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Wer wird Bundeskanzler?
Bei der Wahl des «achten Bundesrats» kommt es zu einer Premiere

Vizekanzler Viktor Rossi, Bundeskanzler Walter Thurnherr, Bundespraesident Ignazio Cassis, Vizekanzler Andre Simonazzi, Bundesrat Guy Parmelin und Bundesraetin Karin Keller Sutter, von links, beim Fototermin im Bundesratszimmer, am Freitag, 10. Juni 2022, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
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Nächsten Mittwoch entscheidet das Parlament nicht nur, wie der Bundesrat neu zusammengesetzt ist. Es wählt auch einen neuen Kanzler oder eine neue Kanzlerin. Dieses Rennen ist so spannend wie schon lange nicht mehr.

Es geht dabei um jenes Gesicht auf dem Bundesratsfoto, das viele nicht kennen. Die Kanzlerin oder der Kanzler bereitet die Sitzungen der Regierung vor und darf dort auch mitdiskutieren und Vorschläge machen, nicht aber abstimmen. Sie oder er arbeitet folglich eher im Hintergrund, hat aber eine beträchtliche politische Gestaltungsmacht. Man spricht auch vom «achten Bundesrat».

Walter Thurnherr, Bundeskanzler spricht an einer Medienkonferenz ueber das Thema "Grundbewilligungen fuer Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe in den Jahren 2023 - 2025", am Freitag, 3. Maerz 2023, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)

Als Walter Thurnherr 2015 für den Posten kandidierte, war die Wahl äusserst langweilig. Niemand trat gegen ihn an. Nun bewerben sich gleich drei Kandidaten und eine Kandidatin. Sie stellen sich in dieser und der nächsten Woche den Parteien vor.

FDP, Mitte und SP verzichten

Wer auch immer es am Ende schafft, sorgt für eine Premiere. Denn entweder wird künftig ein SVP-Mitglied die Landesregierung organisieren – oder ein Kanzler, der keiner Bundesratspartei angehört. Weder das eine noch das andere hat es seit 1848 je gegeben.

Bislang stammten nämlich die Kanzlerinnen und Kanzler immer aus der FDP, der Mitte oder der SP. Jetzt aber verzichten all diese drei Bundesratsparteien – aus taktischen Gründen. Sie fürchten, dass sich Kanzlerambitionen mittelfristig kontraproduktiv auf ihre Vertretung im Bundesrat auswirken würden. Das Kanzleramt könnte als «Trostpreis» gesehen werden.

Generalsekretaer Gabriel Luechinger bei der Beschlussfassung ueber den Antrag fuer eine Volksinitiative zur Beschraenkung der freien Zuwanderung an der Delegiertenversammlung der Schweizerischen Volkspartei (SVP) in der Mehrzweckhalle Stutz in Lausen, am Samstag, 24. Juni 2017. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Dafür tritt die SVP gleich doppelt an, um ihren Anspruch zu unterstreichen: mit Nathalie Goumaz und Gabriel Lüchinger. Letzterer leitet heute die Abteilung für internationale Sicherheit im Aussendepartement von Ignazio Cassis (FDP). Zuvor war er Verteidigungsattaché in Kairo und Abu Dhabi sowie Generalsekretär der SVP Schweiz. Diverse vertrauliche Gespräche lassen vermuten, dass seine Vergangenheit als Leiter der Parteizentrale bei der politischen Konkurrenz kein Vorteil ist. Allerdings ist Lüchinger gut vernetzt.

Nathalie Goumaz wiederum ist schon seit 1992 in den Diensten des Bundes und arbeitete dabei für Adolf Ogi (SVP), Jean-Pascal Delamuraz und Johann Schneider-Ammann (FDP) sowie Joseph Deiss und Doris Leuthard (CVP/Mitte). Gegenwärtig ist sie Generalsekretärin im Wirtschaftsdepartement von Guy Parmelin (SVP). Bereits 2007 wollte sie ein erstes Mal Bundeskanzlerin werden, unterlag damals aber Corina Casanova (CVP/Mitte). Jetzt sind ihre Chancen besser.

Nathalie Goumaz, Kandidatin der SVP fuer das Amt des Bundeskanzlers (gemeinsam mit Gabriel Luechinger), posiert an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz, am Samstag, 11. November 2023, in Alterswilen. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)

Freilich gibt es auch bei ihr – etwas weniger stark als bei Lüchinger – Bedenken, das Kanzleramt der Polpartei SVP zu überlassen. Zu stark nehme die Volkspartei Einfluss auf ihre Vertreter. Die Bundeskanzlei müsse daher von jemandem aus dem politischen Zentrum geleitet werden.

Womit wir bei Viktor Rossi (GLP) und Lukas Gresch (parteilos) wären. Rossi ist heute Vizekanzler und hat bereits im Oktober seinen Hut in den Ring geworfen. Der andere Vizekanzler – Bundesratssprecher André Simonazzi (SP) – verzichtet aus parteipolitischen Erwägungen.

Vizekanzler Viktor Rossi, posiert fuer den Fotografen, am Freitag, 3. November 2023, im Bundehaus West, in Bern. Vizekanzler Viktor Rossi will Nachfolger von Bundeskanzler Walter Thurnherr werden. Die GLP-Fraktion hat ihn zum Kandidaten nominiert. Bundeskanzler Walter Thurnherr (Mitte) kuendigte Mitte August seinen Ruecktritt an. Seine Nachfolge wird am 13. Dezember geregelt - am gleichen Tag waehlt das Parlament den Bundesrat neu und bestimmt die Nachfolge von Alain Berset. (KEYSTONE/Anthony Anex)

Rossi ist gelernter Koch und Handelslehrer und hat später eine Berufsschule geleitet. Seit 2010 ist er in der Bundeskanzlei tätig, seit 2019 als Vizekanzler. Er sieht sich als Garant für Kontinuität in der Bundeskanzlei und möchte die Digitalisierung der Verwaltung «konsequent vorantreiben». Als Sohn zugewanderter Saisonniers besitzt er sowohl den Schweizer als auch den italienischen Pass.

Rossi kann wohl vor allem in der politischen Mitte punkten. Ganz links und ganz rechts dürfte er es schwieriger haben. Dies könnte die Chance von Lukas Gresch sein, der keiner Partei angehört und erst vor wenigen Tagen seine Kandidatur bekannt gegeben hat. Seit 2020 ist er Generalsekretär des Innendepartements von Alain Berset (SP). Zuvor leitete Gresch das Sekretariat der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs), arbeitete als Referent für Joseph Deiss und Doris Leuthard und war acht Jahre lang Staatsschreiber des Kantons Luzern.

Der Generalsekretaer des Eidgenoessischen Departements des Innern EDI, Lukas Gresch-Brunner, am Freitag, 8. Mai 2020 in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

Entsprechend darf Gresch auf Unterstützung aus der Zentralschweiz und von Befürwortern der europäischen Integration hoffen. Gegner wiederum machen darauf aufmerksam, Gresch könnte befangen sein, wenn er als Bundeskanzler die Antwort der Landesregierung zum Geschäftsprüfungsbericht zu den Corona-Leaks verantwortet. Fokussiert doch der Bericht aufs Innendepartement, wo Gresch jetzt führend tätig ist.

Seine Parteilosigkeit wird – je nachdem, wen man fragt – sowohl als Vor- als auch als Nachteil gesehen. Die Mitte, der Gresch eigentlich nahesteht, will ihn nicht einmal zu einem Hearing einladen. Andere finden, wenn der Kanzler keine Bundesratspartei vertrete, könne er auch gleich parteilos sein. Wer am Ende obsiegt, wird sich erst am 13. Dezember zeigen.