Trumps RückkehrAuf dem Balkan macht sich die Angst vor Grenzänderungen breit
Berater und Familienmitglieder von Donald Trump pflegen enge Verbindungen zu den Autokraten in Serbien und Albanien. Für Kosovo und Bosnien-Herzegowina könnte es ungemütlich werden.
- Donald Trumps Wahlsieg löst Unruhe in Südostosteuropa aus.
- Russland und Serbien fühlen sich durch Trumps Rückkehr ermutigt.
- Die Idee eines Landtausches zwischen Serbien und Kosovo könnte wieder aufs Tapet kommen.
Vielleicht ist die Angst von Daniel Serwer etwas übertrieben. Der ehemalige US-Diplomat und renommierte Balkanexperte der Johns Hopkins University warnte kurz vor den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten, dass ein Sieg von Donald Trump Bestrebungen zur Teilung der Ukraine, Bosnien-Herzegowinas und Kosovos entfachen könnte.
Für Russland und Serbien, zwei Länder mit teils offenen, teils versteckten Territorialansprüchen gegenüber ihren Nachbarn, ist die Wahl von Trump ermutigend. Der neue US-Präsident pflegt einen instinktgesteuerten Politikstil. Wenn Trump eine Möglichkeit sehe, sich als Friedensstifter zu präsentieren, werde er nicht zögern, den Konfliktparteien ein Abkommen aufzuzwingen, meint Frank Wisner, ein pensionierter US-Diplomat mit langjähriger Erfahrung auf dem Balkan und im Nahen Osten.
Ein «Trump-See» in Kosovo?
Während der ersten Amtszeit Trumps versuchte sein Team, eine Vereinbarung zwischen Serbien und Kosovo durchzusetzen, die jedoch das Grundproblem ignorierte: die Weigerung Belgrads, die kosovarische Unabhängigkeit anzuerkennen. Stattdessen wurde vage über wirtschaftliche Zusammenarbeit, eine Flugverbindung zwischen Belgrad und Pristina und die Benennung eines Stausees im Norden Kosovos in «Trump-See» gesprochen. Nichts davon wurde umgesetzt.
Hinter den Kulissen unterstützte die Trump-Regierung die Idee einer «Grenzkorrektur» zwischen Kosovo und Serbien. Gemeint war damit ein Gebietstausch: Der fast ausschliesslich von Serben bewohnte Norden Kosovos sollte an Serbien fallen, während mehrheitlich von Albanern besiedelte Dörfer in Südserbien dafür an Kosovo gehen sollten.
Hinter dem Projekt standen der autokratische Präsident Serbiens, Aleksandar Vucic, und sein kosovarischer Amtskollege Hashim Thaci. Beide genossen die Unterstützung des albanischen Premierministers Edi Rama, der davon träumte, den verbleibenden Teil Kosovos mit Albanien zu vereinigen und so in die Geschichte als Gründungsvater eines grossen albanischen Staates auf dem Balkan einzugehen.
Das Vorhaben scheiterte aus drei Gründen: Einflussreiche Staaten wie Deutschland und Grossbritannien waren skeptisch, aus Angst vor einem Dominoeffekt vor allem im fragilen Vielvölkerstaat Bosnien-Herzegowina; die Mehrheit der Kosovo-Albaner lehnte die Idee vehement ab, einschliesslich des heutigen Regierungschefs Albin Kurti, und als die Debatte an Fahrt gewann, wurde der Hauptbefürworter des Landtauschs, Hashim Thaci, von einem Sondergericht mit Sitz in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Er trat zurück und stellte sich Anfang November 2020 der Justiz.
Investitionen in Belgrad und in Südalbanien
Jetzt herrscht in Pristina Angst, dass der ehemalige Sondergesandte von Donald Trump für den Balkan, Richard Grenell, die Debatte über Grenzänderungen wieder aufs Tapet bringen könnte. Grenell diente als US-Botschafter in Berlin und wird als möglicher Kandidat für das Amt des US-Aussenministers genannt.
In den letzten vier Jahren hat er seine Freundschaft zu den beiden gefährlichsten Autokraten der Region vertieft: dem serbischen Präsidenten Vucic und dem albanischen Premier Rama. Diese Kontakte scheint Grenell auch für persönliche Vorteile genutzt zu haben. «Niemand sollte sich jemals dafür entschuldigen, dass er Geld verdienen möchte», sagte er offen in einem Interview mit albanischen Medien.
Was dies bedeutet, zeigen zwei Projekte von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, die Mitte März öffentlich wurden: In Belgrad plant er den Bau eines Hotels und eines Gebäudes mit «1500 Wohneinheiten», und an der südalbanischen Küste ein Luxushotel. Laut «New York Times» hat auch Richard Grenell eine Rolle bei der Einfädelung des Deals gespielt. (Lesen Sie hier mehr über die Pläne von Trumps Schwiegersohn in Albanien und Serbien).
Grosse Freude in Banja Luka
Gegenüber dem kosovarischen Premier Albin Kurti, der zu den wenigen unbestechlichen Politikern auf dem Balkan gehört, nimmt Grenell eine nahezu feindselige Haltung ein. Für Kurti könnte es ab Januar, wenn Trump ins Weisse Haus einzieht, ungemütlich werden. «Vielleicht», so Kurti vor ein paar Monaten, «stehen wir nicht an der Spitze der Liste der Trump-Regierung. Er wird sich zuerst mit einigen anderen Ländern beschäftigen.»
Der russophile Präsident der bosnisch-serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, reagierte dagegen mit grosser Freude auf Trumps Triumph. Am Mittwoch trat er vor seinem Amtssitz in der Stadt Banja Luka auf, er sprach von einem der wichtigsten Wahlsiege nicht nur für Amerika, sondern auch für die Welt und trug einen roten Hut mit der Aufschrift «Make America Great Again».
Die USA haben seit Jahren Sanktionen gegen Dodik wegen Korruption verhängt. Er bereue es, die Abspaltung des serbischen Landesteils von Bosnien während Trumps erster Amtszeit nicht erklärt zu haben, sagte Dodik im vergangenen Jahr. Mit Trump als Herr im Weissen Haus sieht er eine neue Gelegenheit, seinen Kurs gegen den Staat Bosnien-Herzegowina zu verschärfen.
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