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Vorwürfe aus Chile
Entführt und einbetoniert: Hat Maduro einen Oppositionellen ermorden lassen?

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In Kürze:
  • Ronald Ojeda wurde in Chile ermordet, mutmasslich auf Maduros Anweisung.
  • Chiles Behörden ermitteln gegen 19 Personen im Mordfall Ojeda.
  • Der Tren de Aragua soll den Mord im Auftrag Venezuelas ausgeführt haben.
  • Maduro bestreitet die Vorwürfe und sucht internationale Anerkennung.

Kurz nach 3 Uhr morgens reissen Männer in schwarzer Einsatzkleidung eine Wohnungstür mit einem Rammbock auf. Drei Männer stürmen herein. Sie halten einen Mann, nur in einer blauen Unterhose bekleidet, mit ihren Pistolen in Schach. Vor seiner Frau und seinem kleinen Sohn zerren sie ihn fort. Sicherheitskameras haben den Vorgang aufgenommen, der sich vor einem Jahr in einem Vorort von Chiles Hauptstadt Santiago abspielte.

Bei dem Mann handelt es sich um Ronald Ojeda, einen venezolanischen Dissidenten. Von Chile aus plante er Operationen, um Venezuelas Diktator Nicolás Maduro zu stürzen.

Schon während der Entführung fiel Ojedas Frau auf, dass mindestens einer der Männer einen venezolanischen Akzent hatte, das berichtete die «New York Times». Waren es wirklich chilenische Polizisten, die ihren Mann überwältigten? Neun Tage später erhielt die Polizei einen schauderhaften Hinweis. Sie fand einen Koffer, eingegraben unter einer ein Meter dicken Betonschicht. Darin: die Leiche Ojedas. Eine Szene wie aus einem Mafiafilm.

Ein Jahr danach kommen Chiles Behörden zu einem brisanten Befund. Die Ermittlungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Regierung von Nicolás Maduro die Ermordung in Auftrag gegeben hat.

Maduros Taktik erinnert an Wladimir Putin

Dass der Diktator Maduro Oppositionelle im eigenen Land wegsperren und verschwinden lässt, ist bekannt. Doch ein Auftragsmord im Ausland wäre eine andere Stufe. Der Fall erinnert entfernt an den Tiergartenmord. Damals liess Wladimir Putin mitten in Berlin einen Tschetschenen erschiessen. Maduro selber bestreitet jede Beteiligung am Mord in Chile.

Chiles Ermittler wollen insgesamt 19 Personen den Prozess machen, die mutmasslich bei Ojedas Entführung und späterer Ermordung beteiligt waren. Die meisten Beschuldigten sollen dem chilenischen Zweig des Tren de Aragua angehören, einer kriminellen venezolanischen Organisation.

Die chilenische Innenministerin Carolina Tohá sagte, drei der Beschuldigten hätten ausgesagt, die venezolanische Regierung habe den Tren de Aragua mit Ojedas Ermordung beauftragt. Eine Person sagte, der entscheidende Befehl sei von Venezuelas Innenminister Diosdado Cabello gekommen.

Diosdado Cabello, Abgeordneter der Nationalversammlung, wartet in Caracas auf die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl am 28. Juli 2024. Im Vordergrund trägt er eine Jacke in venezolanischen Farben. (Foto von JUAN BARRETO / AFP)

Für Cabello war die Anschuldigung ein Anlass zum Scherzen. Venezuelas Regierung sei «unfähig, ein solches Verbrechen zu begehen». Darüber mag in Venezuela kaum jemand lachen. Innenminister Cabello ist verantwortlich für den brutalen wie effektiven Sicherheitsapparat in Venezuela. Wer sich kritisch äussert, wird teilweise innert weniger Stunden verhaftet.

Die «New York Times» zitiert Gerichtsdokumente, gemäss denen die Operation von der venezolanischen Botschaft in Santiago aus geplant wurde. Telefongespräche belegen, dass ein Boss der Bande in Chile für die Entführung und Ermordung Ojedas bezahlt wurde. Die Bande beschaffte Polizeiuniformen, Waffen und Fahrzeuge.

Am 21. Februar 2024 kamen fünf als Polizisten verkleidete Männer der Bande bei Ojedas Gebäude an. Einer blieb im Auto, einer zeigte dem Pförtner einen gefälschten Haftbefehl, die anderen drei entführten Ojeda.

Maduro sucht internationale Anerkennung

Die Affäre bringt Maduro noch mehr in Bedrängnis. Nach seinem offensichtlichen Wahlbetrug im vergangenen August kämpft er um internationale Anerkennung. Um den neuen US-Präsidenten Donald Trump milde zu stimmen, lässt er Ausschaffungsflüge aus den USA mit kriminellen Migranten in Venezuela landen.

Venezuelas Präsident Nicolas Maduro gestikuliert beim Verlassen des Capitolio nach der Amtseinführung in Caracas am 10. Januar 2025.

Die bittere Ironie: Bei den Migranten handelt es sich grösstenteils um Mitglieder von Tren de Aragua. Von der Organisation, mit der Maduro jetzt in Chile zusammengearbeitet haben soll. Aber solche Details kümmern einen Diktator nicht. Maduro sprach zuletzt von einem «Neustart» bei den Beziehungen mit den USA.

Zumindest in der Region wird der Fall Ojeda aber nicht so schnell vergessen sein. Chiles Innenministerin Carolina Tohá wirft der Regierung Maduro vor, mit dem Auftragsmord Oppositionelle einschüchtern zu wollen. Sie spricht offen über die Möglichkeit, den Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten.