Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Von Kopf bis Fuss: Diäten in Krisenzeiten
Vergessen Sie die Corona-Kilos

Gesundheit wiegt derzeit mehr als der Body-Mass-Index: Daher können wir Genuss in Massen derzeit gut gebrauchen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Kürzlich las ich in einem Magazin den Titel «Kampf gegen die Corona-Kilos.» Da wusste ich: Jetzt hat die mediale Dummheit einen weiteren Höhepunkt erreicht. Ehrlich gesagt, war ich an diesem Tag etwas voreingenommen. Mein Schwager war kurz zuvor mit einer schweren Lungenentzündung ins Spital eingeliefert worden; sie war die Folge seiner Covid-Infizierung.

Einmal mehr wurde mir klar, dass es noch immer viel zu viele Menschen gibt, die den Ernst der Situation nicht einschätzen können oder wollen. Oder die mit einer dümmlichen Schlagzeile Aufmerksamkeit erregen möchten. Denn es ist ja ein geflügeltes Wort: Diäten lassen sich immer verkaufen. Und die Tatsache, dass viele von uns in den letzten schwierigen Monaten gewichtsmässig etwas zugelegt haben, berechtigt scheinbar zu dieser Aufforderung.

Wenn mich das eine Glas Wein am Abend entspannt, ist das doch etwas wunderbar Gutes in dieser Zeit.

Ich bin der Meinung, dass, wer in diesen Zeiten noch die Energie hat, sich um ein paar Kilos zu viel zu ärgern, froh sein kann, keine anderen Sorgen zu haben. Das habe ich kürzlich einer Freundin gesagt, die darüber klagte, dass sie ihre Lieblingsjeans nicht mehr zubringe, weil sie neuerdings jeden Abend mit ihrem Freund ein üppiges Nachtessen geniesse, inklusive ein bis zwei Gläsern Wein. «Dann zieh doch einfach deine Jogginghose an; sieht im Homeoffice eh niemand», sagte ich ihr. Ich weiss, das war wenig empathisch, aber dafür ehrlich.

Seien Sie nachsichtig mit sich

Es ist mir bewusst, dass ein ungutes Körpergefühl, das mit einer Gewichtszunahme einhergeht, negative Auswirkungen auf die Psyche haben kann. Wenn man merkt, dass der Hosenbund übermässig kneift, und die Taille Speckfalten wirft, macht das keine Freude. Aber man könnte in solchen Situationen ja auch etwas nachsichtiger mit sich selber sein. Denn wenn mir das sogenannte Comfortfood guttut und mich das eine Glas Wein am Abend entspannt, ist das doch etwas wunderbar Gutes in dieser Zeit. Und ich schreibe hier nicht von Mengen von Fastfood und Alkohol, sondern von bewusstem Genuss.

Ich muss mich auch nicht verurteilen, wenn ich das Gym momentan nur von aussen sehe, sondern lieber regelmässig meine Runden im Park drehe. Ja, der einstündige Spaziergang verbrennt zwar weniger Kalorien als die schweisstreibenden Übungen an der Beinpresse, dafür gibt mir die Natur mehr seelische Energie und tut mir auch gut, wie ich hier geschrieben habe. Und schliesslich haben wir Winter, und wenn hoffentlich im nächsten Frühling der Corona-Spuk endlich vorbei sein wird, kann man bei Bedarf ja wieder zum Bodytuning übergehen.

Disziplin versus Laissez-faire

Bei aller Nachsicht mit sich selber: Es gibt durchaus «Gefahren», die mit der jetzigen Lebensweise einhergehen. Jedenfalls in meinem Leben. Da ich Risikopatientin bin, habe ich meine sozialen Kontakte auf ein Minimum heruntergefahren. Berufliche Meetings, Interviews usw. halte ich virtuell ab. Und je länger diese Phase dauert, desto öfter trage ich meinen geliebten Schlabberlook.

Ich bewundere Menschen wie meinen Freund Walter, der jeden Tag um Punkt halb neun Uhr im Bürooutfit an seinem Computer sitzt. Für ihn gibt es keinen Unterschied, ob er im Büro arbeitet oder von zu Hause aus. Denn nur mit einer gewissen Disziplin schaffe er es, nicht aus seinem gewohnten Arbeitsrhythmus zu fallen. Für ihn gibt es in dieser Zeit keine harmlosen Versuchungen wie den regelmässigen Gang zum Kühlschrank, das Checken von privaten Nachrichten oder das Surfen im Internet. Wenn er seine Frau, die auch im Homeoffice in einem anderen Raum arbeitet, zufällig bei der Kaffeemaschine trifft, gebe es keine langen persönlichen Gespräche. Die führt das Paar bei den gemeinsamen Mahlzeiten am Mittag oder am Abend.

Fertig mit dem Schlabberlook!

Kürzlich hatte ich ein Erlebnis, das mir zeigte, dass mein ganz persönliches Laissez-faire eine Grenze erreicht hat. Ich nahm am Vormittag an einer virtuellen Pressekonferenz eines Beautyunternehmens teil. Kurz vor dem Beginn des Zoom-Meetings tauchten die teilnehmenden Journalistinnen, eine nach der anderen, auf meinem Bildschirm auf. Und ausnahmslos alle waren gestylt und geschminkt, jedenfalls soweit ich das bei der nicht so tollen Bildqualität erkennen konnte. Und da wurde mir bewusst, dass ich noch in meinem verwaschenen Trainingsanzug steckte, die Haare noch feucht und das Gesicht frei von jeglicher Schminke. Und natürlich sass ich auch nicht an meinem Schreibtisch, sondern ganz bequem hingelümmelt auf meiner Couch. So konnte es nicht weitergehen!

Glücklicherweise nahmen Dutzende von Presseleuten an diesem Meeting teil, da fiel es nicht auf, dass ich mich nach kurzer Zeit davonschlich, um mich etwas aufzuhübschen. In der Folge entschloss ich mich, im Homeoffice etwas mehr Disziplin walten zu lassen und meinen Schlabberlook abzulegen. Eine Diät mache ich allerdings nicht. Ich empfinde es als Privileg, dass ich keine grösseren Sorgen als diese drei Kilos zu viel habe.

Weitere interessante «Von Kopf bis Fuss»-Beiträge:
Mein Corona-Frust
Mehr Energie dank Dopamin
So gesund sind Marroni