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Die grosse Velofahrer-Typologie
Von der Berglerin zum Hasardeur: Zu welchen dieser 12 Typen von Pedaleuren gehören Sie?

Teilnehmer der Critical Mass Fahrradveranstaltung fahren am 27. August 2021 durch Zürich; im Hintergrund historische Gebäude und Kirchtürme sichtbar.
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Wer Velo fährt, ist unterwegs zu sich selbst – oder einfach zum nächsten Café. Zum Frühlingsbeginn hängen wir uns ans Hinterrad von allen möglichen Velomenschen und kommen so auch ihren Eigenheiten und Accessoires auf die Spur. Finden Sie heraus, welcher Typ Sie sind, vom Tour-Träumer bis zur Drahteselin.

Der Bergler

Zwei Radfahrer, ein Paar, schieben Fahrräder entlang eines Flussufers und geniessen die gemeinsame Zeit in einer ländlichen Umgebung.

Sie tauchen häufig am Wochenende auf, oft samstags oder sonntags spätnachmittags bis abends. Meist sind es Pärchen, entweder Freunde oder Liebespartner. Oft geht die Freundschaft oder Liebe so weit, dass sie ähnliche Kleidung tragen, knallenge schwarze Hosen und auffallend eng anliegende und farbige (Neon!-)Oberteile.

Sie fahren flanierend nebeneinander im Schritttempo, das meiste wurde ja am Berg geschafft. Sie nerven also andere Verkehrsteilnehmer, haben daher eine Nähe zu Trottoir- oder Sonntagsfahrern (siehe unten). Trotzdem begutachten sie andere Radfahrerinnen von ihren hochgerüsteten Gravel- oder Mountainbikes abschätzig. Gerade Publibike-Fahrer (siehe unten) können sie nicht ausstehen. Wenn diese es wagen, die Bergler zu überholen – Gotteslästerung!

Accessoire: atmungsaktive Kleidung, matschverziert

Die E-Bikerin

Ein Pärchen sitzt vor einem historischen Gebäude in der Hamburger Speicherstadt, umgeben von E-Bikes.

Um diesen Typus zu erfassen, müssen wir kurz philosophisch werden. Beim normalen Velo wird die Maschine Teil des Körpers und umgekehrt. Beim E-Bike wiederum interagiert man mit einem System, wird zum Co-Piloten. Um mit Martin Heidegger zu sprechen: «Lässt uns Technik noch im Sein verweilen, oder entreisst sie uns das Eigentliche?» Und auch wenn sich E-Biker diese Frage so nicht gestellt haben mögen – sie akzeptieren, dass sie nie wieder ein muskelbetriebenes Velo fahren werden und Sportlichkeit gegen Annehmlichkeit ausgetauscht haben. Vielleicht ist das aber auch bloss pragmatisch, denn: Schwitzen kann man ja auch im Gym.

Accessoire: ultra-teures Schloss, um das ultra-teure Gerät zu sichern

Der Tour-Träumer

Freundlich lächelnder Geschäftsmann trägt ein Fahrrad durch ein Büro.

Er kann, auch ohne die Landessprachen zu kennen, fehlerfrei den Namen Tadej Pogačar oder Paris–Roubaix buchstabieren. Sitzt gerne bei jedem noch so unwichtigen Rennen vor der Glotze und hat sich das Datum von Mailand–Sanremo in sein Moleskine eingetragen. Wäre eigentlich lieber Tour-de-France-Profi, aber hat es halt doch nur ins Büro geschafft. Dort nimmt er gerne sein Velo mit hoch. Entweder um mit dem überteuerten Gerät, das mehr kostet als ein gebrauchter Kleinwagen, Eindruck zu machen – oder um sich zu blamieren; je nach Standpunkt.

Accessoire: Hipster-Variante: Eddy-Merckx-Rennfahrermütze, Normalo-Variante: Jan-Ullrich-Biografie im Buchregal

Der lustvolle Hasardeur

Mann auf einem Fahrrad mit ausgestreckten Armen fährt auf einem Pfad durch eine ländliche Landschaft.

Wann wurde eigentlich freihändig fahren uncool? In den 80er-Jahren noch omnipräsent, ist es heute selten zu sehen, selbst in den Quartierstrassen. Wir winden dem Freihänder deshalb ein Kränzchen, denn gibt es etwas, das mehr Nonchalance und Unbekümmertheit ausstrahlt, zumal vielleicht noch mit einem Pfeifen auf den Lippen? Von der fahrtechnischen Meisterleistung ganz zu schweigen. Umgekehrt proportional zum Verschwinden des Freihändlers – Accessoire oft: flatterndes T-Shirt – legte freilich ein anderer Typus zu:

Die Sicherheitsfanatikerin

Mutter mit Helm und Sicherheitsweste kümmert sich um ihren Sohn, der ebenfalls ausgerüstet ist, vor einer Steinmauer.

Es begann mit dem Helm, und dann gabs, befeuert durch das generelle Erstarken der Sicherheitsgesellschaft, kein Halten mehr: Rückenprotektoren, Ellbogen- und Knieschoner, LED-Westen, reflektierende Handschuhe, Smart-Lichter, Airbags, abriebfeste Kleidung und viele andere Gadgets vermitteln dem Sicherheitsfanatiker das Gefühl, dass er auch den gefährlichen Weg zum Quartierbeck lebend übersteht.

Accessoire: siehe oben – plus Mini-Blinker in den Lenkergriffen

Der Hipster

Tätowierte Frau in Barcelona lehnt an einer dunklen grauen Wand, mit langem blondem Haar, kurzen blauen Jeans und schwarzem T-Shirt. Neben ihr steht ein weisses Fixie-Fahrrad.

Zugegeben, der Begriff ist so alt wie die Fixies, auf denen die urbane Veloavantgarde Anfang Nullerjahre durch die Strassen rollte – ohne Bremsen, aber mit viel Selbstbewusstsein. Heute schaltet dieser Typus smooth am Gravelbike, trägt einen oversized Windbraker und spricht von Mikroabenteuern. Was immer noch als Abgrenzungsmerkmal zu normalen Pedaleuren funktioniert: Retro-Renner, gehegt wie ein Familienerbstück, verchromter Rahmen, handumwickeltes Lenkerband. Oder aber das gute alte Frontkörbli. Dann aber bitte mit folgendem Inhalt:

Accessoire: Pampasgraspflanze, die man eben schnell für den Balkon gekauft hat, oder ein Shih Tzu (das ist ein Hund)

Die Lastenvelo-Eltern

Junger Mann fährt mit einem Lastenfahrrad über eine Kreuzung in der Stadt.

Über Sie existieren quasi schon philosophisch-soziologische Enzyklopädien. Sie sind, ähnlich den SUV-Fahrern, das Hassobjekt dieser Jahre geworden: Lastenrad-Mamis und -Papis. Sie nehmen sich sehr viel raus: Fahren mit einer Was-kostet-die-Welt-Attitüde durch die Gegend und denken, jeder noch so kleine Veloweg sei gross genug für ihren Pedalen-Cybertruck. Sensible Velofahrer wähnen sich einen Moment lang dem Tod nah, brettern sie einem entgegen. Auffallend auch: meist unbeladen, leer!

Soziologisch noch unerforschterer Typus ist der kinderlose Lastenradfahrer. Er ist unbedingt männlich, oft nicht mehr der Jüngste, schleppt gerne Grills mit sich herum. Manchmal hat er anstelle eines Lastenrads daher auch ein Velo-Transport­anhängerchen.

Accessoire: Werkstatt-Abonnement, die Teile sind ja dauernd kaputt

Die Hollandvelo-Fahrerin

Schwarzes holländisches Fahrrad auf einer Brücke über einen Kanal in Utrecht, Niederlande.

In den Niederlanden nennt man sie «Omafiets», «Grossmutterfahrräder»: Die klassischen Hollandvelos zeichnen sich durch ihre robuste Bauweise, eine aufrechte Sitzposition und einen tiefen Einstieg aus, ursprünglich entwickelt, um das Fahren mit Röcken zu erleichtern. Menschen, die das Teil in der Schweiz fahren, waren einmal in Amsterdam in den Ferien und cruisten bekifft durch die Grachten, weshalb sie dieses entspannte Lebensgefühl gerne in ihren Schweizer Alltag integrieren wollten. Durchaus gute Idee, leider hat ihnen in Amsterdam niemand gesagt, dass man mit einem Omafiet kein Prozentlein Steigung hinkriegt.

Accessoire: Zweitvelo, mit dem man eine Steigung bewältigen kann

Die Drahteselin

Teilnehmer der bewilligten Velo-Demo fahren durch die Zürcher Innenstadt am 25. September 2023.

Sie sitzt auf einem Damenvelo, das fast auseinanderfällt, oder auf einem Mietvelo, oder auf sonst einem Velo – egal, denn sie nutzt diese Räder nur, weil ihr der ÖV gehörig auf die Nerven geht. Sie hasst es, gerade in Stosszeiten, in einem Bus zu stehen. Daher ist ihr Velo nicht ein Wesen, das sie liebt, sondern eine Art Nutztier, das sie durch jede Jahreszeit scheucht, weswegen der Begriff Drahtesel hier wirklich passend ist.

Accessoire: Regenponcho

Der Publibike-Fahrer

Person auf einem Publibike-Fahrrad in der Stadt unterwegs, andere Passanten im Hintergrund. © Adrian Moser / Tamedia AG

Viele unterschiedliche Menschen nutzen diese Räder. Etwa diejenigen, die nicht so gerne den ÖV benutzen und sich nur ab und an aufs Velo trauen. Oder diejenigen, die flexibel sein möchten und sowohl in Bern als auch in Zürich ein Velo brauchen – Pendler. Nicht zuletzt Sparfüchse, die denken, sie sparen sich die Kosten für die Velo-Instandsetzung im Frühling. Manche von ihnen fahren auch gleich auf Kosten der Firma, weil diese mit einem der Anbieter kooperiert.

Früher hätte man gesagt, ein Publibike zu nutzen – ciao, uncool. Aber sehen Sie nicht ein wenig nach BMX-Fahrerinnen aus? Und verbindet nicht alle diese so unterschiedlichen Menschen, dass sie Optimierer sind? Einender Moment auch: Alle haben keine Zeit!

Accessoire: Eine «Wo bin ich gerade?»-App wie Google Maps

Der Trottoir-Rowdie

Person fährt mit einem Fahrrad auf dem Gehweg in Basel, umgeben von geparkten Fahrrädern, am Montag, 3. Oktober 2022.

Sie fahren, der Name ist selbsterklärend, am liebsten auf dem Trottoir. Warum? Vielleicht, weil sie keine Autoprüfung gemacht haben und die vielen Schilder und Markierungen nicht wirklich kennen, in diesem Fall kann man auch von Sonntagsfahrern sprechen. Vielleicht aber auch, weil sie die Verkehrsregeln zwar kennen, aber Angst vor den Autos haben, die einen in den Velospur-armen Schweizer Städten tatsächlich beängstigend nahe kommen können. Mit dieser praktischen Ausrede stecken die Trottoir-Rowdies die Flüche der Passanten, die sie wie Slalomschlangen umfahren, denn auch unbeeindruckt weg.

Accessoire: Mütze oder andere Behutung, weil, einen Helm brauchts auf dem Trottoir nicht

Der Damenvelofahrer

Person fährt mit dem Fahrrad auf der Veloschnellroute beim Rennweg.

Hier mischen sich zwei sehr verschiedene Typen. Einerseits Studentinnen und Studenten, die gerne ein wenig Distinktion betreiben – ohne dass sie das natürlich zugeben wollen. Sie fühlen sich wie ein Prinz oder eine Prinzessin beim Ausflug in Richtung königliches Gestüt. Lustigerweise fahren auch gerne angegraute Millennials Damenvelos. Was beide so unterschiedlichen Charaktere verbindet? Sie legen ein vergleichsweise niedriges Flaniertempo auf ihren Velos an den Tag. Wichtig ist einfach: anzukommen.

Accessoire: Vintage-Ledersattel