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Risiko der Einschleppung
Was der Schweinepest-Fall in Deutschland für die Schweiz bedeutet

Die Gefahr einer Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest ist hoch. Bislang blieben die Schweizer Wildschweine jedoch von der Seuche verschont. 
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Worum geht es?

Das deutsche Landwirtschaftsministerium hat am Donnerstagmorgen den ersten amtlichen Fall der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland bekannt gegeben. Festgestellt wurde die Krankheit bei einem Wildschweinkadaver im Spree-Neisse-Kreis im Bundesland Brandenburg, nur wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt. Den Verdacht äusserte das Landeslabor Berlin-Brandenburg am Mittwochabend, worauf eine Probe des Kadavers an das nationale Referenzlabor, dem Friedrich-Löffler-Institut im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, zur virologischen Untersuchung geschickt wurde. Dieses bestätigte den Verdacht heute früh.

Was unternimmt Deutschland?

Nun gehe es darum abzuklären, ob es sich beim untersuchten Wildschweinkadaver um einen Einzelfall handle, oder ob es noch mehr solche Kadaver im Gebiet gebe, erklärte Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Donnerstag an einer Pressekonferenz in Berlin. Aufgrund dessen könne dann ein Risikogebiet eingegrenzt werden. Laut dem Präsidenten des Friedrich-Löffler-Instituts, welches die Probe untersucht hatte, lag der Kadaver schon längere Zeit am Ort. «Dieser Zeitfaktor spielt in diesem Zusammenhang natürlich eine wichtige Rolle», so Thomas Mettenleiter.

Sobald das betroffene Gebiet festgestellt und eingegrenzt wurde, können die zuständigen Behörden laut Klöckner diverse Anordnungen zum Schutz von Schweine haltenden Bauernhöhe treffen. So könnte etwa der Personen- und Fahrzeugverkehr innerhalb des Gebiets eingeschränkt, die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen im Areal verboten oder eingeschränkt oder aber Dritte damit beauftragt werden, Wildschweine verstärkt zu jagen.

Was sind die wirtschaftlichen Folgen?

Der Handel innerhalb der EU könne aufgrund der EU-weit anerkannten Regionalisierungsmassnahmen aufrechterhalten werden. Das heisse, dass einzig der Handel im noch zu bestimmenden Risikogebiet eingeschränkt werde, sagte Agrarministerin Klöckner am Donnerstag.

Verkündete am Donnerstag den ersten Fall von Afrikanischer Schweinepest in Deutschland: Die Agrarministerin Julia Klöckner. 

Schwieriger dürfte es mit dem Handel ausserhalb Europas aussehen. China etwa verhängt in der Regel Importverbote auf Fleisch aus ASP-Risikoländern. Um das zu verhindern, sei man jedoch mit Drittstaaten im Gespräch, um Vereinbarungen betreffend Regionalisierungsmassnahmen zu treffen, so Klöckner.

Ist die Schweiz nun auch gefährdet?

Die deutsche Agrarministerin betonte am Donnerstag, man habe mit der Einschleppung des Virus früher oder später eigentlich gerechnet. Ähnlich äusserten sich auch die Schweizer Behörden in der Vergangenheit. Die Schweiz sei bisher zwar frei von der Tierseuche, schrieb das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) im Jahresbericht über das nationale Früherkennungsprogramm ASP Wildschwein 2019/2020. «Es besteht jedoch das permanente Risiko eines Eintrags.» Dieses Risiko erhöhe sich nun, da die die Reisetätigkeit aufgrund der Lockerung der Corona-Schutzmassnahmen wieder zunehme, so das BLV.

Die Bundesbehörde gibt das Risiko einer Einschleppung als hoch an. Es sei daher wichtig, eine Infizierung möglichst rasch zu erkennen und frühzeitig Massnahmen in die Wege zu leiten, schreibt das BLV. Das Amt untersucht im Rahmen des nationalen Programms zur Früherkennung von ASP regelmässig tot aufgefundene oder aufgrund von Krankheit erlegte Wildschweine, im Jahr 2019/2020 waren es deren 243. Alle Resultate fielen negativ aus. Aufgrund der «dynamischen Situation in anderen Ländern Europas» müsse das Früherkennungsprogramm jedoch in hoher Intensität weitergeführt werden.

Die Seuche ist hier – was nun?

Der Bund sieht bei einem ASP-Ausbruch in einem Wildschweinbestand ein mehrstufiges Massnahmenkonzept vor. Dabei geht es gemäss Angaben des BLV in einem ersten Schritt darum, einen Rückzugsraum für die betroffenen Wildschweine zu schaffen, damit diese das Virus nicht weitergeben können. In einem nächsten Schritt wird nach toten Wildschweinen gesucht und die Kadaver beseitigt. Schliesslich sieht das Konzept – «falls erforderlich» – eine intensive Bejagung der Wildschweinpopulation vor.

Wie gefährlich ist die Afrikanische Schweinepest?

Für den Menschen ist die Afrikanische Schweinepest nicht weiter gefährlich. Auch der Konsum von ASP-verseuchtem Fleisch wäre theoretisch unbedenklich. Für Haus- und Wildschweine jedoch bedeutet eine Ansteckung mit dem Virus in 90 Prozent der Fälle den Tod. Eine Impfung gibt es noch nicht. ASP ist zwar weniger infektiös als die klassische Schweinepest, gilt aber gemäss der Schweizer Tierseuchenverordnung ebenfalls als hochansteckend. Das Virus ist zudem überaus stabil, hält also auch grosse Temperaturunterschiede aus und kann laut dem deutschen Bauernverband in Fleischwaren über ein Jahr, tiefgefroren bis zu sechs Jahre lang überleben.

Wie wird das Virus übertragen?

Häufig wird AFP dadurch an Schweine weitergegeben, indem Menschen virenverseuchte Lebensmittel in der freien Natur wegwerfen und diese von Wildschweinen aufgenommen werden. Über den Direktkontakt mit anderen Schweinen – etwa über den Speichel, Blut, Kot oder Urin – kann sich das Virus anschliessend weiterverbreiten. Daher rät das BLV auch, keine Schweinefleischprodukte aus ASP-Risikogebieten in die Schweiz mitzubringen.

Eine Ausbreitung durch Wildschweine erfolgt gemäss BLV allerdings nur langsam und eingeschränkt. Für die Verschleppung der ASP über weite Distanzen seien meist menschliche Aktivitäten verantwortlich. So gelangt der Erreger etwa auch über Landwirtschaftsgeräte oder Transportfahrzeuge in den Umlauf und über andere Landesgrenzen.

Woher kommt die Afrikanische Schweinepest?

Wie der Name vielleicht vermuten lässt, hat die Seuche ihren Ursprung in Afrika. Sie ist seit längerem in gewissen Afrikanischen Ländern, jedoch auch in Sardinien verbreitet. Im Jahr 2007 gelangte der Erreger nach Georgien und breitete sich anschliessend von Russland westwärts aus. Vor allem die Länder Rumänien und Polen vermeldeten in letzter Zeit viele neue Schweinepest-Fälle. So gehen auch die deutschen Behörden davon aus, dass es sich beim infizierten Wildschweinkadaver in Brandenburg um ein Tier aus einer polnischen Wildschweinpopulation etwa 30 Kilometer entfernt von der deutschen Grenze handelt.