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Unruhe in der katholischen Kirche
Vatikan drängt Schweizer Laientheologen an den Rand

Papst Franziskus winkt am 5.Juli 2020 Richtung Petersplatz in Rom.
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«Die Kirche in der Deutschschweiz müsste zusammenpacken, sollte dieses Papier umgesetzt werden», sagt Monika Schmid. Sie leitet als Frau und Laie die Pfarrei Illnau-Effretikon. Genau dies aber dürfte sie nicht mehr tun, ginge es nach der Kleruskongregation. Die für den Klerus zuständige Abteilung des Vatikans veröffentlichte letzte Woche ein Dokument, das in der katholischen Kirche für Aufregung sorgt.

Die von Papst Franziskus genehmigte Instruktion zur Leitung von Pfarreien stammt wie aus einer anderen Zeit: Ihr zufolge soll die Pfarreileitung an das Sakrament der Priesterweihe gebunden und allein dem Pfarrer vorbehalten bleiben.

Laientheologen – und -theologinnen schliesst sie explizit von der Gemeindeleitung aus. Den verschiedenen Modellen einer partizipativen Gemeindeleitung von Priestern und Laien, wie sie seit Jahrzehnten in der Schweiz und neuerdings auch in Deutschland üblich sind, schiebt sie einen Riegel vor.

Churer Bistum sieht sich bekräftigt

Von der Sakramentenspendung abgesehen versehen speziell in der Deutschschweiz Laien heute alle Dienste des Pfarrers. So predigen sie auch in der Eucharistiefeier. Was jetzt die Instruktion «in keinem Fall» mehr duldet.

Um konservative Kreise nicht zu brüskieren, haben die Deutschschweizer Bistümer schon vor Jahren auf den provokativen Begriff «Gemeindeleiter» für Laien verzichtet und durch «Pfarreibeauftragter» ersetzt.

Treibende Kraft dabei war die Churer Bistumsleitung. Sie sieht sich durch die neue Instruktion bestätigt, wie Sprecher Giuseppe Gracia sagt. Verantwortung und Leitung der Pfarrei lägen beim Pfarrer und würden nicht an ein Team delegiert.

Gottesdienst ohne Leienarbeit undenkbar

Der Zürcher Generalvikar Franz Annen indessen hat nach Veröffentlichung der Instruktion seinen Pfarreibeauftragten brieflich ein «Herzliches Dankeschön» für ihr unentbehrliches engagiertes Wirken ausgesprochen.

In 36, also rund einem Drittel der Pfarreien im Generalvikariat Zürich-Glarus, teile der Priester das Leitungsamt mit Pastoralassistentinnen und -assistenten. Dieses Modell bewähre sich. «Eine bessere Alternative ist derzeit nicht in Sicht.»

Für Monika Schmid heisst das: «Macht weiter so.» Der Generalvikar wisse, dass Gottesdienste ohne Laienmitarbeit schlicht nicht mehr denkbar wären.

Antworten von gestern für Fragen von heute

Die Schweizer Bischofskonferenz will sich erst im September mit dem Dokument befassen. Daniel Kosch, der Generalsekretär der römisch-katholischen Zentralkonferenz in der Schweiz, geht davon aus, dass die hiesigen Bistümer ihre Modelle zur Organisation der Seelsorge kurzfristig nicht ändern werden. Er teilt die Kritik vieler deutscher Bischöfe, die das Papier für theologisch und kirchenrechtlich defizitär, nicht umsetzbar, klerikal verengt und für Laien demotivierend halten.

Gerade in Deutschland ist die Kritik am Dokument massiv: Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller beklagt, es beantworte Fragen von heute mit Antworten von gestern und denke rein vom Priester her. Es wolle offenbar Veränderungsprozesse im deutschsprachigen Raum abschaffen, beispielsweise die Fusion von Pfarreien, wie sie in priesterarmer Zeit nötig sind.

«Von oben wird nichts Neues kommen. Also müssen wir in den Pfarreien vor Ort weitermachen und immer wieder neu Grenzen ausloten.»

Monika Schmid leitet als Frau und Laie die Pfarrei Illnau-Effretikon

Die Basisbewegung «Wir sind Kirche» moniert, die Instruktion erscheine «wie ein letzter Aufschrei einer sterbenden Religionsdiktatur». Sie überhöhe den Priester, zementiere den Klerikalismus und halte Frauen von Leitungs- und Weiheämtern fern.

Für die Pfarreibeauftragte Monika Schmid ist klar: «Von oben wird nichts Neues kommen. Also müssen wir in den Pfarreien vor Ort weitermachen und immer wieder neu Grenzen ausloten.» Ein Beispiel: Corona-bedingt müsse die Erstkommunion in mehreren kleineren Feiern stattfinden. Derzeit stehe ihr nur ein Priester zur Verfügung: «Wenn wir keinen hätten, würden wir halt ohne Priester Erstkommunion feiern.»

Dass die fehlenden Priester durch solche aus Polen, Afrika und Indien ersetzt werden, ist für Schmid auch keine Lösung. Diese seien mit den hiesigen Verhältnissen und der deutschen Sprache kaum vertraut und erwarteten von den Laientheologen, dass sie ihnen zudienten. Just diese klerikale Schieflage werde durch das Dokument aus Rom noch gefördert.