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Kinesio-Tapes
Was bringen die bunten Kleber wirklich? 

Sogar die Farbe der Tapes soll auf die Wirkung einen Einfluss haben.
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Sie spannen sich über durchtrainierte Schulter- und Rückenmuskeln und zieren stramme Waden: Wo immer Sport getrieben wird, sind Kinesio-Tapes gerade gross in Mode. Besonders gut kommen die elastischen, farbigen Klebebänder mit schulterfreien T-Shirts und kurzen, eng anliegenden Trainingshosen zur Geltung.

Das Tapen kam hierzulande vor etwa zehn Jahren auf. Die Technik geht auf den japanischen Chiropraktiker Kenzo Kase zurück, der bereits in den 1970er-Jahren damit begann, schmerzende Gelenke und Muskeln mit dehnbaren Bändern zu behandeln.

Der leichte Zug und der Reiz auf der Haut führen zu einer Art dauerhaften, sanften Massage der darunterliegenden Muskeln, Sehnen und Lymphgefässe. Dadurch sollen die Blutzirkulation, der Nährstoffaustausch und der Lymphabfluss gefördert, Faszienverklebungen gelöst und die Beweglichkeit von Muskeln und Sehnen verbessert werden.

Kenzo Kase ging zudem davon aus, dass die Klebebänder ähnlich wie die Akupunktur Blockaden in den Energiemeridianen lösen, die gemäss der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) unseren Körper durchziehen.

Nicht zu verwechseln sind Kinesio-Tapes mit den starren, weissen Tapes, die zum Stabilisieren und Fixieren von Gelenken verwendet werden.

Wirksam trotz Skepsis

In der Physiotherapie kommen Kinesio-Tapes häufig zum Einsatz – etwa für die Behandlung von Rücken-, Nacken- und Wadenverspannungen sowie Hüft- und Kniebeschwerden.

Die Palette an Anwendungsmöglichkeiten sei breit, sagt Arjen van Duijn, Sport-Physiotherapeut in einem Fitnesscenter in Einsiedeln SZ und Dozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur.

Der Experte: Arjen van Duijn (58) ist Physiotherapeut und Sportphysiotherapeut mit einer Zusatzausbildung in Humanbiologie in den USA. Neben seiner Dozententätigkeit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur (ZHAW) arbeitet der holländisch-schweizerische Doppelbürger in seiner Praxis in einem Fitnesscenter in Einsiedeln.

«Wissenschaftlich gibt es allerdings nur wenig Evidenz, welche die Wirkung belegt», stellt van Duijn klar. Deshalb habe er selber die Tapes bei seinen Patienten jeweils mit grosser Skepsis aufgeklebt, erzählt der erfahrene Therapeut. «Dennoch habe ich festgestellt, dass meine Patienten davon profitieren.»

Positive Erwartungshaltung spielt mit

Obwohl man nicht genau weiss, auf welche Art die Klebestreifen wirken, scheint die Behandlung also irgendeinen Effekt zu haben. Möglicherweise werden durch den Zug der Tapes auf die Haut die Venen und Lymphgefässe beim Abfluss von Schwellungen unterstützt.

Vielleicht funktioniert die Therapie auch über einen kognitiven Mechanismus: Weil man sich des empfindlichen Körperteils stärker bewusst ist, schont man ihn eher und bewegt ihn vorsichtiger.

Viele Sportlerinnen und Sportler sind von der Wirksamkeit von Kinesio-Tapes überzeugt. Ob viel mehr als «nur» der Placeboeffekt dahintersteckt, ist allerdings unklar.

Wahrscheinlich ist, dass wie bei den meisten Behandlungen auch der Placeboeffekt mitspielt: Eine Erwartungshaltung löst eine Wirkung aus.

Die Farbe – mehr als Geschmacksache?

In manchen Anleitungen wird auch der Farbe der Tapes grosse Bedeutung zugeschrieben. So sollen zum Beispiel blaue Streifen kühlen und sich bei Prellungen und Schwellungen eignen, während rote wärmend und anregend sein sollen, was die Muskeldurchblutung fördere. Schwarze Tapes sind bei Kampfsportarten beliebt, weil sie für Stärke und Aggressivität stehen, während grüne harmonisierend wirken sollen.

Wissenschaftlich ist der Einfluss von Farben aber definitiv nicht haltbar.

Anleitung durch Fachperson

Um Kinesio-Tapes richtig anzuwenden, sind anatomische Grundkenntnisse von Vorteil. Ärzte und Physiotherapeutinnen wissen, wie die Muskeln, Sehnen und Nerven verlaufen, und kleben die Streifen entsprechend auf.

Länger anhaltende Beschwerden sollten sowieso ärztlich abgeklärt werden, betont Therapeut van Duijn. Kommt die Behandlung mit einem Tape infrage, können die Ärztin oder der Physiotherapeut diese gleich in der Praxis zum ersten Mal aufkleben und die Patienten für weitere Anwendungen anleiten.

Besonders anspruchsvoll sei das Anbringen von Tapes für abschwellende Massnahmen, Lymphdrainagen, den Schutz von Nerven sowie das Lockern von Faszien, erklärt der Physiotherapeut. «Das sollte man den Spezialisten überlassen.»

Bei leichteren Beschwerden kann man einen Versuch in Eigenregie wagen. Dabei gilt es aber folgende Punkte zu beachten:

– Tape etwas kürzer zuschneiden als die gemessene Länge und Ecken abrunden.

– Meist wird das Tape von der Mitte her in beide Richtungen mit leichtem Zug aufgeklebt und die Dehnung gegen das Ende hin reduziert.

– Aufklebestelle beobachten. Bei der kleinsten Rötung sofort entfernen (denn es könnte sich um eine Allergie handeln).

– Auf die Signale des Körpers achten. Bei Schmerzen oder anderen unangenehmen Empfindungen besser entfernen.

– Maximal vier Tage am Stück auf dem Körper lassen. Danach mindestens einen Tag Pause einlegen, bevor man ein neues Tape aufklebt.

Erhältlich sind Kinesio-Tapes in Apotheken, Drogerien, aber auch in vielen Sportgeschäften und im Onlinehandel wie etwa bei Marktleader Dermaplast Active. Die Preise pro Rolle (5 cm mal 5 m) bewegen sich zwischen 12 und 30 Franken.

Buchtipp: «Das Taping-Selbsthilfe-Buch, 88 Tapes Step by step», John Langendoen und Karin Sertel (Trias-Verlag, 272 Seiten).