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Pro und Kontra
Soll man Weihnachts­märkte besuchen?

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Ja. Wir brauchen Verschnaufpausen.

Fabienne Sennhauser

Kriege, Krisen, Konflikte: Die Welt steht kopf. Etwas vorweihnachtliche Tradition tut da not. Und gerade auf Weihnachtsmärkten finden sich alle Zutaten, die die Welt wieder heil machen – und sei es auch nur für ein paar Stunden.

Die Lichterketten der Stände funkeln mit den Augen der Besucherinnen und Besucher um die Wette, da und dort knistert ein Feuer und taucht alles in einen leicht verschwommenen Schein aus Rottönen, und in der Ferne singt ein Heilsarmeechor Weihnachtslieder. Es duftet nach Zimt, gebrannten Mandeln, Apfelchüechli und Raclette. Und ehe man es sich versieht, ist der Alltagsstress vergessen.

Natürlich sind Weihnachtsmärkte Geldmaschinen. Aber warum ist das nur schlecht? Ich weiss von zahlreichen Studentinnen und Studenten, die mit einem Einsatz am Weihnachtsmarkt ihr Budget aufbessern. Ausserdem finden sich auf den Weihnachtsmärkten oft viele handgefertigte oder lokale Produkte, die sich super verschenken lassen. Ausserdem unterstützt man damit das regionale Gewerbe und trägt dazu bei, dass alte Handwerkskünste am Leben gehalten werden. Win-win also.

Klassische Bratwurst oder Mah-Meh? Weihnachtsmärkte sind ein Highlight für alle Menschen, die sich nicht entscheiden können oder wollen. Hier kann man sich durch allerlei Köstlichkeiten aus aller Welt probieren. Und das erst noch in guter Gesellschaft, und alle Leute haben gute Laune. Zugegeben: Beim einen oder anderen mag es dafür auch noch zwei, drei Glühweine brauchen. Aber was macht das schon?

Real-Life-Tinder vor dem Glühweinstand

Beim gemeinsamen Anstehen für Glühwein oder Punsch kommt man schliesslich ganz leicht miteinander ins Gespräch. Ein Real-Life-Tinder quasi. Ohne schöngefilterte Fotos, dafür mit laufender Nase und roten Bäckchen. Herrlich ehrlich! Und selbst wenn das gegenseitige Interesse zusammen mit der Glühwein-Chilbi im Kopf am nächsten Morgen wieder verschwunden ist, kann einem den unbeschwerten Abend niemand mehr nehmen.

Schliesslich ist auch schlechtes Wetter kein Argument, Weihnachtsmärkte nicht zu besuchen. Gerade wenn es nass und kalt ist, ist der Weihnachtsmarkt der beste Ort, um das Herz zu erwärmen. Frei nach dem Motto: Wenn schon nasse Schuhe, dann aber wenigstens mit einem Glühwein in der Hand.

Wer das als käufliche Glückseligkeit verteufelt, hat den wahren Sinn von Weihnachten nicht verstanden. Weihnachtsmärkte besuchen heisst das Leben und die Gemeinschaft zelebrieren. Ganz wie es uns die biblische Friedensbotschaft von Weihnachten vermittelt. Darum ab auf den Weihnachtsmarkt!

Nein. Mit Besinnlichkeit hat das nichts zu tun.

Sepinud Poorghadiri

Vorneweg möchte ich betonen, dass ich eine grosse Freundin der Adventszeit bin. Insbesondere Zürich hat sehr viel weihnachtlichen Charme zu bieten. Lucy, die Weihnachtsbeleuchtung, das Märlitram, der singende Tannenbaum – die Stadt kann im Dezember durchaus besinnlich sein. Nur die Weihnachtsmärkte, mit denen kann man mich jagen.

In der Theorie gehören die Märkte ja auch zu der hiesigen Weihnachtsromantik. Die Wahrheit sieht aber ganz anders aus. Statt Schnee gibt es nämlich Regen, Matsch, sehr unweihnachtliche 15 Grad oder alles miteinander.

Wer sich die leise Angst vor dem Klimawandel wegtrinken möchte, merkt schnell, dass man dafür verhältnismässig tief in die Tasche greifen muss. Ein Becher Glühwein kostet momentan mindestens rund sechs Franken, manchmal zahlt man darauf noch fünf Franken Depot. Elf Franken, um sich die Finger und/oder die Zunge zu verbrennen und das Getränk eingequetscht zwischen Käsestand und Weihnachtschor hinunterzuschütten. Wie bitte soll da Weihnachtsstimmung aufkommen?

Schlimmer ist es noch beim Essen. Bis man dieses im Stehen vom Pappteller einigermassen erfolgreich zum Mund dirigiert hat, sind ungefähr fünf Kinderwagen in einen hineingefahren, und acht Personen haben einen aus Versehen angerempelt. Denn die Tische sind ja immer voll.

«Sorry» und «Chan ich churz dure?»

Und damit bin ich schon beim nächsten Punkt: Tausende Besucherinnen und Besucher, meist auch von ausserhalb, tummeln sich auf der Suche nach ein wenig Weihnachtsstimmung auf dem Weihnachtsmarkt. Vergebens. Mit Besinnlichkeit hat das nämlich überhaupt nichts zu tun. Nach dem siebzehnten «Sorry» und «Chan ich churz dure?» hat man echt genug und möchte einfach nach Hause. Das lange Anstehen für die fünf Franken Depot auf den Becher tut man sich da auch nur noch ungern an.

Klar, Weihnachtsmärkte sind für die lokale Handwerkskunst wichtig. Aber die Ware wirklich betrachten oder sich den Kauf gut überlegen kann man bei dem Getümmel nicht. Ausserdem ist es wichtig, die Kleinunternehmen auch ausserhalb der Weihnachtsmärkte zu unterstützen. Und das geht an anderen, weniger überrannten Märkten oder bequem von zu Hause aus. Die meisten lokalen Labels haben heutzutage eine Website oder sind auf den sozialen Medien zu finden.

Zugegeben: Ein Teil von mir wünscht sich, dass ich den Besuch eines Weihnachtsmarkts geniessen könnte. Das Ganze hat für mich aber dieselbe Atmosphäre wie die Bahnhofstrasse am 24. Dezember, wo man das Kortisol und das wilde Gewusel schon aus weiter Entfernung riechen kann. Wieso also soll man sich das freiwillig antun? Ich wünsche allen Weihnachtsmarktbesucherinnen und -besuchern viel Spass – aber vor allem viel Durchhaltevermögen.