Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Provokation des Kremlchefs
Putin besucht die Mongolei – warum sie ihn dort nicht verhaften

In this pool photograph distributed by the Russian state agency Sputnik, Russia's President Vladimir Putin and Mongolia's President Ukhnaagiin Khurelsukh walk past honour guards during an official welcoming ceremony in Ulaanbaatar on September 3, 2024. (Photo by Sofia SANDURSKAYA / POOL / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es war eine Provokation, über die Wladimir Putin nur lächelte: Am Montagabend reiste der Kremlchef in die Mongolei – obwohl ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen ihn vorliegt. Eigentlich hätte die Mongolei zur Tat schreiten und ihn verhaften lassen müssen. Stattdessen rollte man ihm den roten Teppich aus. Bilder zeigen, wie der russische Präsident nach seiner Ankunft an der Seite der mongolischen Aussenministerin über das Rollfeld schritt. Flankiert von zahlreichen Soldaten in traditionellen Uniformen bescherte man ihm einen grossen Empfang.

Menschenrechtler sind empört

Offiziell reiste Putin in die Mongolei, um am Dienstag an einer Zeremonie zum 85. Jahrestag des sowjetischen und mongolischen Sieges über eine japanische Armee teilzunehmen. Der angekündigte Besuch löste bereits im Vorfeld Empörung im Westen aus: Verschiedene Menschenrechtsorganisationen drängten die Mongolei dazu, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Mongolei zählt zu den Mitgliedsstaaten des IStGH, erkennt diesen an und müsste demnach zur Tat schreiten.

«Jede Reise in einen IStGH-Mitgliedsstaat, die nicht mit einer Verhaftung endet, wird Präsident Putin in seinem derzeitigen Vorgehen bestärken», schrieb die Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Montag. Die Unterlassung einer Verhaftung müsse als «Anstrengung gesehen werden, die Arbeit des IStGH zur Verfolgung mutmasslicher Kriegsverbrecher zu untergraben».

Putin droht in 124 Ländern eine Verhaftung

Es ist das erste Mal, dass Putin eine Reise in einen IStGH-Mitgliedsstaat unternahm, seit der Haftbefehl im März 2023 ausgestellt wurde. Der Internationale Strafgerichtshof hatte diesen gegen Putin wegen der Deportation ukrainischer Kinder erlassen.

Aktuell droht dem russischen Präsidenten deshalb in mindestens 124 IStGH-Mitgliedsstaaten, verteilt auf sechs Kontinente, eine Verhaftung. Viele westliche Staaten und ihre Verbündeten anerkennen den Internationalen Strafgerichtshof. Es gibt jedoch Ausnahmen: So haben weder die USA noch Israel das Abkommen ratifiziert.

Putins Reisemöglichkeiten sind entsprechend eingeschränkt. Im August 2023 entschied er sich daher auch gegen eine Reise nach Südafrika an den Brics-Gipfel. Stattdessen nahm er per Videoschaltung teil. Vor den Konsequenzen seiner Reise in die Mongolei hingegen fürchtete er sich nicht: Der Kreml teilte im Vorfeld über russische Staatsagenturen mit, dass man sich «keine Sorgen» mache wegen einer möglichen Festnahme. Auf Bildern des Besuchs zeigte sich Putin denn auch entspannt neben dem ebenfalls lachenden mongolischen Präsidenten Uchnaagiin Chürelsüch.

epa11580732 Russian President Vladimir Putin attends a welcoming ceremony upon his arrival at an airport of Ulaanbaatar, Mongolia, 02 September 2024. Vladimir Putin is on two-day official visit to Mongolia.  EPA/NATALIA GUBERNATOROVA/SPUTNIK/KREMLIN / POOL MANDATORY CREDIT

Wie Medien berichteten, unterzeichneten beide Regierungen ein Abkommen über die Modernisierung eines Kraftwerks in Ulan Bator und über die Versorgung der Mongolei mit Kerosin. Putin hat Präsident Uchnaagiin Chürelsüch zudem zum kommenden Gipfeltreffen der Brics-Staaten nach Russland eingeladen. «Wir erwarten Sie», sagte Putin russischen Nachrichtenagenturen zufolge.

Wieso nahm die Mongolei Putin nicht fest?

Die Mongolei ist für die Energieversorgung des Landes stark von Russland abhängig. Ein Sprecher der mongolischen Regierung sagte am Dienstag gegenüber der US-amerikanischen Zeitung «Politico», das Land importiere 95 Prozent seiner Erdölerzeugnisse und mehr als 20 Prozent der Elektrizität aus der «unmittelbaren Nachbarschaft». «Diese Versorgung ist für unsere Existenz und die unseres Volkes von entscheidender Bedeutung», so der Sprecher.

«Die Mongolei hat in all ihren diplomatischen Beziehungen stets eine Politik der Neutralität verfolgt, wie unsere bisherigen Erklärungen zeigen», sagte der Sprecher. Man bitte um Entschuldigung, aber ihnen seien «die Hände gebunden», fasste «Politico» das Statement des Sprechers zusammen.

Für die mongolische Regierung ist die Aussenpolitik aufgrund der geografischen Lage eine heikle Aufgabe: Im Norden grenzt das demokratisch geführte Land an Russland, im Süden an China. «Die Mongolei bewegt sich auf einem diplomatischen Drahtseilakt, um keinen der beiden Nachbarn zu verärgern, mit denen sie umfangreiche historische und wirtschaftliche Beziehungen unterhält», schreibt «Politico».

«Konsequenzen» für die Mongolei

Für Putin ist seine Reise in das Nachbarland ein Triumph. Er demonstrierte nicht nur seinen Einfluss im asiatischen Raum. Der russische Präsident zeigte dem Westen, dass er sich über dort geltende Regeln und Institutionen hinwegsetzen kann.

Für die Mongolei dürfte Putins Staatsbesuch ein Nachspiel haben. Die Ukraine rief dazu auf, dass die Mongolei zur Rechenschaft gezogen werden müsse – jedoch ohne konkreter zu werden, Kiew hat keine Handhabe. Heorhii Tykhii, Sprecher des ukrainischen Aussenministeriums, bezeichnete das Versäumnis der Mongolei, Putin zu verhaften, als «schweren Schlag für den IStGH und das internationale Strafrechtssystem». Die Mongolei habe zugelassen, dass «ein angeklagter Verbrecher der Justiz entkommen konnte».

Damit sei das Land mitverantwortlich für Putins Kriegsverbrechen. «Wir werden mit unseren Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass dies Konsequenzen für Ulan Bator hat», so Tykhii.