Die Wahrheit über das SixpackWarum es so schwierig ist, gezielt am Bauch abzunehmen
Gerade im Sommer träumen viele von einem Waschbrettbauch. Doch der Weg dahin ist hart und nicht immer auch gesund. Lesen Sie hier, worauf es ankommt.
Ein flacher Bauch steht heute, da fast die Hälfte der Menschen zu dick ist, mehr denn je für Sportlichkeit und Disziplin. Gemäss einer Umfrage der Zeitschrift «Men’s Health» wünschen sich 40 Prozent der Frauen bei Männern ein Sixpack. Aber auch viele Frauen streben für sich selbst nach einem definierten Bauch.
Da verwundert es nicht, dass Fitnesszeitschriften und Lifestyleportale voll sind von Tipps, wie man möglichst schnell zum «perfekten Sixpack» kommt. Meist werden dann auch gleich irgendwelche Geräte und Übungen empfohlen, mit denen man angeblich gezielt am Bauch abnehmen könne.
So verlockend das klingt – es ist ein falsches Versprechen. Denn beim isolierten Bauchmuskeltraining wird nur ein kleiner Teil des Körpers aktiviert. Der Kalorienverbrauch und auch der Nutzen für das Herz-Kreislauf-System sind bescheiden.
Wie man Fett verbrennt
Viel effektiver ist ein Ganzkörpertraining, das die grossen Muskelgruppen beansprucht. Der Berner Sportmediziner German Clénin empfiehlt Rudern, Velofahren, Schwimmen, Joggen, aber auch Nordic Walking im lockeren bis mittleren Bereich. Das seien geeignete Sportarten, um Fett zu verbrennen.
Wer sich gern auspowere, könne auch hochintensive Trainingsformen wählen – die würden ebenfalls viel Energie verbrauchen und so beim Abnehmen helfen. Sehr effektiv sind laut Clénin schliesslich auch Nüchterntrainings, also Sporteinheiten vor dem Frühstück. Denn so werde der Körper gezwungen, schneller auf seine Fettdepots zurückzugreifen.
Dem Körper ist es nämlich egal, ob wir am Bauch, an den Oberschenkeln oder am Hintern abnehmen wollen – auf der Suche nach Energie bedient er sich dort, wo er am leichtesten Fettreserven findet. Deshalb ist es wenig sinnvoll – um auf unser Beispiel zurückzukommen –, wenn man versucht, mit Bauchmuskelübungen am Bauch abzunehmen. So kommt man nie an den Speck ran, der Energieverbrauch ist einfach zu gering.
«Weniger essen – mehr trainieren»
Die Energiebilanz sei aber der entscheidende Punkt, erklärt Experte Clénin. «Wer Gewicht verlieren und Fett abbauen will, muss langfristig weniger essen und mehr trainieren.» Oder mit anderen Worten: Wer abnehmen will, muss mehr Kalorien verbrauchen als zuführen.
Wer das befolgt und auch durchhält, hat gute Chancen, einen flachen Bauch zu bekommen.
Für einige ist das aber noch nicht genug. Sie wollen den ultimativen Waschbrettbauch mit den typischen Rillen. Dazu muss man allerdings wissen: Ein richtiges Sixpack kommt erst zum Vorschein, wenn der Körperfettanteil unter 8 Prozent gedrückt wird (bei Frauen unter 15 Prozent, da sie von Natur aus einen höheren Fettanteil haben). Das ist 10 bis 20 Prozent unter dem Wert von normalgewichtigen Männern und Frauen.
Um einen solch tiefen Körperfettanteil zu erreichen, müssten sich die meisten mit einer strengen und oft einseitigen Diät kasteien. Das kennt man auch von Bodybuildern, wenn sie sich auf einen Wettkampf vorbereiten. Gesund ist das nicht. «Ein dauerhaft zu tiefer Körperfettanteil ist mit einer vermehrten Krankheitsanfälligkeit verbunden», sagt Sportmediziner Clénin. Bei Frauen kann auch die Regelblutung ausbleiben.
Bauchmuskeln gegen Rückenschmerzen
Dennoch lohnt es sich, an der Körpermitte zu arbeiten. Es muss ja nicht immer gleich ein Sixpack sein. Ein trainierter Bauch hat zahlreiche gesundheitliche Vorteile: Er entlastet die Wirbelsäule, verbessert die Haltung, beugt Rückenschmerzen vor. Zudem weiss man heute vom Bauchfett, dass es der gewichtigste Risikofaktor ist für Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Stoffwechselstörungen – also das gefürchtete metabolische Syndrom.
Und dass ein flacher Bauch auch noch bei der äusseren Erscheinung punktet, versteht sich von selbst.
Übungsprogramm:
So straffen Sie Ihren Bauch
Obwohl man einen flachen Bauch hauptsächlich über die Ernährung erreicht, ist ein regelmässiges Krafttraining speziell für den Rumpf unbedingt ratsam. «Wir unterstützen damit die Haltung, haben eine bessere Stabilität und Kraftübertragung und können Rückenschmerzen vorbeugen», sagt Sportarzt German Clénin.
Für Ambitionierte empfiehlt er mindestens zwei bis drei Rumpfkrafttrainings pro Woche, für Einsteiger eines. Dabei gehe es erst einmal darum, die Rücken- und Bauchmuskulatur generell zu stärken.
Angegangen werden sollten aber vor allem auch die kleinen Rücken- und die schrägen Bauchmuskeln, also das sogenannt lokale segmentale Muskelsystem (Übung 1), sowie die grösseren Rücken- und Bauchmuskeln (globales System, Übungen 2 und 3).
Da das segmentale Muskelsystem (Tiefenmuskulatur) die Wirbelsäule rundherum, also vom Rücken und vom Bauch her, wie eine Zuggurtung umfasst und stabilisiert, sollte es auch spezifisch trainiert werden.
Der Experte empfiehlt, diese drei zentralen Übungen stets in ein Trainingsprogramm einzubauen:
Segmentale Stabilisation (tiefe Rumpfmuskulatur)
Legen Sie sich auf den Rücken, eine Hand unter die Rumpfpartie, die andere auf die seitlich schräge Bauchmuskulatur. Mit den Händen können Sie kontrollieren, ob Sie diese beiden Muskelgruppen auch wirklich aktivieren. Dann beide Beine beugen, leicht anheben (bis knapp über dem Boden), nun im Wechsel linkes und rechtes Bein strecken. Wichtig: Die schrägen Bauchmuskeln und die kleinen Rückenmuskeln angespannt halten. Die Wirbelsäule bleibt stabilisiert.
Globale Planks (Unterarmstütz)
Begeben Sie sich in den Unterarmstütz, dann abwechslungsweise linkes und rechtes Bein abheben. Schulter, Hüfte und Knöchel bilden eine Linie (Po nicht in die Höhe strecken!). Das Kreuz bleibt stabilisiert.
Seitliche Planks (Unterarmstütz)
Begeben Sie sich in den seitlichen Unterarmstütz, dann die Hüfte vom Boden abheben und in eine gerade Linie bringen. Jetzt das Becken auf und ab bewegen. Rechts und links (beide Seiten).
(Übungsdauer: jeweils 30 bis 45 Sekunden, je nach Fitnessstand allenfalls auch etwas länger und mehr als eine Serie).
Von klassischen Rumpfbeugen wird heute eher abgeraten
Nicht mehr empfohlen werden heute übrigens die klassischen Rumpfbeugen, die viele noch aus dem Schulturnen kennen. Diese Übung, auch Sit-ups genannt, hat gleich zwei Nachteile, wie Clénin erläutert: Sie trainiere in erster Linie gar nicht die Bauchmuskeln, sondern den Hüftbeuger, und gravierender noch: «Rumpfbeugen können bei unsauberer Ausführung durch ihren starken Zug am Hüftbeuger sogar Rückenschmerzen provozieren.»
Das Beispiel eines modernen und guten Bauchtrainings finden Sie in diesem Video; es ist abwechslungsreich gestaltet und dürfte auch Frauen ansprechen.
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