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Streit um Erdgasvorkommen im Mittelmeer
Warum Erdogan immer neue Krisen provoziert

Vor zwei Wochen zurückgerufen, nun erneut losgeschickt: Das türkische Forschungsschiff Oruc Reis. 
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Die Phase der vordergründigen Entspannung im östlichen Mittelmeer ist schon wieder vorbei. Die türkische Regierung hat erneut das auf seismische Messungen spezialisierte Forschungsschiff Oruc Reis losgeschickt. Laut türkischen Medien soll das Schiff von zwei Fregatten begleitet bis zum 22. Oktober in Gewässern südlich der griechischen Insel Kastellorizo unterwegs sein, die etwa zwei Kilometer vor der türkischen Küste liegt.

In den von Griechenland beanspruchten Gewässern werden grosse Erdgasvorkommen vermutet. Griechenlands Aussenminister Nikos Dendias nannte den Schritt Ankaras am Montag eine «schwere Eskalation und eine direkte Bedrohung für Frieden und Sicherheit in der Region». Regierungssprecher Stelios Petsas fügte hinzu, die Türkei habe damit ihren «Mangel an Glaubwürdigkeit» bewiesen.

Signal der Bereitschaft zum Dialog

Eigentlich hatten sich Ankara und Athen, auch auf Vermittlung der EU, erst kürzlich darauf geeinigt, ihre 2016 abgebrochenen Sondierungsgespräche über ungeklärte Fragen der gemeinsamen See- und Luftraumgrenzen wieder aufzunehmen. Vor gut zwei Wochen hatte sich die Lage in der Region einigermassen entspannt, nachdem Ankara die Oruc Reis in ihren Heimathafen Antalya zurückberufen hatte.

Die türkische Regierung stellte diesen Schritt als Signal der Bereitschaft zum Dialog dar. Deshalb blieb am Montag zunächst unklar, weshalb der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan das Forschungsschiff ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt erneut losschickt. Ankara unterwirft damit die Beziehungen zu Griechenland, zu Zypern und zur Europäischen Union einer neuen Belastungsprobe. Und auch jene zu Deutschland, das sich in den griechisch-türkischen Konflikt zuletzt verstärkt als Vermittler eingeschaltet hatte.

Später wurde bekannt, dass der deutsche Aussenminister Heiko Maas am Dienstag nach Zypern und Griechenland reisen wird, um dort über den Streit der beiden EU-Staaten mit der Türkei über Erdgaserkundungen im östlichen Mittelmeer zu sprechen. Ein anschliessender Türkei-Besuch, über den türkische und griechische Medien bereits berichtet hatten, findet dagegen nicht statt.

Nennt die Entsendung des türkischen Schiffs eine «schwere Eskalation»: Der griechische Aussenminister Nikos Dendias. 

Die neuerliche Reise der Oruc Reis passt zur seit langem erprobten Taktik Ankaras, immer neue Krisen zu schaffen, offenbar in der Hoffnung, damit die eigene Verhandlungsposition stärken zu können. Bei einem Gipfel Anfang Oktober hatten die EU-Mitgliedsstaaten Sanktionen angekündigt, für den Fall, dass die Türkei ihre provokanten Aktivitäten im östlichen Mittelmeer fortsetzen sollte.

Daraufhin hat Ankara die Tonart wieder verschärft. Offensichtlich in Absprache mit der türkischen Führung hat Nordzyperns Regierung einen seit Jahrzehnten gesperrten Strand in der Geisterstadt Varosha eröffnet. Auch dies belastet nun die Beziehungen zur Republik Zypern, zu Griechenland und zur EU. Der UNO-Sicherheitsrat hat die Öffnung Varoshas ebenfalls kritisiert, da dies den Verhandlungsstatus der seit 1974 geteilten Insel verändere.

«Wenn die Aussenpolitik zur Innenpolitik gemacht wird, zahlt die Türkei den Preis.»

Metin Gürcan, türkischer Abgeordneter

In den türkischen sozialen Medien wurde spekuliert, dass Erdogan mit der Entsendung der Oruc Reis vom geplanten Test des russischen Luftabwehrsystems S-400 ablenken will. Der Nato-Staat Türkei hat das Raketensystem gegen den Willen der westlichen Allianz von Moskau gekauft, es aber bisher nicht aktiviert. In den USA werden bereits Sanktionen gefordert. Für die Tests, die für die kommenden Tage geplant sind und für die das türkische Militär die S-400 bereits nach Sinop am Schwarzen Meer verlegt hat, müsste die Waffe aktiviert werden.

Die türkische Opposition sieht in Erdogans aggressiver Aussenpolitik vor allem den Versuch, von der angespannten Wirtschaftslage und den innenpolitischen Problemen des Landes abzulenken. Metin Gürcan, Abgeordneter der oppositionellen Deva-Partei, erklärte: «Wir sagen Nein zu einer Politik, die sich aus Krieg, Kampf und Streit speist, allein um Erdogans persönliche Ziele zu erreichen.» Er warnte: «Wenn die Aussenpolitik zur Innenpolitik gemacht wird, zahlt die Türkei den Preis.»