Attacke auf Hortkinder in ZürichChinesischer Student sticht auf 5-Jährige ein – Schulvorsteher: «Einfach schrecklich!»
Ein 23-Jähriger hat in Zürich-Oerlikon eine Gruppe Kinder angegriffen und sie zum Teil schwer verletzt. Eine Hortmitarbeiterin half mit, den Täter zu überwältigen. Eltern und Schulkinder sind tief verunsichert.
- Ein 23-jähriger Chinese verletzte am Dienstag in Zürich-Oerlikon drei Kinder mit einer Stichwaffe.
- Eine Hortmitarbeiterin überwältigte den Täter, der widerstandslos festgenommen werden konnte.
- Der genaue Gesundheitszustand der verletzten Kinder ist derzeit unbekannt.
- Das Tatmotiv ist unklar, die Ermittlungen dazu laufen noch.
Dienstagmittag, am ruhigen Berninaplatz spielen sich chaotische Szenen ab: Ein junger Mann greift auf der Strasse vor seinem Wohnort mit einer Stichwaffe wie aus dem Nichts eine Kindergruppe an, die gerade auf dem Weg vom Kindergarten in den nahe gelegenen städtischen Hort ist. Drei Kinder werden verletzt. Die Hortmitarbeiterin handelt geistesgegenwärtig und überwältigt den Angreifer. Ein Passant eilt sogleich zur Hilfe.
Schulkinder beobachten das Geschehen ebenfalls und suchen in der gegenüberliegenden Siedlung Hilfe. Dieses Bild ergibt sich aus Erzählungen von Anwohnenden und Mitteilungen der Polizei.
Drei Kinder wurden hospitalisiert
Wie die Behörden am frühen Nachmittag mitteilen, wurde ein Knabe bei dem Angriff schwer verletzt, zwei weitere mittelschwer. Die drei Kinder sind alle 5 Jahre alt. Sie wurden umgehend vor Ort medizinisch versorgt – teilweise von herbeigeeilten Anwohnenden – und anschliessend hospitalisiert. Zum detaillierten gesundheitlichen Zustand der verletzten Kinder machten die Behörden am Dienstag keine weiteren Angaben.
Die Polizei rückte mit einem Grossaufgebot an Einsatzfahrzeugen zum Tatort an der Berninastrasse aus. Weil die Lage zunächst unklar war, wurde auch die Interventionseinheit Skorpion beigezogen. Für eine umfassende Spurensicherung wurden Spezialisten des Forensischen Instituts Zürich sowie des Instituts für Rechtsmedizin aufgeboten.
Der mutmassliche Täter, ein 23-jähriger Chinese, konnte widerstandslos festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht werden. Über das Motiv des Täters macht die Polizei keine Angaben. «Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Einzeltäter handelt», sagt die Sprecherin der Stadtpolizei, Judith Hödl, auf Anfrage. Dem Vernehmen nach handelt es sich beim 23-Jährigen um einen Studenten der Universität Zürich.
Dafür spricht auch, dass die Polizei am Dienstagnachmittag eine Wohnung in der Nähe des Tatorts durchsuchte. Gemäss Aussagen von Anwohnern soll der Täter dort wohnhaft gewesen sein. Im besagten Haus befinden sich studentische Wohnungen. Bekannt war der Täter dort aber offenbar kaum. Mehrere dort wohnhafte Studenten gaben an, den Mann nur vom Sehen zu kennen. Die Polizei gibt derweil keine Auskünfte zur Hausdurchsuchung.
Schule informierte Eltern mehrfach
Das Gebiet zwischen Bernina-, Oerlikoner-, Schaffhauser- und Mimosenstrasse war am Dienstagnachmittag für mehrere Stunden grossräumig abgesperrt. Anwohnende konnten nur mit Polizeibegleitung zu ihren Häusern.
In unmittelbarer Nähe des Tatorts befindet sich auch eine Primarschule. Entsprechend gross war die Verunsicherung bei Schülern und deren Elternschaft. «Das Grundvertrauen der Kinder wurde erschüttert», sagt eine Mutter. Wie sie weiter berichtet, hat die Schule um 14.30 Uhr zum ersten Mal über die Attacke informiert. Entwarnung gab, dass gemäss der Mitteilung die Eltern der betroffenen Kinder bereits verständigt waren.
Zehn Minuten später schrieb die Schule in einer zweiten Mitteilung, dass der Täter gefasst sei und keine Gefahr mehr bestehe. Diese Nachricht sei für die Schulkinder enorm wichtig gewesen, sagt die Mutter. Derweil kümmern sich vor Ort Careteams um die Kinder und deren Eltern. Auch die Hortmitarbeiterin wurde betreut und von der Polizei als Zeugin befragt.
Am Abend teilte die Schule der Elternschaft mit, dass auch am Mittwoch noch Careteams bereitstehen. Schulkreispräsidentin Vera Lang wird zudem vor Ort präsent sein. Der Unterricht und auch die Betreuung der Kinder im Hort fänden indes wie gewohnt statt.
Leutenegger: «Hortmitarbeiterin verdient grössten Respekt»
Die Attacke in Oerlikon beschäftigt auch den Vorsteher des Zürcher Schul- und Sportdepartements, Filippo Leutenegger (FDP): Es sei das passiert, von dem man hoffe, dass es nie passieren würde, sagt er auf Anfrage. «Es ist schrecklich, einfach schrecklich.»
Dass jemand unschuldige Kinder angreife, sei unglaublich. Er hoffe das Beste für die verletzten Kinder, deren Eltern und das betroffene Schulpersonal. «Wir stehen ihnen bei», sagt der Schulvorsteher.
Sehr beeindruckt zeigte sich Leutenegger von der Hortmitarbeiterin, die den Angreifer mithilfe eines Mannes überwältigen und festhalten konnte. «Das verdient grössten Respekt und Dankbarkeit», sagt Leutenegger.
Messerattacken gegen Kinder häufen sich
Zum Motiv des mutmasslichen Einzeltäters geben die Behörden nichts bekannt. Bei den Ermittlungen dürfte aber auch in Betracht gezogen werden, dass Messerattacken gegen Schulkinder in China in den vergangenen Jahren gehäuft vorkommen. Dabei spielte in einigen Fällen Fremdenfeindlichkeit eine Rolle. Die NZZ zählte 34 Attacken gegen Kinder seit 2010, 17 davon in den vergangenen fünf Jahren. Grundlagen für die Zahlen sind Medienberichte.
Im Sommer 2023 sind bei einem Angriff auf eine Grundschule im amerikanischen Nashville sechs Menschen getötet worden. Auch in Europa kam es im laufenden Jahr zu mehreren tödlichen Messerattacken. Besonders gravierend war ein Angriff im Juli dieses Jahres, bei dem ein jugendlicher Täter in Southport im Norden Englands auf mehrere Mädchen in einem Tanzkurs einstach. Drei Mädchen starben.
Für Angehörige hat die Polizei eine Hotline eingerichtet: 044 411 71 17.
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