Propaganda in den sozialen MedienWarum der iranische Staatssender Britney Spears angreift
Gibt es Konflikte in einem Land, werden die sozialen Medien als Sprachrohr umso bedeutender. Regierung von krisengebeutelten Ländern wissen dies zu nutzen – mehr oder weniger erfolgreich.

Der US-Popstar Britney Spears unterstützt auf Twitter die im Iran anhaltende Protestwelle. Damit rückte sie in den Fokus der staatlich unterstützten Nachrichtenagentur Islamic Republic News Agency (IRNA). Das Pressebüro untersteht dem Ministerium für Kultur und islamische Führung.
Nachdem Spears bei Twitter schrieb: «Ich und mein Mann stehen an der Seite des iranischen Volkes, das für seine Freiheit kämpft», diffamierte die IRNA die Sängerin, in dem sie auf die ehemalige Vormundschaft unter ihrem Vater verwies. «Die amerikanische Sängerin Britney Spears wurde 2008 wegen ihrer psychischen Probleme unter die Obhut ihres Vaters gestellt», twitterte die Organisation mit dem Hashtag #MahsaAmini.
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Unter dem Hashtag bekundet die Internet-Gemeinschaft ihre Solidarität gegenüber den anhaltenden Protesten gegen die Sittenpolizei im Iran.
#MahsaAmini wird jedoch auch von der iranischen Presseagentur genutzt, um die Narrative der Regierung zu verbreiten. Zuletzt postete der Account einen Vergleich zwischen den Protesten in Frankreich und den Aufständen im Iran und schrieb dazu: «Die US-Regierung unterstützt die Aufständischen im Iran, verschliesst aber die Augen vor den Protesten in Frankreich.» Dies ist nur einer von vielen Tweets, die versuchen, die Proteste im Iran zu diskreditieren.
Die iranische Nachrichtenagentur bestreitet auch weiterhin, dass Mahsa Amini in Polizeigewahrsam gestorben ist. Ein geschnittenes Video ihres Vaters soll beweisen, dass die 22-Jährige an einer Krankheit gestorben ist. Über dem Clip steht «End of #BigLie».
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In einem weiteren Tweet macht sich der Twitter-Account über den Superstar Shakira lustig. Die kolumbianische Sängerin schrieb bei Twitter und Instagram, ihr Herz «sei bei der Familie von Mahsa Amini und bei den Frauen und Schulmädchen im Iran und bei allen, die für die Meinungsfreiheit kämpfen». Darauf folgte auch gleich die Antwort der iranischen Nachrichtenagentur. Sie postete ein Meme, in dem sie behauptete, dass Shakira Polizeigewalt gegen Frauen in den USA und Saudiarabien ignoriere.
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Die Attacke ist kein Zufall, sondern Teil einer breit angelegten Strategie in den sozialen Medien, die darauf abzielt, Promis anzugreifen, die die Proteste unterstützen. Die IRNA versucht den Support umzudeuten und als «irr» darzustellen.
Doch mit ihren Botschaften erreichen sie längst nicht alle Menschen im Iran. Laut Twitter sperre das Land den Zugang zu Twitter für «normale Nutzer». Weiter schreibt die Plattform: «Wir glauben, dass die Menschen von zusätzlichem Kontext profitieren, wenn sie mit iranischen Regierungs- und staatsnahen Konten interagieren.». Laut Medienberichten habe das Land gar in Teilen Teherans und Kurdistans das Internet abgeschaltet und den Zugang zu Plattformen wie Instagram und Whatsapp blockiert.
Die Posts der IRNA sind jedoch auch meist auf Englisch. Das lässt darauf hindeuten, dass vor allem ein westliches Publikum, mit ihrer Propaganda, erreicht werden soll.
Auch im Ukraine-Krieg spielt Twitter eine wichtige Rolle
Mit teils «komödiantischen» Beiträgen verfolgt die iranische Presseagentur eine ähnliche Strategie wie die Social-Media-Accounts der Ukraine und deren Verteidigungsministerium. Die offiziellen Accounts des Landes posten eine Mischung aus ernsthaften Videos und unterhaltsamen Memes – aber immer mit einem ernsten Hintergrund.
«Wenn dies ein Krieg der Memes wäre, würden wir gewinnen.»
Über einem Bild einer Wolke, die die Form eines Mittelfingers hat, schreibt der offizielle Account des ukrainischen Verteidigungsministeriums (@DefenceU): «Weitere iranische Drohnen und russische Raketen sind den Weg des russischen Kriegsschiffs gegangen.» Sie beziehen sich dabei auf den Untergang des russischen Flaggschiffs Moskwa, welches vor Monaten untergegangen ist.
In einem weiteren Post bedanken sie sich bei der North Atlantic Fellas Organization. Eine dezentralisierte Gruppe von Freiwilligen, die in den sozialen Medien mit viel Humor gegen russische Falschinformationen kämpft.
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«This is a meme nation», sagt Olena der BBC. Sie ist eine Unternehmerin aus Kiew und leitet ein Team aus Freiwilligen. Dieses ist verantwortlich für die Plattformen des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Olena ist nicht ihr richtiger Name. Aufgrund ihrer sensiblen Arbeiten wollte sie anonym bleiben.
«Die Hauptidee ist, das internationale Publikum anzusprechen und zu zeigen, dass die Ukraine tatsächlich in der Lage ist, zu gewinnen.»
Ihr Team arbeite rund um die Uhr und reagiere innerhalb von Stunden auf Nachrichten aus dem ganzen Land, erklärt sie der BBC. Dank der Arbeit des fünfköpfigen Teams hat der Twitter-Account des Verteidigungsministeriums über 1,5 Millionen Follower und die Beiträge meist Zehntausende von Likes. Im Vergleich: Die iranische Presseagentur hat weniger als 30’000 Follower und die Posts oft eine Handvoll Likes.
Olena sagt, ihr Lieblings-Dankeschön-Video richtete sich an Schweden. Sie loben darin das skandinavische Land für seine preiswerte Investition in einen Carl-Gustav-Raketenwerfer für 20’000 Dollar. Dieser ist in der Lage, einen russischen T-90-Panzer im Wert von 4,5 Millionen Dollar zu zerstören. Der Zusammenschnitt aus russischen Oligarchen und zerstörten Panzer ist unterlegt mit einem Beat des Abba-Songs «Money, Money, Money».
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«Die Hauptidee ist, das internationale Publikum anzusprechen und zu zeigen, dass die Ukraine tatsächlich in der Lage ist, zu gewinnen», erklärt Olena der BBC. «Denn niemand will in Verlierer investieren.» Mit den Social-Media-Beiträgen versuche ihr Team auch an das Gewissen der russischen Soldaten zu appellieren, indem sie tote ukrainische Zivilisten zeigten. Dies habe jedoch nicht funktioniert.
«Wir merkten, dass sie sogar stolz darauf waren. Sie haben das überhaupt nicht verurteilt», sagt Olena der BBC. «Uns wurde klar, dass wir das auf eine viel raffiniertere Weise tun müssen.» Nun versuche das Team aus Freiwilligen, über russische Social-Media-Plattformen Schwachstellen in bestimmten Teilen das Landes ausfindig zu machen.
Auf der anderen Seite versucht der Twitter-Account der russischen Botschaft in Bern, Inhalte von Schweizer Medienhäusern als «Hirngespinst» zu diffamieren.
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