Attacke auf Hortkinder in ZürichEr schrieb: «Ich liebe dich genauso wie die Partei und das Land», dann zog er los
Die drei am Dienstag von einem chinesischen Studenten angegriffenen 5-Jährigen sind ausser Lebensgefahr. Der Angreifer hat die Tat gestanden. Kurz davor hatte er kryptische Nachrichten veröffentlicht.
- Ein 23-jähriger Chinese hat am Dienstag in Zürich-Oerlikon drei Kinder mit einer Stichwaffe verletzt.
- Die Kinder sind ausser Lebensgefahr.
- Der Täter ist geständig, das Tatmotiv ist unklar, die Ermittlungen dazu laufen noch.
Am Berninaplatz sind am Mittwoch Gruppen von Kindergartenkindern mit ihren Betreuungspersonen unterwegs. Im nahe gelegenen Schulhaus läuft der Unterricht. Am Tag nach dem Angriff eines 23-jährigen Chinesen auf eine Gruppe Kinder kehrt so etwas wie Normalität ein.
Doch die Tat vom Vortag ist noch allgegenwärtig. Bleibt unbegreiflich, das Motiv des Täters unklar.
Nur Minuten vor dem Angriff veröffentlichte der Student auf seinem Instagram-Profil einen längeren konfusen Text, der von flammendem Nationalismus und seiner Liebe zu einer Frau handelt. Die Zuneigung zur Frau vergleicht er mit seiner Liebe zu China: «Ich liebe dich genauso wie meine Partei und das Land. Ich vermisse mein Mutterland und dich. Du bist die süsseste und beste Sekretärin der Kommunistischen Jugendliga, die ich je gesehen habe.»
Mitstudentin als Prostituierte betitelt
Die Nachricht, die «Zueritoday» als Erstes öffentlich machte, war anscheinend an eine verflossene Liebe gerichtet: Detailliert fantasiert der Mann von intimen Begegnungen mit der Kommilitonin, mit der er an einer chinesischen Universität studierte. Zudem beschreibt er mutmasslich reale, platonische Begegnungen mit ihr. Sich selbst beschreibt er als sanftmütige Person.
Zum Schluss des Textes ändert sich der Ton, der Mann lässt durchscheinen, dass er bei vielen Prostituierten war, und gibt der Frau zu verstehen, dass er sie für eine solche halte.
Wie die Oberstaatsanwaltschaft Zürich am Mittwoch mitteilte, ist der Mann geständig. Über ein mögliches Motiv des Täters gaben die Ermittlungsbehörden aber keine Auskunft. Dafür teilten sie mit, dass alle drei verletzten Kinder ausser Lebensgefahr sind.
Student wollte bis 2026 in Zürich bleiben
Die Behörden bestätigen zudem, dass der Täter in Zürich studiert. Er sei im Sommer 2023 nach Zürich gekommen. Gemäss seinen Social-Media-Profilen war der 23-Jährige für ein Masterstudium in Computerlinguistik an der Universität Zürich eingeschrieben. Er war kein Austauschstudent, sondern hatte vor, bis im Jahr 2026 in Zürich zu bleiben. Der Mann stammt aus einer Metropole im Südwesten von China. Im Sommer 2023 schloss er das Bachelor-Studium an einer chinesischen Universität ab.
In Oerlikon lebte er nur wenige Meter vom Tatort entfernt allein in einer Einzimmerwohnung des Studentenwohnnetzes Juwo. Im Haus war er weitgehend unbekannt. Eine Bewohnerin sagt gegenüber dieser Redaktion, dass die Menschen im grossen Wohnblock allgemein anonym lebten. «Man hat wenig Kontakt zueinander.»
Attacke stösst in China auf Empörung
Die Attacke in Zürich schlägt derweil Wellen bis in die sozialen Medien in China. Auf dem chinesischen Portal Weibo zeigen sich viele Userinnen und User empört über den Vorfall. Ebenso wurde der Name des Täters auf der Plattform veröffentlicht. Seither wird der Instagram-Kanal des Täters mit negativen Kommentaren überhäuft.
In der chinesischen Onlinecommunity wird der Angriff mit den Messerattacken auf Kinder in China verglichen, die in den letzten Jahren gehäuft vorkamen. «In Shenzhen wurden japanische Kinder getötet. In einem Supermarkt in Shanghai wurden drei Menschen getötet und achtzehn verletzt. Was ist mit den Chinesen geschehen?», heisst es in einem vielfach gelikten Kommentar auf Weibo.
Chinas Regierung erklärte die Attacken auf Schulkinder in der Vergangenheit mit zugrunde liegenden «sozialen Spannungen». Die BBC zitierte Experten, wonach die Täter – es handle sich fast immer um Männer – Wut und Groll gegenüber der Gesellschaft hegten, zu der sie sich aber nicht zugehörig fühlten. Indem sie ein möglichst empörendes und gewalttätiges Verbrechen begehen, wollten sie sich selbst berühmt machen und der Gesellschaft Schmerz und Leid zufügen.
Eltern bringen Kinder zur Schule
Die Anwohnerinnen und Anwohner des Quartiers in Oerlikon bemühen sich derweil um Normalität. «Einige Eltern haben sich zusammengeschlossen und die Kinder zur Schule begleitet und auch wieder abgeholt», berichtet ein Elternteil eines Kindes, das in der Nähe des Tatorts zur Schule geht.
In der Schule seien Leute vor Ort gewesen, die sich um die Kinder gekümmert hätten und mit denen diese hätten sprechen können – so sie denn das Bedürfnis hatten. «Rational wissen die Kinder zwar, dass ihnen keine Gefahr mehr droht, dennoch sind viele nach wie vor verunsichert», berichtet der Elternteil.
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