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Von Jihadistin entführt
Väter wollen ihre Töchter aus Syrien zurück in die Schweiz holen

Drei Schweizer Mädchen mit ihrer Mutter im kurdischen Internierungslager Roj.
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Die Väter von zwei nach Syrien entführten Genfer Mädchen wenden sich in einem offenen Brief an die Bundesparlamentarier. Ihr Ziel ist es, den Bundesrat dazu zu bewegen, die Töchter Malika (14) und Kamar (9, beide Namen geändert) endlich in die Schweiz zurückzuholen.

Seit mehr als zwei Jahren befinden sich die Mädchen mit ihrer Schweizer Mutter und einer dritten kleinen Halbschwester in Gewahrsam kurdischer Milizen in Rojava, im Nordosten von Syrien. Sie haben zusammen mit ihrer Mutter beim Islamischen Staat gelebt, bis sie Anfang 2019 beim Zusammenbruch des Kalifats in Gefangenschaft kurdischer Milizen gerieten.

Im selben Jahr gab der Bundesrat bekannt, keine Schweizer Jihadisten aus Syrien in die Schweiz zurückzuholen. Eine Repatriierung der Kinder würde Bern zwar zulassen. Doch weigern sich die kurdischen Milizen, den Nachwuchs ohne ihre Mütter ziehen zu lassen. Die Kurden sind der Ansicht, dass es die Aufgabe von Ländern wie der Schweiz sei, sich um die eigenen Staatsangehörigen zu kümmern, die sich dem IS angeschlossen hätten. Damit ist in erster Linie eine Strafverfolgung im Herkunftsland gemeint.

Entführt und im Stich gelassen

Die in Genf lebenden Väter Malikas und Kamars monieren nun über Anwälte, angeführt vom Genfer Olivier Peter, dass die Haltung des Bundesrats internationales Recht verletze. Verschiedene UNO-Organisationen haben auch die Schweiz aufgefordert, ihre Jihadisten und insbesondere die unschuldigen Kinder zu repatriieren.

Der Fall von Malika und Kamar ist besonders stossend, weil die beiden 2016 nachweislich von Sahila F. (Name geändert) nach Syrien entführt wurden. Bern hat der Mutter Ende 2019 die Schweizer Staatsbürgerschaft entzogen. Das war möglich, weil Sahila F. auch einen französischen Pass hat. Malika und Kamar besitzen weiterhin die schweizerische Staatsbürgerschaft.

Auch die kleine Halbschwester ist Schweizerin. Sie wurde in Syrien geboren und ist die Tochter des hochrangigen Genfer IS-Terroristen Ramzy B., den die Amerikaner bei einem gezielten Drohnenangriff getötet haben.

Die Lebensumstände der Kinder in den Internierungslagern sind äusserst hart. Sie leben in Zelten, die kaum Schutz bieten vor der Kälte im Winter und der brütenden Hitze im Sommer. Es gibt wenig zu essen, kaum medizinische Versorgung und keinen Schulunterricht. Ausserdem leidet Malika nach Angaben ihres Vaters unter Anämie (Blutarmut). Noch während der Kämpfe wurde sie am Oberschenkel durch einen Granatsplitter schwer verwundet und deswegen angeblich schon dreimal operiert. Als diese Zeitung im Sommer 2019 via einen kurdischen Journalisten mit der Mutter und den Kindern Kontakt hatte, ging Malika an Krücken.

«Terroristen von morgen»

Insgesamt sechs Kinder mit Schweizer Nationalität sitzen seit längerem im Internierungslager von Roj fest. Umgeben sind sie von zahlreichen ebenfalls gefangen gehaltenen IS-Anhängerinnen. Zu diesen zählt auch Sahila F. Je länger die Mädchen interniert bleiben, desto grösser wird die Gefahr, dass sie sich später ebenfalls radikalisieren. Vier der Schweizer Kinder wurden in Syrien geboren, haben aber mindestens einen schweizerischen Elternteil.

Bisher hatten die meisten europäischen Regierungen eine ähnliche Haltung wie der Bundesrat. Das scheint sich nun aber zu ändern. So hat der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo kürzlich davor gewarnt, dass die belgischen Kinder in den syrischen Internierungslagern zu den «Terroristen von morgen» werden könnten, wenn man sie nicht bald zurückhole. Er will deshalb Kinder unter 12 Jahren repatriieren, wobei Belgien zuerst jeden einzelnen Fall der 13 betroffenen Mütter untersuchen wird.

Das könnte auch Folgen für die Schweiz haben, denn eine der belgischen Mütter hat ebenfalls zwei kleine Schweizer Kinder – vom Waadtländer IS-Kämpfer Damien G. aus Orbe. Er befindet sich ebenfalls in kurdischer Gefangenschaft.