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Meinung

Kolumne «Dorfgeflüster»
Via Speerstrasse nach Madagaskar

Darüber spricht das Dorf.
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In Wädenswil ist kürzlich ein Tanrek ausgebüxt. Ein was? Ein Tanrek ist ein nachtaktives Säugetier, es passt in eine Handfläche und gleicht dem heimischen Igel.

In der Nähe des Schulhauses Gerberacher hat sich der Säuger in einem Garten verirrt, was seiner Flucht ein vorläufiges Ende setzte. Es ist davon auszugehen, dass er sich auf dem Weg in sein Herkunftsland befand: Madagaskar. Während es in Wädenswil unablässig regnet und hagelt, scheint in Antananarivo, der Hauptstadt der Insel im Indischen Ozean, nämlich die Sonne bei angenehmen 22 Grad – und da ist jetzt Winter!

Der Wädenswiler Tanrek ist zutraulich und an Menschen gewöhnt. Wer ihn vermisst, findet auf Facebook die nötigen Kontakte.

Wahrscheinlich ist, dass das Tier seine Zwangsheimat südwärts die Speerstrasse entlang verlassen wollte und dann falsch abgebogen ist. Wäre alles glatt gelaufen, hätte es mittlerweile wohl bereits die Ortsgrenze passiert, den süssen Duft der Freiheit im spitzen Näschen. Der Weg nach Antananarivo wäre zwar noch lang – rund 10’000 Kilometer –, aber das ist nur ein Hindernis, wenn man sich dessen bewusst ist.

Die Heimkehr hätte auf folgender Route verlaufen können: via Vaduz durch Kärnten ins slowenische Maribor, von da nach Belgrad, Sofia und Istanbul. Nach der Türkei-Traverse wäre es die syrische Küste entlang in Richtung Tripoli im Libanon, Tel Aviv und Gazastreifen weitergegangen.

Die Suezkanal-Brücke hinter sich, hätte der Tanrek bald Kairo erreicht und wäre den Nil entlang via Luxor an den Nassersee getrippelt. Einige Hundert Kilometer südlich hätte er den Abzweiger nach Addis Abeba genommen – ausser er hätte ihn verpasst, wie damals den an der Speerstrasse –, und von dort wäre Kenia nicht mehr weit gewesen.

Im Hafen von Mombasa wäre noch eine mehrwöchige Fahrt mit einem Frachtschiff zwischen dem Tanrek und seiner Heimatinsel gelegen. Eine verlässliche Fähre verkehrt da nämlich nicht – und vielleicht wäre das der Moment gewesen, in dem der Winzling den Zürichsee zum ersten Mal vermisst hätte.