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Videobeweis kommt in der Schweiz ohne Torlinientechnik

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Wer den Videobeweis aus der Bundesliga oder von der Weltmeisterschaft kennt, könnte im kommenden Sommer enttäuscht werden. Zwar hält ab der kommenden Saison auch in der Schweizer Super League der Video Assistant Referee (VAR) Einzug. Aber die Schweizer verzichten aus finanziellen Gründen vorerst darauf, auch eine Torlinientechnnik oder virtuelle Abseitslinien einzuführen. «Wir wissen, dass wir noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht haben», sagt Liga-Präsident Heinrich Schifferle, «aber wir ziehen die Fahne jetzt mal auf.»

Schon jetzt sind die Kosten für die verhältnismässig kleine Schweizer Liga beachtlich. Nach der Testphase, die 1,5 Millionen Franken kostet, wird derselbe Betrag für den laufenden Betrieb fällig – pro Saison. Wird die Testphase vom Schweizerischen Fussballverband bezahlt, liegt die Finanzierung ab Einführung bei der Liga. Damit steigen die bisherigen Schiedsrichterkosten von 2,5 Millionen Franken pro Saison auf 4 Millionen an. Jeden der zehn Clubs in der höchsten Schweizer Liga kostet der Videobeweis also 150'000 Franken. Trotzdem sagt Schifferle: «Die Clubs sind begeistert.»

Den Anschluss nicht verlieren

Daniel Wermelinger, der Verantwortliche des Ressort Schiedsrichter beim Schweizerischen Fussballverband (SFV) ist der klaren Überzeugung: «Der Einsatz des Video-Schiedsrichters macht den Fussball korrekter. Es kann nicht mehr sein, dass der Zuschauer zu Hause vor dem Fernseher sieht, dass hier ein Fehler passiert ist, nur der Schiedsrichter im Stadion sieht es nicht.»

Zudem geht es auch darum, die Schweizer Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter «international marktfähig» zu halten, wie es Liga-Präsident Schifferle ausdrückt. «Wir können nur gute Schiedsrichter haben, wenn sie international tätig sind. International können sie nur pfeifen, wenn sie das VAR-System kennen.»

Über die Einführung des VAR war bereits vergangenen November abgestimmt worden. 18 von 20 Clubs der beiden höchsten Ligen hatten sich für eine Einführung ausgesprochen. Seitdem ist viel geschehen. Zur Zeit befindet man sich in der Trainingsphase, für die eigens 120 Spiele mit technischer Infrastruktur organisiert werden müssen.

Klar definierte Regeln

Zuvor sind die insgesamt 18 Video-Schiedsrichter und 10 Video-Assistenten, bei denen es sich um aktive oder zurückgetretene Spielleiter und Linienrichter handelt, über mehrere Monate theoretisch geschult worden. Dabei ist jeder einzelne Schritt der kompletten Vorbereitungsphase von den Schirmherren der Fussballregeln, dem International Football Association Board (Ifab), klar definiert. Im Juli muss der Schweiz von diesem Gremium die Bewilligung für den Einsatz des VAR erteilt werden.

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Video: Hellmut Krug im Interview zur Einführung des Videobeweis

Der Projektleiter Schiedsrichter VAR sagt, dass man zuversichtlich sei, ab nächster Saison in der Super League mit Hilfe des Video Assistent Referee Spiele zu leiten.(Video: Tamedia)

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Der eigens für das Projekt in einem Mandatsverhältnis angestellte Deutsche Hellmut Krug ist zuversichtlich, dass Verband und Liga bis dahin alle Auflagen erfüllt haben werden. Dazu muss in jedem Stadion der Super-League-Clubs ein Spiel über 90 Minuten mit voller Kamera-Abdeckung stattfinden.

Das Herzstück der technischen Infrastruktur bildet der Video Operation Room (VOR), in dem ein Video-Schiedsrichter und sein Assistent sowie ein Operator zur technischen Unterstützung arbeiten. Dabei ist der Eingriff des VAR gemäss dem Ifab für vier Situationen klar geregelt:

  1. Bei Toren: Ging dem Tor ein unmittelbarer Regelverstoss der angreifenden Mannschaft voraus?

  2. Bei Penalty-Szenen: Nicht oder falsch geahndete Vergehen.

  3. Bei möglichen Platzverweisen: Nicht oder falsch geahndete Vergehen.

  4. Bei Spielerverwechslungen: Gelbe oder Rote Karte für den falschen Spieler.

Kameratechnisch am unteren Limit

Auch wenn durch das Reglement des Ifab der Eingriff das VAR deutlich definiert scheint, Wermelinger ist sich sicher: «Wir werden Diskussionen haben. Wir werden diskutieren, hätte der VAR hier eingreifen müssen oder nicht. Und es liegt in der Natur der Sache, dass die Sicht je nach Verein eine andere sein wird. Aber so ist der Fussball.»

In der Schweiz kann für die Betrachtung und Analyse der Szenen im Vergleich zur Bundesliga auf deutlich weniger Kameras zugegriffen werden. Während in Deutschland in den Stadien zwischen 19 und 21 verschiedene Perspektiven zur Auswahl stehen, sind es in der Schweiz nur 6 bis 10. Damit befindet man sich zwar über der vom Ifab vorgeschriebenen Mindestanzahl von vier Kameras. Das Schweizer Projektteam ist sich aber bewusst, damit am unteren Limit zu fahren. Im Gespräch gibt sich Krug trotzdem überzeugt, dass die Anzahl an Kameras reichen wird. Ändern könnte sich deren Anzahl erst in zwei Jahren, wenn die Liga einen neuen TV-Vertrag aushandelt.