Medienkonferenz im LivestreamPolit-Affäre in der Waadt: Shootingstar Valérie Dittli muss Finanzen abgeben
An einer Medienkonferenz gibt die Waadtländer Regierung Auskunft zur externen Untersuchung des Departementes von Staatsrätin Valérie Dittli.
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Zusammenfassung: Vorwürfe an Dittli und Entzug des Departements
Die Waadtländer Regierung entzieht der 32-jährigen Staatsrätin Valérie Dittli per 1. Juni die Verantwortung für das Finanzdepartement. Eine externe Untersuchung unter der Leitung des ehemaligen SNB-Bankratspräsidenten Jean Studer deckt schwere Konflikte zwischen Dittli und ihrer Chefbeamtin Marinette Kellenberger auf. Der Bericht wirft der Staatsrätin die illegale Annullierung von Steuerveranlagungen sowie eine mögliche Amtsgeheimnisverletzung vor.
Regierungspräsidentin Christelle Luisier übernimmt ab 1. Juni die Finanzgeschäfte, während Dittli dann wieder die Bereiche Landwirtschaft, Statistik und Nachhaltigkeit leiten soll. Bis zum 1. Juni wird das gesamte Departement vorerst dem FDP-Staatsrat Frédéric Borloz unterstellt.
Die Chefbeamtin Kellenberger tritt vorzeitig in den Ruhestand. Die Regierung reicht wegen Indiskretionen in der Affäre Strafanzeige ein. Studer beschreibt die Situation im Departement als stark beeinträchtigt – sechs Mitarbeitende sind krankgeschrieben.
Dittli, die selbst nach einem Zusammenbruch diese Woche krankgeschrieben war, weist die Vorwürfe der Amtsgeheimnisverletzung zurück und will im Amt bleiben. «Ich übernehme die Verantwortung für meine Entscheidungen», erklärt die Staatsrätin an der zweistündigen Medienkonferenz. Die definitive Departementszuteilung steht noch aus.
Ende der Medienkonferenz
Die Medienkonferenz ist nach fast zwei Stunden zu Ende. Es bildet sich eine lange Schlange von Journalistinnen und Journalisten, die mit Dittli persönlich sprechen wollen. Hier folgt in Kürze eine Zusammenfassung.
Wurde Dittli eine Falle gestellt?
Jean Studer wird zur Theorie befragt, dass bestimmte Personen Dittli eine «Falle» gestellt hätten, um die Finanzministerin zu Fall zu bringen.
«Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand versucht hat, ein Komplott gegen Frau Dittli zu schmieden», sagt Studer. Es handle sich vielmehr um ein «Klima des Misstrauens und des Argwohns», eine «allmähliche Zunahme der Spannungen»..
Drei stumme Staatsräte
Frédéric Borloz (FDP), Vassilis Venizelos (Grüne) und Rebecca Ruiz (SP) haben seit Beginn der mittlerweile bald zweistündigen Pressekonferenz kein Wort gesprochen.
6 Mitarbeitende sind krankgeschrieben
Ein Journalist fragt, wie viele Menschen in Dittlis Departement krankheitsbedingt fehlen.
Jean Studer antwortet, dass derzeit sechs Mitarbeitende krankgeschrieben seien. Berichten zufolge haben einige Leute während den Gesprächen mit ihm geweint. Die Missstände in der Abteilung wirkten sich offenbar auch auf ihr Familienleben aus. sagt Studer.
Dittli sieht sich als Chefin nicht akzeptiert
Valérie Dittli wird zu ihrem kritisierten Führungsstil befragt. «Normalerweise pflanze ich kleine Samen und lockere die Erde nicht wieder auf. Ich vertraue meinen Kollegen», antwortet sie blumig. Und sagt dann noch: «Einfach gesagt: Einige Leute akzeptieren nicht, dass ich die Leiterin dieser Abteilung bin.»
Studer eskaliert: «Ein Erdbeben, ein inakzeptabler Eingriff»
Nun geht es um die Vorwürfe im Untersuchungsbericht von Jean Studer. Auf die Nachfrage dazu betont er Schwere der Valérie Dittli zugeschriebenen Taten und verwendet dabei noch drastischere Worte als zuvor bei seiner offiziellen Verlesung des Berichts: «Die Forderung nach einer Steuerstreichung ist ein Erdbeben, ein völlig inakzeptabler Eingriff.»
Wurde Dittli das Departement ohne ihr Wissen entzogen?
Die 32-Jährige war bis am Donnerstag krankgeschrieben, deshalb stellt sich die Frage, ob ihr die Finanzen und ihr Departement hinter ihrem Rücken entzogen worden sind?
Regierungspräsidentin Christelle Luisier verneint. Sie versichert, das dies nicht der Fall sei und die Diskussionen stets in einem kollegialen Geist geführt worden seien.
Fragerunde: War Rücktritt ein Thema?
Nach den langen Ausführungen geht es nun zur Fragerunde. Eine Journalistin fragt Valérie Dittli, ob sie während der Polit-Affäre an einen Rücktritt gedacht habe?
Dittli verneint: «Ich glaube, dass wir als gewählte Amtsträger eine Verantwortung gegenüber der Bevölkerung haben. Wir müssen dieser Verpflichtung nachkommen», sagt sie.
Chefbeamtin geht in vorzeitige Pension
Chefbeamtin Marinette Kellenberger, die in Konflikt mit Dittli geraten war, wird in vorzeitige Pension gehen. Ihre Stelle werde «bald zur Neubesetzung ausgeschrieben».
FDP-Kollege übernimmt Finanzdienste
Regierungspräsidentin Christelle Luisier übernimmt wieder das Wort mit weiteren Beschlüssen. Der Staatsrat ergreife «dringende» Massnahmen, um die Gesundheit des betroffenen Personals zu schützen, sagt sie. Ab sofort und bis zum 1. Juni werden die Finanzanalyse- und -verwaltungsdienste sowie die «unmittelbare Verantwortung» über das Finanz- und Landwirtschaftsdepartement von Dittli dem FDP-Staatsrat Frédéric Borloz unterstellt .
Valérie Dittli leite weiterhin die weiteren Dienste ihres Departements, nämlich die Generaldirektion für Landwirtschaft, das Statistikamt Waadt und das kantonale Amt für Nachhaltigkeit und Klima.
Wie die Verteilung ab dem 1. Juni dann aussieht und ob Dittli ihr Departement wieder zurück erhält, ist noch nicht definiert. Die Regierung konnte dies aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit von Dittli in dieser Woche noch nicht beschliessen.
Dittli: Krise hätte vermieden werden müssen
Valérie Dittli ist weiterhin entschlossen, ihr Engagement in der Regierung fortzusetzen. Sie habe immer noch Freude an der Zusammenarbeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen, sagt sie. Und sie räumt ein, dass die Situation mit einem «konstruktiven Austausch» früher hätte beruhigt werden müssen, um eine solch umfassende Krise zu vermeiden.
Dittli dankt schliesslich ihrer Familie und ihrem Umfeld für die Unterstützung während der Krise.
Dittli will Massnahmen ergreifen
Dittli kündigt an, dass sie Massnahmen ergreifen wolle. «Ich übernehme die Verantwortung für meine Entscheidungen und deren Folgen», sagt die 32-Jährige.
Den Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses von Jean Studer bezeichnet sie aber als «falsch». Der Wortlaut der Anfrage sei allgemein gewesen. «Es ging überhaupt nicht darum, Anweisungen zu einer bestimmten Akte zu erteilen.» Das Thema Steuergeheimnis werde in ihrem Ressort «sehr ernst» genommen.
Jetzt kann Dittli auf die Vorwürfe antworten
Eine halbe Stunde lang hatten die Regierungskolleginnen und Untersucher Jean Studer das Wort, nun kann sich Valérie Dittli erklären. Sie versichert zuerst einmal, dass es ihr jetzt wieder gut gehe. Viele in ihrem Umfeld waren nach ihrem Zusammenbruch anfangs Woche um sie besorgt, weiss sie, Sie wolle als Staatsrätin weitermachen, sagt Dittli.
Sie sei froh, dass der Studer-Bericht, «den ich selbst initiiert habe», heute enthüllt werde.Wie ihre Kolleginnen und Kollegen bedauere die Ministerin die Indiskretionen gegenüber den Medien, «die die Fakten zu meinem Nachteil darstellten».
Studer wirft Dittli vor, ihre Amtsrechte überschritten zu haben
Der Bericht weist gemäss Studer auf zwei Sachverhalte hin, die speziell die Vorsteherin des Finanzdepartements betreffen: ein Antrag auf «illegale» Annullierung rechtskräftiger Steuerveranlagungen sowie eine mögliche «Verletzung des Amtsgeheimnisses» im Rahmen eines Dossiers, das sich mitten in der Beratung befindet.
Studer wirft Valérie Dittli vor, ihre Amtsrechte im Rahmen eines Rechtsstreits überschritten zu haben.
Nun spricht der externe Untersucher
Jean Studer erhält das Wort. Der ehemalige SP-Ständerat hat den Untersuchungsbericht erstellt. Dieser komme zum Schluss, dass «schnelle Massnahmen» ergriffen werden müssen. Der unabhängige Experte stellt eine «schwer beeinträchtigte» Zusammenarbeit zwischen Staatsrätin Valérie Dittli und Chefbeamtin Marinette Kellenberger fest. Ihre Meinungsverschiedenheiten seien so stark, dass sie das Finanzdepartement daran hinderten, seinen Verpflichtungen nachzukommen, sagt auch Studer.
Beide hätten in verschiedener Hinsicht «den institutionellen und gesetzlichen Rahmen», der den Tätigkeitsbereich und die Beziehungen der beiden Einheiten Steuern und Finanzen regle, «nicht eingehalten», sagt Studer. Er war von 2012 bis 2019 Präsident des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank und davor als Staatsrat im Kanton Neuenburg für die Finanzen zuständig.
Details zum Konflikt zwischen Dittli und Chefbeamtin
SP-Staatsrätin Nuria Gorrite berichtet nun von den Untersuchungsergebnissen. Der Konflikt zwischen Valérie Dittli und Marinette Kellenberger, der Leiterin der kantonalen Finanzkontrolle, sei nicht nur persönlicher Natur, sagt sie, sondern beeinträchtige auch das «gute Funktionieren» des Kantons.
Im letzten Sommer gab es Sitzungen, diese konnten die Situation zwischen der jüngsten Regierungsrätin und der Chefbeamtin aber nicht beruhigen. Der Staatsrat habe eine «Erosion des gegenseitigen Vertrauens» festgestellt, sagt Gorrite.
Staatsrat hat wegen der Leaks eine Strafanzeige eingereicht
Regierungspräsidentin Christelle Luisier erklärt nun auch, dass wegen der Leaks rund um die Polit-Affäre eine Strafanzeige eingereicht wurde. Sie bedaure, dass diese Leaks die vertraulichen Diskussionen des Regierungskollegiums in den letzten Wochen getrübt haben.
Pressemitteilung: Dittli muss Finanzen abgeben
Aus der an die Medien verteilten Pressemitteilung geht hervor, dass Regierungspräsidentin Christelle Luisier ab dem 1. Juni den Finanzbereich von Valérie Dittli übernehmen wird. Aufgrund der Abwesenheit von Dittli sei es der Regierung nicht möglich gewesen, die Zusammensetzung ihres Departements endgültig festzulegen, heisst es.
Dittli erscheint
Mit Verspätung und wortlos schreitet Dittli in den Saal. Sie hat eine schwarze Sonnenbrille auf, setzt sich hin und lächelt dann die Medien an. Es kann losgehen.
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