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Mamablog: Das «Yes Day»-Experiment
Was passiert, wenn die Kinder einen Tag lang bestimmen?

Wenn Kinder das Kommando übernehmen, ist alles möglich: Szene aus «Yes Day».

Wir sitzen verschwitzt in unseren Pyjamas vor einem mit Marshmallows geschmückten Sonntagszopf, die Bonbons, die wie der König im Dreikönigskuchen von unten in den Zopf gedrückt wurden, sind noch unsichtbar. Auf den Tellern sind jeweils eine Orange, ein Gummibärchen und ein Keks drapiert. Vor dem Frühstück tanzten wir bereits zu Disco-Hits wie «Y.M.C.A.» von den Minions oder «How Do You Do?» von Crazy Frog.

Ich sage innerlich Danke, dass wir nicht mit dem «Sali Bonani»-Lied von der Trommel Rosy malträtiert worden sind. Vermutlich ging Rosy bei der Aufregung vergessen. Mein persönlicher Disco-Hit ist «I Like to Move It» von Crazy Frog. Auch das behalte ich besser mal für mich. Mein Mann und ich sind gespannt, was der Tag bringen wird, wir haben die Katze im Sack gekauft.

Keine Spielverderber oder Spassbremsen

Unsere beiden Töchter, im Alter von acht und zwölf Jahren, haben das Tageskommando übernommen. Die elterliche Aufgabe besteht lediglich darin, Ja zu sagen und zu bezahlen. Ja, Sie haben richtig gelesen. Heute sind wir zur Abwechslung keine Spielverderber, Spassbremsen oder Stimmungskiller, sondern Ja-Sager. Wir freuen uns, für einmal nicht als fies, gemein oder unfair betitelt zu werden. Sie fragen sich, wieso man auf eine so bekloppte Idee kommt? Netflix. Denn da gibt es seit Frühjahr den Film «Yes Day», der eine ziemlich steile Vorlage für den heutigen Tag gelegt und unsere Töchter motiviert hat, uns von diesem Experiment zu überzeugen.

Folgende Regeln hatten wir tags zuvor festgelegt:

  1. Der Tag darf nicht mehr als 200 Franken kosten.

  2. Niemand muss etwas tun, wovor er oder sie Angst hat.

  3. Ein Nein-Joker pro Erwachsener.

  4. Keine Anschaffungen, die die Zukunft betreffen. Wir kaufen keinen Hund.

  5. Aktivitäten dürfen nur in einem Umkreis von 40 km stattfinden.

  6. Zeitrahmen: 8 bis 20 Uhr.

Mittlerweile dröhnen Justus, Peter und Bob von den «Drei ???» aus unseren Lautsprechern. Sie sind soeben mit einem Flugzeug in den Schweizer Bergen abgestürzt und wissen nicht, wo sie sind. Die Kinder feiern, denn Hörspiele beim Essen sind normalerweise tabu. Der Schweiz Bezug bei der Auswahl ist rein zufällig. Unsere Handys und die iPads werden eingezogen. Mist, diese Regel haben wir vergessen. Die Kinder ziehen sich auf ihr Zimmer zurück und beraten, wie es weiter geht. Das angefangene Hörspiel verstummt und wir müssen stattdessen den Tisch abräumen, nun hören wir einen Kinotrailer. Das Kommando folgt: Wir gehen ins Kino und schauen «DC League of Super-Pets». Dort werden wir ordentlich zur Kasse gebeten: Eintritt, Nachos mit Käse, Süssgetränke und natürlich Gummizeugs à gogo.

Kein Streit oder genervtes Augenrollen

Es ist 14 Uhr. Die Lage ist gut. Noch kein Streit, keine Unstimmigkeit oder genervtes Augenrollen. Die Kinder mögen den actionreichen Film und seine zwei- und vierbeinigen Superhelden. Nach dem Film gehts weiter zum analogen Fotoautomaten an der Hardbrücke. Ein Streifen kostet mittlerweile vier Franken. Wir geben 16 Franken aus. Nächste Ansage: Die Kinder möchten Gurkensalat zum Znacht. Wir steigen also in den Zug in Richtung Bahnhof Oerlikon, wo wir in der Bahnhofspassage fündig werden. Dass es dort auch einen «Flying Tiger»-Shop gibt, wussten wir nicht. Die Mädels suchen sich einen Slime aus. Unser Budget haben sie ziemlich gut im Griff. Im letzten Moment verhindern wir einen Hamsterkauf, indem wir ohne Nein zu sagen an den Umweltschutz appellieren. Uff!

Es ist bald 18 Uhr. Die Kleine fragt, ob wir den Yes Day um zwei Stunden verlängern würden, damit wir noch ins Hallenbad können. Wir zücken den Nein-Joker wie die Revolverhelden ihre Colts. Gegen halb sieben fahren wir nach Hause. Im Tram wird geslimt. Ein Nein-Joker wollen wir uns noch aufheben, die Fahrt dauert nicht lange. Zu Hause stecken die beiden nochmals ihre Köpfe zusammen und kommen kichernd aus ihrem Zimmer: Sie wollen eine Taschengelderhöhung. Netter Versuch, aber nein. Der letzte Joker ist weg und der Countdown läuft. Sie schauen Pokémon, machen Gesichtsmasken und essen Gurkensalat auf dem Sofa. Heimlich stelle ich den Wecker auf 20 Uhr und erschrecke selber, als er losgeht.

Die 131 Franken waren gut in den ungeplanten Schwestern-Teambuilding-Event investiert.

Der Yes Day ist zu Ende. Müde und erleichtert ziehen wir Bilanz. Auch hier wieder ein innerlicher Jubel meinerseits, nicht im Alpamare gelandet zu sein. Wir gestehen uns ein, dass dieser Sonntag ziemlich lustig und erfrischend gewesen war. Und bevor Sie jetzt wie wild kommentieren und sich aufregen: Ja, sie hatten viel zu viel Zucker, Bildschirmzeit und Konsum, aber der Spassbremsen-Kurzurlaub tat erstaunlich gut und auch die Tatsache, für einmal nicht bestimmen zu müssen. Das Beste aber war: Wir hatten zwölf Stunden lang keinen Streit oder Stress und die 131 Franken waren gut in den ungeplanten Schwestern-Teambuilding-Event investiert. Ich würde in Zukunft also wieder Ja sagen.

Was halten Sie von einem solchen Ja-Tag-Experiment, liebe Leserinnen und Leser? Oder hatten Sie etwa schon dieses Vergnügen? Diskutieren Sie mit.