass die Lichtsignale bald einen Rekordversuch verunmöglichen würden.

Flaschenhalter abgeschraubt, E-Bike als Tempomacher

Am Sonntag noch nicht: Er fuhr in 27:57 Minuten hoch, noch einmal 39 Sekunden schneller als Schelling. Wie geht das? Vogel reizte viele Faktoren aus, wie er selber erzählt. Er montierte am Vorabend besonders gut rollende Schläuche. Kontrollierte am Sonntagmorgen auf der Meteo-App die Windverhältnisse, die für einen Angriff passen müssen. Schraubte im Tal die Flaschenhalter vom Rahmen – «auch damit ist schnell ein Kilo gespart». Zu seinem Vorteil ist auch, dass der 38-Jährige seit seinem Rücktritt kein Krafttraining mehr macht. «Ich bin zwei Kilogramm leichter, weil ich dadurch Muskelmasse verloren habe.» Und: Er engagierte einen Kollegen mit E-Bike als Tempomacher für den ersten, flacheren Teil.

Damit kratzte er am ungeschriebenen Ehrenkodex. «Ich habe die Grenzen grausam ausgelotet», gibt er zu. «Aber für mich war das noch vertretbar. Ich habe mich ja nicht ziehen lassen.» So richtig richtig wohl scheint ihm aber auch nicht dabei. Am Sonntagabend lief sein Handy heiss, von Frischknecht über Schurter bis Schelling fragten viele nach, wie er den Rekord aufgestellt habe. «Das war noch nicht das Ende der Story», sagt denn auch Vogel. Er hat Schelling angeboten, für ihn bei einem weiteren Versuch den Anfahrer zu geben. «Dann fährt er noch einmal ein Stück schneller hoch.»

Federico Bahamontes unterwegs zu seinem Tour-de-Suisse-Etappensieg im Bergzeitfahren von Siebnen auf die Sattelegg.

Strava wurde 2009 gegründet. Das Segment «Sattelegg-Climb von Siebnen» wurde bis heute gemäss der Datenbank von 3077 Velofahrerinnen und -fahrern 8568-mal in Angriff genommen. Nur: Schnell wurde an der Sattelegg bereits vor Strava gefahren. Das weiss Christian Heule, der Ex-Radquerprofi wuchs in der Region March auf, entsprechend gut ist er mit der Sattelegg vertraut. «Ich erinnere mich an ein Training, in dem ich sie fünfmal fuhr, davon dreimal von Siebnen her in unter 35 Minuten», sagt Heule. Laut ihm galten vor Strava zwei Namen als Richtwerte: Der Berner Strassenprofi Reto Bergmann fuhr 1995 an einer Schweizer Bergmeisterschaft am selben Tag zweimal in unter 30 Minuten hoch; ebenfalls weniger als eine halbe Stunde benötigte Beat Breu, als die Tour de Suisse über die Sattelegg führte.

Unter 30 Minuten auf deutlich schwereren Velos

Und wer in der Statistik der Landesrundfahrt noch weiter zurückblättert, findet die Resultate von drei Tour-Bergzeitfahren: Bereits 1965 (Robert Hagmann, 29:56) und 1973 (Fabrizio Fabbri, 29:56) hatten die Sieger weniger als 30 Minuten gebraucht; der grosse Federico Bahamontes hatte 1959 beim allerersten Zeitfahren an der Sattelegg in 31:37 Minuten gesiegt. Sie alle fuhren diese Zeiten auf deutlich schwereren Velos und generell mit einer Ausrüstung, die in keinem Vergleich mit der hoch entwickelten von heute steht. Überhaupt ist es so eine Sache mit der Vergleichbarkeit: Vor Strava wurde die Zeit am Fuss der Steigung gestartet, bei der Brücke rund einen Kilometer nach der Abzweigung von der Hauptstrasse – ab wo das Segment heute gewertet wird.

Frischknechts Formel für alle

Was hingegen bleibt, ist die Formel, die einst Thomas Frischknecht erfand. «Mit 30 schaffte ich ein einziges Mal knapp eine 29er-Zeit. So entstand diese», sagt Frischknecht. Seine Formel soll einen guten von einem sehr guten Rennvelofahrer unterscheiden. Sie lautet: Alter des Fahrers in Minuten minus 1. Und für Frauen plus 5. Frischknecht testet sich so jährlich und hält nicht ohne Stolz fest: «Ich habe sie bislang immer erfüllt.»

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