Waldbrände in GriechenlandWarum es wirklich brennt – und wieso Brandstifter nicht belangt werden
Schuld am Ausbruch von Feuern wie auf Rhodos ist nicht der Klimawandel. Die meisten Brände wurden von Menschen gelegt – oft mit krimineller Absicht. Zu einer Verurteilung kommt es nur selten.
Für viele Touristen ist der Traum von den Sommerferien am Mittelmeer zum Albtraum geworden: Auf den griechischen Inseln Rhodos und Korfu sowie auf Sizilien und Korsika wüten Waldbrände. In Griechenland mussten Tausende Einwohner und Feriengäste evakuiert werden, darunter auch Schweizerinnen und Schweizer. Die Feuer forderten mehrere Tote.
Nun ist eine Debatte über die Gründe für den Ausbruch der Waldbrände entbrannt. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sagte im Parlament: «Die Klimakrise ist bereits da, sie wird sich überall im Mittelmeerraum mit grösseren Katastrophen zeigen.»
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Der britische Ableger der radikalen Umweltschutzbewegung Extinction Rebellion macht dafür ebenfalls den Klimawandel verantwortlich. Auf einen Tweet eines Vaters, der ein Foto seiner drei kleinen Kinder bei der Evakuierung auf Griechenland veröffentlichte, antwortete die Gruppe: «Diese Kinder stehen, wie alle Kinder, vor einer schrecklichen Zukunft.» Bis zum Ende dieses Jahrhunderts werde sich die Erde voraussichtlich um 2 bis 3 Grad erwärmen. Den Kindern drohten «katastrophale Brände und Überschwemmungen, Hitzewellen und Hungersnöte».
Einen ganz anderen Grund nennen hingegen die Behörden und Feuerwehren auf den betroffenen griechischen Inseln: Brandstiftung. «Brände werden von Menschenhand gelegt», sagte Vassilis Vathrakogiannis, ein Sprecher der Feuerwehr von Rhodos. Ob es sich um Fahrlässigkeit oder Betrug handle, werde sich zeigen. Es seien bereits Personen für eine Befragung vorgeladen worden.
Laut Theofanis Skembris, stellvertretender Bürgermeister von Nordkorfu, gibt es Hinweise darauf, dass Feuer an vier verschiedenen Orten gleichzeitig ausgebrochen seien. Das könne nur das Werk von Brandstiftern sein. Für den Schweizer Meteorologen Jörg Kachelmann ist ebenso klar: «Die Medien zeigen Bilder von brennenden Wäldern in Rhodos und tun so, als ob diese Feuer etwas mit dem Klimawandel zu tun hätten!», wie er im Interview mit den Tamedia-Tageszeitungen sagte.
Tatsächlich zeigt eine Studie des griechischen Büros der Naturschutzorganisation World Wildlife Fund (WWF) und der Nationalen Stiftung für Landwirtschaftsforschung (Nagref), dass mit 8 Prozent nur ein Bruchteil von Waldbränden natürliche Ursachen wie Blitzschlag hat. Für die Mehrheit der Feuer sind Menschen verantwortlich. Hitze und trockene Witterung allein sind noch nicht in der Lage, für einen Waldbrand zu sorgen. Dafür ist ein Funke nötig, und dieser rührt in den meisten Fällen von einer menschlichen Aktivität her. Jedoch wirken die länger andauernden Perioden von Hitze und Dürre als Brandbeschleuniger.
So ist es kaum verwunderlich, dass laut der Studie ein Drittel der Brände ausgelöst wird, weil landwirtschaftliche Flächen mit Feuer von ungewolltem Pflanzenwuchs befreit werden sollen. Krankhafte oder betrügerische Brandstiftung spielt in fast einem Viertel aller Fälle eine Rolle. Motive sind also die Faszination für Feuer – und Bodenspekulation. Betrügerische Brandstifter profitieren davon, dass in Griechenland ein Waldverzeichnis fehlt. Waldgebiete dürfen laut Gesetz nicht bebaut werden. Doch ohne Verzeichnis kann nach einem Feuer niemand genau sagen, wo vorher Bäume standen und wo nicht.
Die widerlegte Windräder-Verschwörung
Bei Bränden gibt es auch immer wieder Spekulationen darüber, dass Wälder angezündet würden, um Platz für den Bau von Windkraftanlagen zu machen. Diese Vermutungen wurden nach dem Ausbruch der aktuellen Feuer in den sozialen Medien erneut verbreitet. Dafür gibt es jedoch keine Belege.
So widerlegten griechische Faktenchecker Behauptungen, dass es im August 2017 auf der Halbinsel Peloponnes für einen Windpark eine illegale Brandrodung gegeben habe. Die Faktenchecker konnten aufzeigen, dass es nicht an jenen Stellen brannte, an denen später Windräder gebaut wurden.
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Für 12 Prozent der Brände ist pure Fahrlässigkeit verantwortlich. Es handelt sich um eine weit gefasste Kategorie mit vielen verschiedenen Stufen des Verschuldens. Dazu gehören Kurzschlüsse im Stromnetz, die auf schlechte Wartung zurückzuführen sind, sowie das Versäumnis, brennbare Materialien ordnungsgemäss zu entfernen. Doch auch das Verbrennen von Ästen, Gestrüpp, Ernterückständen und Abfällen kann schwerwiegende Folgen haben – ganz zu schweigen von rauchenden Bienenstöcken, Funkenflug beim Schweissen, achtlos weggeworfenen Zigaretten oder ausser Kontrolle geratenen Lagerfeuern. Ein weiteres Problem sind illegale Mülldeponien in der Nähe von Waldgebieten, da Abfall eine grosse Menge an brennbaren Materialien enthält und sich leicht entzünden kann.
Ob fahrlässig oder vorsätzlich – Brandstifter richten mit ihren Taten neben menschlichem Leid enorme wirtschaftliche Schäden an. Die EU schätzt, dass Waldbrände im vergangenen Jahr europaweit Kosten von 2 Milliarden Euro verursacht haben. Allein in Griechenland vernichteten 230 Feuer insgesamt knapp 24’000 Hektaren Land.
Dazu kommen indirekte Schäden. Die griechische Wirtschaft hängt stark vom Tourismus ab, der wiederum vor allem von der Sommersaison lebt. Bilder von fliehenden Touristen und Feuersbrünsten sind da wenig hilfreich.
Deshalb müssen verurteilte Brandstifter in Griechenland mit strengen Strafen rechnen – eigentlich. Für betrügerische Brandstiftung in einem Wald kann es eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geben. Fahrlässigkeit kann die griechische Justiz mit Gefängnis von bis zu 5 Jahren bestrafen. Allerdings kommt es nur zu wenig Verurteilungen.
Gerichte müssen Vorsatz nachweisen können
Die Athener Morgenzeitung «Kathimerini» wertete Gerichtsverfahren wegen Brandstiftung für den Zeitraum von 2000 bis 2021 aus. Ihr Fazit: Von den 19’712 wegen fahrlässiger oder vorsätzlicher Brandstiftung angeklagten Personen wurden nur 564 verurteilt. Das entspricht einer Quote von gerade mal 2,8 Prozent. Laut der griechischen Ausgabe des Wirtschaftsmagazins «Forbes» liegt dies daran, dass die Gerichte für eine Verurteilung einen Vorsatz nachweisen können müssen. Und das sei in vielen Fällen schwierig.
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