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Arbeitsrecht für Eltern
Was gilt, wenn das Kind in Quarantäne muss

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Muss ein Kind in die Quarantäne, ist es nicht ratsam, für dessen Betreuung die Grosseltern einzusetzen. Vor allem, wenn die Grosseltern noch nicht geimpft sind, besteht sonst ein erhebliches Gesundheitsrisiko. Ohne Unterstützung durch Grosseltern sind die Eltern deshalb mehr als sonst gefordert.

Grundsätzlich gilt, dass berufstätige Eltern drei Tage lang zu Hause bleiben dürfen, wenn Kinder krank sind. Der Arbeitgeber muss für diese Zeit auch den vollen Lohn bezahlen. Wenn aber Behörden aufgrund eines möglichen Kontakts beispielsweise in der Schule oder in der Kindertagesstätte für einzelne Kinder eine Quarantäne anordnen, so müssen diese in der Regel zehn Tage lang zu Hause bleiben. Und dabei ist nicht einmal sicher, ob sie sich infiziert haben und krank werden.

Arbeitgeberverband tut sich schwer

Der Arbeitgeberverband tut sich schwer mit einer Antwort auf die Frage, wie Unternehmen damit umgehen sollen, wenn für Kinder von berufstätigen Eltern eine Quarantäne angeordnet wird. Die Situation sei unklar, teilt der Verband per Mail mit. «Deshalb können wir im Moment keine Stellungnahme abgeben.»

Im Arbeitsrecht gibt es Interpretationsspielraum, da diese Gesetze nicht für die Corona-Pandemie ausgelegt sind. Für Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich, ist klar, dass die Mutter oder der Vater auch länger als drei Tage zu Hause bleiben darf, wenn die Eltern für ihre Kinder keine andere Betreuung organisieren können. «Denn Eltern müssen diese Verantwortung wahrnehmen.»

Arbeitsrechtsexperte Marc Prinz von der Anwaltskanzlei Vischer kann sich nicht vorstellen, dass ein Unternehmen Angestellte sanktioniert, weil sie Kinder in Quarantäne betreuen müssen: «Das wäre rechtlich sehr schwierig zu vertreten, und schon aus Reputationsgründen wird kaum ein Unternehmen in solchen Fällen gegen Eltern vorgehen.» Ein Unternehmen müsste geltend machen, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter andere Betreuungsmöglichkeiten ausgeschlagen hat und die Quarantäne der Kinder nutzt, um sich vor der Arbeit zu drücken.

Lohnfortzahlung ist rechtlich umstritten

Rechtlich umstritten ist aber, wie weit der Arbeitgeber den Lohn finanzieren muss, wenn Eltern zu Hause bis zu zehn Tage lang ein Kind in Quarantäne betreuen, das womöglich gar nicht krank ist. Luca Cirigliano, Leiter des Bereichs Arbeitsrecht beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund, sieht hier die Arbeitgeber klar in der Pflicht: «Wenn es Eltern nicht gelingt, eine andere Betreuung zu finden, müssen Unternehmen den Lohn auch entrichten, wenn die Absenz länger als drei Tage dauert.» Professor Roger Rudolph sieht es ähnlich, verweist aber auf die unsichere Rechtslage. Er erwähnt ein Urteil des Arbeitsgerichts Zürich zur Schliessung einer Kindertagesstätte während der Schweinegrippe vor gut zehn Jahren: Die Mutter, die ihr Kind zu Hause betreuen musste, habe schliesslich gar keinen Lohn erhalten. Dieser Fall sei allerdings nicht mit der individuellen Quarantäne eines Kindes vergleichbar.

Der Bund übernimmt Kosten

Rudolph, Cirigliano und auch der Arbeitgeberverband verweisen zudem auf die Covid-Verordnung, die bei Quarantäne Leistungen vorsieht. Tatsächlich müssen Unternehmen den Lohnausfall nicht selber finanzieren, wie das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf Nachfrage präzisiert. «Wird für ein Kind eine Quarantäne verordnet und muss ein Elternteil deshalb die Erwerbstätigkeit unterbrechen, so besteht während maximal sieben Tagen ein Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz», schreibt das BSV. Von zehn Tagen Quarantäne muss also das Unternehmen nur die Lohnkosten für die ersten drei Tage übernehmen. Die Finanzierung für die restlichen sieben Tage wird vom Bund finanziert. Abgewickelt wird dies über die für die Erwerbsersatzordnung zuständige Ausgleichskasse.

Die Limite von sieben Tagen gilt aber nicht für alle Fälle, wenn Eltern aufgrund der Pandemie für die Kinderbetreuung zu Haus bleiben müssen. Wird auch die Schule oder die Kindertagesstätte geschlossen, endet der Anspruch auf den Corona-Erwerbsersatz erst, wenn Schule und Betreuungseinrichtungen wieder öffnen, wie das BSV weiter mitteilt.

Es gibt Ausnahmen

Ob betroffene Eltern bei einer Quarantäne für das Kind tatsächlich nicht arbeiten können, hängt auch davon ab, wie viel Betreuung ihr Nachwuchs benötigt. Das BSV macht dies unter anderem vom Alter abhängig: Eltern von Kindern über 12 Jahren haben keinen Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz, wenn Kinder ohne Symptome zu Hause bleiben müssen. Und auch wenn der Arbeitgeber Arbeit im Homeoffice ermöglicht, wird der Anspruch hinfällig.

Schliesslich stellt sich die Frage, ob es überhaupt sein kann, dass eine Behörde nur für Kinder ohne Eltern eine Quarantäne verordnet. Die Quarantäneanweisungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) sehen dies explizit vor und dieser Redaktion sind entsprechende Fälle bekannt. In einer Stellungnahme weist das BAG aber darauf hin, dass die Kantone gemäss lokalen Begebenheiten über die Umsetzung von Quarantänen entscheiden. Regionale Unterschiede lassen sich also nicht ausschliessen.