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US-Wahlen aus Sicht der Märkte
Was die Börse von einem Sieg Bidens hält

Der demokratische Kandidat Joe Biden hat gute Chancen, die Präsidentschaftswahlen im November für sich zu entscheiden. Analysten rechnen bereits durch, was das für bestimmte Branchen bedeuten könnte.
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«Die Nachrichten beweisen, dass die Wirtschaft voll aufgedreht hat», lobte sich Präsident Trump kürzlich, als die Juni-Arbeitslosenzahlen weniger schlecht waren als erwartet. «Die Krise ist unter Kontrolle.» Zwei Stunden später gab Joe Biden zurück: «Es gibt nichts zu feiern. Lassen wir uns nicht täuschen. Wir befinden uns in einem tiefen, tiefen Loch, weil Trump den Kampf gegen das Coronavirus vermasselt hat.»

Die Konfrontation nimmt im Kleinen vorweg, wie kontrovers die Folgen einer Regierung Biden für die Aktienmärkte beurteilt werden. Während institutionelle Investoren tendenziell ein negatives Szenario zeichnen, verweisen Ökonomen auf eine historische Entwicklung: Demokratische Präsidenten sind besser für die Aktienmärkte als republikanische und tragen mehr zum Wirtschaftswachstum bei.

Dass die Meinungen weit auseinanderklaffen, kann nicht erstaunen. Vor dem Wahlsieg von Donald Trump warnten Ökonomen vor einbrechenden Aktienkursen. Dagegen erwarteten Fondsmanager und Bankanalysten eine Deregulierungswelle und als Folge dessen einen Aktienboom. Beide Seiten sollten nur etwas recht behalten.

Amtsvorgänger schlagen Trump

Tatsächlich zogen die Aktienkurse nach der Wahl Trumps sofort an, brachen dieses Jahr jedoch wegen der Corona-Pandemie und der Angst vor einer Rezession ein. Trumps Eigenlob, den besten Aktienmarkt aller Zeiten produziert zu haben, erhielt einen argen Dämpfer.

Die US-Notenbank hat noch nie in ihrer Geschichte derart viel Geld in die Finanzmärkte gepumpt wie in der Zeit von Trumps Präsidentschaft.

Zwar hat der Dow-Jones-Index seit seinem Amtsantritt um rund 60 Prozent zugelegt. Aber sowohl Bill Clinton als auch Barack Obama schnitten mit einem Plus von 85 bzw. 79 Prozent in der ersten Amtszeit besser ab, und dies, obwohl sie eine Wirtschaftskrise geerbt hatten, während Trump mit einer starken Wirtschaft antreten konnte.

Trumps Leistung wird zudem dadurch relativiert, dass die US-Notenbank noch nie in ihrer Geschichte derart viel Geld in die Finanzmärkte gepumpt hat wie in der Zeit von Trumps Präsidentschaft. Mehr als alle anderen hat Notenbankchef Jay Powell die Aktien gestützt; und will das auch weiter tun. (Lesen Sie hier mehr über die Entwicklung an den Aktienmärkten, und erfahren Sie, warum die Börsenblase Anlass zur Sorge gibt.)

Biden-Erfolg «leicht positiv»

Laut aktuellen Umfragen scheint ein Wahlsieg Bidens wahrscheinlicher denn je. Viele Strategen wie jene der Fondsgesellschaft Amundi meinen, dass dies schlecht für die Aktienmärkte sei. Die Experten von J.P. Morgan halten dagegen: «Der Konsens ist, dass ein demokratischer Sieg negativ für die Aktien ist. Doch wir sehen es anders, als neutral bis leicht positiv.»

Der Grund: Biden wird gemäss J.P. Morgan wegen der Wirtschaftskrise das Gewicht auf staatliche Investitionen und den Arbeitsmarkt verlegen. Dies auch, weil er die demokratische Mehrheit in den Zwischenwahlen 2022 nicht gefährden wolle.

Biden dürfte die Beziehungen zu China und der EU normalisieren, wovon die Exportwirtschaft profitieren kann.

Positiv dürfte eine Biden-Wahl namentlich für folgende Branchen sein: Der Maschinenbau und die Bau- und Stahlindustrie wird ein bis zu 1000 Milliarden Dollar schweres Infrastrukturprogramm helfen, das Trump zwar versprochen, aber nie geliefert hat.

Biden dürfte zudem auch die Beziehungen zu China und der EU normalisieren, wovon die Exportwirtschaft profitieren kann. Damit entfallen Strafsteuern und Retorsionsmassnahmen weltweit. Werden die Handelskriege beigelegt, stärkt das auch das Vertrauen weltweit in eine stabile, berechenbare Handelsmacht USA.

Von einer Regierung Biden werden im Weiteren die Förderung erneuerbarer Energien und die Legalisierung von Haschisch erwartet.

Ihre weltoffene Politik ist einer der Gründe, weshalb demokratische Präsidenten besser dastehen als republikanische, wie eine Studie der Universität Princeton zeigt. Zum Wachstum beitragen könnte auch der auf 15 Dollar pro Stunde erhöhte Mindestlohn. Es wird mehr Kaufkraft geschaffen, da Mindestlöhne sofort ausgegeben werden. Von einer Regierung Biden werden im Weiteren die Förderung erneuerbarer Energien und die Legalisierung von Haschisch erwartet, zwei Wachstumsbranchen, die Trump vernachlässigt hat.

Besser Biden als Sanders

Weniger Freunde unter den Anlegern schafft sich Biden mit dem Vorschlag, die Steuergeschenke von Trump teilweise zurücknehmen zu wollen. Vor allem sollen die Unternehmenssteuern von 21 auf 28 Prozent angehoben und ein Mindestsatz von 15 Prozent eingeführt werden. Das trifft führende Tech-Unternehmen wie Amazon und Netflix, aber auch Industriegiganten wie Boeing oder GE, deren Steuersätze teils unter null Prozent liegen.

Die Pharma-, Tech- und Finanzbranche müssen sich auf mehr Regulierungen gefasst machen. Für Tech-Kolosse wie Google und Facebook würde dies unter dem europäischen Anti-Kartell-Druck wohl ohnehin geschehen. Und der Schaden für die Pharma- und Finanzfirmen dürfte sich in Grenzen halten, hatten sie doch Bernie Sanders als Präsidenten mehr als alle anderen gefürchtet.