Corona-Medienkonferenz«Die fünfte Welle hat ihren Höhepunkt erreicht»
Die Fallzahlen stagnieren. Laut Bund könnte aber jede fünfte Person nach einer Infektion an Long Covid leiden.
Das Wichtigste in Kürze:
Seit dem 3. Februar sind Homeoffice-Pflicht und Kontaktquarantäne aufgehoben.
Ausserdem stellt die Landesregierung umfassende Lockerungen in Aussicht, je nach Pandemielage.
Das früheste vorgeschlagene Datum dafür ist der 17. Februar.
Die Situation in den Spitälern scheint sich zu entspannen.
In Restaurants, Kultur-, Sport- und Freizeitbetrieben gilt immer noch die 2-G-Regel. Wo keine Maske getragen werden kann, etwa in Discos und Bars, gilt 2-G+.
Zusammenfassung
Eine Woche vor dem Bundesratsentscheid zum künftigen Umgang mit dem Coronavirus sind sich die Experten des Bundes einig: Der Höhepunkt der Omikron-Welle ist erreicht. Über die Langzeitfolgen von Covid-19-Erkrankungen bleibt dagegen vieles im Dunkeln.
«Der Höhepunkt der fünften Welle ist wohl erreicht», sagte Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle im BAG, am Nachmittag vor den Medien in Bern. Auch die wissenschaftliche Taskforce des Bundes kam in ihrem wöchentlichen Lagebericht zum Schluss, dass die Omikron-Welle möglicherweise gebrochen sei. Der sogenannte R-Wert, der angibt, wie viele Menschen eine infizierte Person ansteckt, lag demnach in der letzten Januar-Woche signifikant unter Eins.
Was dies nun für den künftigen Umgang mit dem Virus zu bedeuten hat, darüber mochte Masserey nicht sinnieren. Es sei am Bundesrat, zu entscheiden, so das Credo. Die Regierung diskutiert am 16. Februar über die Frage, ob die Corona-Einschränkungen auf einmal oder schrittweise aufgehoben werden. Unabhängig vom Entscheid sei weiterhin eine «gewisse Vorsicht» angebracht, sagte Masserey.
Neben der Beurteilung der epidemiologischen Lage fokussierten sich die Corona-Experten am Dienstag auf das Thema Long Covid. Über die Auswirkungen der Post-Covid-19-Erkrankung – so die Bezeichnung der Weltgesundheitsorganisation WHO – auf Gesellschaft und Wirtschaft ist noch wenig bekannt. Das ist mit ein Grund, weshalb einige Akteure die vollständige Aufhebung der Schutzmassnahmen kritisch beurteilen.
Ende
Die Pressekonferenz ist zu Ende. Vielen Dank für Ihr Interesse. Hier folgt eine Zusammenfassung.
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Frage: Welche Faktoren begünstigen eine Long-Covid-Erkrankung?
Laut Virginie Masserey sei aktuell noch wenig über Long-Covid bekannt. Es gebe jedoch Risikofaktoren, die eine Erkrankung begünstigen. «Den ersten Erkenntnissen zufolge tritt Long-Covid häufig bei Frauen mit einem hohen Body-Mass-Index (BMI) auf, die bereits während der Infektion starke Symptome hatten.»
Frage: Wie viele Personen haben sich bisher wegen Long-Covid bei der IV angemeldet?
«Im vergangenen Jahr haben sich rund 1700 Personen bei der Invalidenversicherung (IV) angemeldet in Zusammenhang mit Long Covid. Das sind zwei bis drei Prozent aller Anmeldungen», sagt Corinne Zbären, stellvertretende Leiterin Geschäftsfeld Invalidenversicherung im Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV).
Wie sich die Zahlen im laufenden Jahr entwickeln werden, sei schwierig bis unmöglich einzuschätzen. Die Zahl der Anmeldungen sei in den vergangenen Monaten aber stabil geblieben. (SDA)
Frage: Wie viele der Patienten in den Spitälern sind an Omikron erkrankt?
«Es gibt hierzu schweizweit noch keine Daten», antwortet Virginie Masserey. «Daten aus einigen Spitälern zeigen jedoch, dass 90 bis 100 Prozent der Covid-Patienten, die neu hospitalisiert werden, an Omikron erkrankt sind.» Das Risiko, auf einer Intensivstation behandelt werden zu müssen, sei aber höher, wenn man sich mit Delta infiziert habe.
Frage: Ist das Ende der Pandemie in Sicht?
Eine Journalistin verweist auf die aktuellen Daten der Taskforce wonach der R-Wert erstmals seit langem wieder deutlich unter 1 liegt. «Haben wir die Omikron-Welle überstanden?», möchte sie wissen.
«Ich habe es heute bereits gesagt, vielleicht haben wir den Zenit der 5. Welle überschritten. Die Tendenz ist rückläufig. Aber wir bleiben vorsichtig», antwortet Virginie Masserey.
Frage: Wie viele IV-Anmeldungen gibt es wegen Long Covid?
Im vergangenen Jahr haben sich rund 1700 Personen bei der Invalidenversicherung (IV) angemeldet in Zusammenhang mit Long Covid. Das sind zwei bis drei Prozent aller Anmeldungen.
Das sagte Corinne Zbären, stellvertretende Leiterin Geschäftsfeld Invalidenversicherung im Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), am Dienstag vor den Medien in Bern. Wie sich die Zahlen im laufenden Jahr entwickeln werden, sei schwierig bis unmöglich einzuschätzen. Die Zahl der Anmeldungen sei in den vergangenen Monaten aber stabil geblieben.
Wie viele Omikron-Infizierte an Long Covid erkranken, dazu gibt es laut Mayssam Nehme, Klinikleiterin am Universitätsspital Genf, noch keine Daten.
Frage: Schützt die Impfung vor Long-Covid?
«Das Problem ist nicht vom Tisch, weil man impft», antwortet Milo Puhan. Es gäbe Hinweise darauf, dass die Impfung das Risiko für Long-Covid vermindere. Die bisherigen Studien seien aber noch widersprüchlich.
Zum Thema: Selbst fitte Genesene können monatelang nicht klar denken
Frage: Gibt es ein Long-Covid-Register?
Die Fragerunde ist eröffnet. Eine Journalistin möchte wissen, ob das BAG ein Register der Long-Covid-Fälle plant.
«Ein Long-Covid-Register steht aktuell zur Diskussion», sagt Linda Nartey. Aktuell würden Experten und Betroffene sich darüber beraten, in welcher Form ein solches Register die richtige Lösung wäre. «Ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden Wochen dazu mehr sagen können.»
Betroffene, etwa die Patientenorganisation Long Covid Schweiz, fordern seit längerem ein nationales Register. Bis anhin hatten der Bundesrat und das BAG die Massnahme abgelehnt.
«Die Nachfrage nach Hilfe der Armee ist rückläufig»
Die Ausführungen zu Long-Covid der Experten ist nun zu Ende. Nun spricht Flavien Schaller über den Assistenzdienst der Armee sowie über den Beginn der Rekrutenschule in diesem Jahr. «350 Armee-Angehörige sind aktuell in den Kantonen Bern, Freiburg, Genf, Jura und Wallis im Einsatz», sagt der Oberst i Gst, Kommando Operationen. «Die Nachfrage nach Hilfe der Armee ist rückläufig.»
Die Rekrutenschule wird laut Schaller auch in diesem Jahr gestaffelt starten. «Ein Drittel aller Rekruten haben ihren Dienst im Distance-Learning begonnen. Mittlerweile bedinfen sich jedoch alle im normalen Armeebetrieb.»
Die Schutzmassnahmen der Armee hätten sich bisher bewährt. Um Infektionen zu vermeiden gelte eine FFP2-Maskenpflicht. «Aktuell haben wir innerhalb der Armee 357 positive Fälle», so Schaller.
Behandlung von Long-Covid
Nun spricht Rudolf Hauri. «Ein bedeutender Teil der Bevölkerung scheint über einen längeren Zeitraum an Symptomen von Long-Covid zu leiden», sagt der Zuger Kantonsarzt. «Weil die Folgen dieser Erkrankung nicht zuverlässig abgeschätzt werden können, muss der Thematik die notwendige Beachtung zukommen.»
Laut Hauri sei es wichtig, auf die Bedürfnisse der Hilfesuchenden möglichst gut einzugehen und dadurch Behandlungsmethoden zu entwickeln. «Dabei müssen Ärzte aber auch die Hilfeleistenden wie Krankenkassen miteinbezogen werden.»
Aktuell gibt es in der Schweiz bereits einige spezialisierte Angebote für Long-Covid-Patienten. Der Bund werde diese nun genauer überprüfen.
Neue Plattform für Long-Covid-Patienten
Über eine neue Plattform des BAG sollen Personen, die an Long-Covid erkrankt sind, sowie deren Angehörige künftig besser begleitet werden. «Mit dieser neuen Plattform möchten wir Wissen und Erfahrungen sammeln», erklärt Mayssam Nehme. «Ziel ist es auch, dass sich die Betroffenen besser über Behandlungsmöglichkeiten und aktuelle Studien informieren und sich mit anderen Personen austauschen können.» Für Angehörige und Arbeitgeber soll die Plattform eine Anlaufstelle bieten, um sich über das Krankheitsbild von Long-Covid informieren zu können.
Die Plattform «Rafael» wird laut Nehme morgen Mittwoch dem 9. Februar vorgestellt.
«Eine Impfung kann sich positiv auf Symptome von Long Covid auswirken»
Mayssam Nehme vom Universitätsspital Genf führt nun aus, wie unterschiedlich geimpfte und ungeimpfte Personen auf eine Post-Covid-Erkankung reagieren. Dafür bezieht sich Nehme auf eine Genfer Studie, in der 1500 Personen drei Monate nach ihrer Infektion über ihren Gesundheitszustand befragt wurden.
«Die Studie zeigt, dass sich eine Impfung positiv auf Symptome von Long Covid auswirken kann», sagt Nehme. «Bei 31 Prozent der Studienteilnehmer, die sich nah ihrer Infektion impfen liessen, gingen die Symptome der Krankheit zurück.»
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Therapiestudien noch «zu wenig aussagekräftig»
Nun hat Milo Puhan das Wort. Auch der Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention bezieht sich in seiner Präsentation mit mehreren Grafiken auf Long-Covid. «Von einer Erkrankung an Long-Covid spricht man dann, wenn die ersten Symptome frühestens nach drei Monaten einer Covid-19-Infektion eintreten und über zwei Monate präsent bleiben.»
Laut Puhan leiden rund 25 von 100 Infizierten noch sechs Monate nach einer Infektion an einer Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes. «Neun dieser Personen erholen sich innerhalb eines Jahres von ihrer Erkrankung.»
Nach Aussage Puhans litten etwa auch nach einem Jahr rund 20 Prozent der Befragten an chronischer Erschöpfung und 10 bis 15 Prozent an Konzentrationsschwäche oder an Geruchs- und Geschmacksstörungen. Die Krankheitslast sei beträchtlich, betonte Puhan.
Dem Epidemiologen zufolge sei es nun wichtig, Behandlungs- und Therapieformen für Long-Covid-Erkrankungen zu entwickeln. Weltweit seien die Studien dazu noch «zu wenig aussagekräftig».
«Jede fünfte Person könnte nach einer Infektion an Long-Covid leiden»
Nun spricht Linda Nartey über die Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung. Jede fünfte Person in der Schweiz könnte nach einer Infektion an Long-Covid leiden, erklärt die Leiterin Direktionsbereich Prävention und Gesundheitsversorgung des BAG.
Mögliche Symptome seien Müdigkeit, Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit und auch Gelenkschmerzen. Oft sei es jedoch schwierig die Krankheit zu erkennen. «Long-Covid als Krankheit anzuerkennen ist ein erster, wichtiger Schritt», sagt Nartey. «Es ist nötig Ärztinnen und Ärzte zu unterstützen um das Bewusstsein zu fördern und mehr über die Krankheit zu erfahren.» Zu diesem Zweck habe das BAG mittlerweile zwei Arbeitsgruppen ins Leben gerufen.
Welche Auswirkungen diese Krankheit auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in der Schweiz haben könnte, ist laut Nartey noch ungewiss.
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«Viele Jüngere lassen sich impfen, um die Pandemie zu beenden»
«Omikron dominiert das Geschehen. Die Variante ist zwar ansteckender, führt aber zu weniger schweren Krankheitsverläufen. Trotzdem ist es wichtig, die Hygienemassnahmen weiterhin einzuhalten», erinnert Virginie Masserey erinnert und führt auch die Bedeutung der Booster-Impfung noch einmal aus. «Die dritte Impfung schützt erwiesenermassen vor einer schweren Erkrankung mit Covid-19.»
Zwar sei die Zahl der Corona-Impfungen weiterhin rückläufig. Noch immer lassen sich laut Masserey aber täglich rund 1000 Menschen in der Schweiz impfen lassen. «Gerade viele Jüngere lassen sich auch aus Solidarität impfen und um die Pandemie zu beenden.»
«Es gibt aber auch Covid-Patienten, die noch an der Delta-Mutation leiden»
Neben den Fallzahlen stagniert laut Virginie Masserey auch die Belegung der Intensivstationen bei 23 bis 24 Prozent. Meistens handle sich bei den Covid-Patienten um nicht geimpfte Personen über 50 Jahre. «Viele davon haben sich mit der Omikron-Variante infiziert. Es gibt aber auch Patienten, die noch an der Delta-Mutation leiden.»
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«Die 5. Welle hat ihren Höhepunkt erreicht»
Die Pressekonferenz beginnt. Virginie Masserey übernimmt das Wort. «Die 5. Welle hat ihren Höhepunkt erreicht. Wir verzeichnen aber immer noch hohe Fallzahlen», sagt die Leiterin Sektion Infektionskontrolle des BAG.
Täglich würden zwischen 80'000 und 100'000 Personen in der Schweiz getestet. Trotzdem geht der Bund von einer hohen Dunkelziffer aus. «Das Virus zirkuliert vor allem unter jungen Menschen und der aktiven Bevölkerung», erläutert Masserey.
Diese Experten informieren heute
Ab 14 Uhr informieren die Experten und Amtschefs des Bundes zur aktuellen Corona-Lage in der Schweiz. Folgende Fachleute nehmen an der Medienkonferenz in Bern teil:
Linda Nartey, Leiterin Direktionsbereich Prävention und Gesundheitsversorgung, Bundesamt für Gesundheit BAG
Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG
Corinne Zbären, Stv. Leiterin Geschäftsfeld Invalidenversicherung, Bundesamt für Sozialversicherungen BSV
Flavien Schaller, Oberst i Gst, Kommando Operationen, Armee
Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS
Mayssam Nehme, Cheffe de clinique, Département de médecine de premier recours, Hôpitaux Universitaires Genève HUG
Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität Zürich
Omikron-Welle laut Taskforce möglicherweise gebrochen
Der Höhepunkt der Omikron-Welle in der Schweiz ist nach Einschätzung der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes möglicherweise überschritten. Der sogenannte R-Wert lag ihren Angaben zufolge in der Woche vom 22. bis 28. Januar signifikant unter 1.
Die Reproduktionszahl, die angibt, wie viele Menschen eine infizierte Person ansteckt, habe im 7-Tage-Schnitt bei 0,92 gelegen, teilte die Taskforce am Dienstag mit.
Zugleich machte die Taskforce in der Vorinformation zu ihrem wöchentlichen Bericht das gigantische Ausmass der Omikron-Welle deutlich. In den letzten drei Wochen seien insgesamt 700'000 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Berücksichtige man die Dunkelziffer, dürfte sich in diesem Zeitraum rund ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung angesteckt haben, so die Fachleute.
Den Angaben zufolge sanken die Fallzahlen seit letzter Wochen bei allen Altersgruppen ausser den über 60-Jährigen signifikant. Die Taskforce berichtete zudem auch von einem Rückgang bei den Spitaleintritten, wobei diese Zahl wegen Meldeverzögerungen mit Vorsicht zu interpretieren sei.
Leicht angestiegen sei die Zahl der Todesfälle, hiess es weiter. Dagegen sei die Zahl der Erkrankten in Intensivpflege stabil. (SDA)
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