WädenswilDas Lieblingsbuch als Lackmustest
Eine berührende Diskussion über persönliche Buchfavoriten fand im Rosenmattsaal statt. Drei Gäste teilten an dem Anlass der Lesegesellschaft Wädenswil ihre Eindrücke.
![Die Diskussion über die Lieblingsbücher der drei Gäste war berührend und professionell.](https://cdn.unitycms.io/images/BMSwboCEabUAOF6iWZZu28.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=czG_RqO_5-A)
Es war, als würden unlängst im Rosenmattsaal drei Freunde beisammensitzen, die sich zum Austausch über ihre Lieblingsbücher treffen. Doch die drei Gäste der Lesegesellschaft Wädenswil sassen vor einem Publikum, das genau hinhörte, was Esther Girsberger, Stephan Klapproth und Reto Kohler zu erzählen hatten. Es war berührend und professionell zugleich, wie die drei «Freunde » über ihre mitgebrachten Texte diskutierten.
Eigene Verbindung
Jeder von ihnen hatte eine persönliche Beziehung zum Buch, das er oder sie mitgebracht hatte. So steht die SRF-Ombuds- und Medienfrau Girsberger in einer Wechselbeziehung zu Sophokles‘ Antigone. Während sie die antike Heldin zu Gymizeiten noch bewundert hatte, weckt die Tragödie heute andere Gefühle. «Heute nervt mich Antigone manchmal. Wieso muss sie dermassen ins Extreme gehen? Wieso ist sie so gar nicht kompromissbereit», fragte sich Girsberger nach abermaligem Lesen.
Auch Reto Kohler beschäftigt sich seit Jahren mit seinem Lieblingsbuch. «Der Fremde» von Albert Camus löste vieles im Journalisten aus. Als er den Text zum ersten Mal in seinem Leben las, konnte er kaum mehr aus dem Haus gehen. Das ist viele Jahre her und heute sieht auch Kohler den Text mit anderen Augen.
Stephan Klapproths literarisches Mitbringsel war von Max Frisch und lautete «Montauk». Der Text gab zu reden. Die drei Gäste auf dem Podium der Lesegesellschaft Wädenswil waren sich uneinig, wie zeitgemäss die Haltung Frischs heute noch ist. Vom grossen Literaten bis zum – mit Verlaub – «Kotzbrocken» war so etwa alles dabei.
Lesen als Gradmesser
Einmal mehr zeigte diese lebendige Art von Literaturbesprechung, die in dieser Form zum sechsten Mal durchgeführt wurde, dass Lesen universelle Wahrheiten zutage fördert und wie wichtig es ist, dass sich Menschen für Menschen interessieren. Der frühere SRF-Moderator und heutige Mediendozent Stephan Klapproth brachte es an diesem Vormittag auf den Punkt: «Lesen ist der Lackmustest für den Wert des Lebens.»
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