Angriff auf angeblich linke BastionTrump zerlegt das Bildungsministerium
Washington solle die Bildung den Bundesstaaten überlassen, fordert Donald Trump. Damit schüchtert der Präsident auch andere unbequeme Institutionen ein.

- Bildungsministerin McMahon erhält den Auftrag, ihre eigene Bundesbehörde weitgehend aufzulösen.
- Die amerikanischen Bundesstaaten bestimmen bereits heute eigenständig über Bildungsinhalte.
- Förderprogramme für benachteiligte Schüler stehen durch die Reform unter Druck.
- Der Umbau des Ministeriums benötigt die Zustimmung des Kongresses.
Nach der Entwicklungszusammenarbeit greift Donald Trump eine zweite angeblich linke Bastion an. Am Donnerstag lud er zur Unterzeichnung einer Präsidialverfügung ein, mit der das Bildungsministerium zerlegt werden soll. Darin weist er seine Bildungsministerin Linda McMahon an, die Behörde so weit wie möglich zu schliessen. Knapp die Hälfte der rund 4000 Angestellten ist bereits weg, ein Drittel ging freiwillig, zwei Drittel erhielten vergangene Woche die Kündigung.
Die frühere Managerin einer Wrestling-Liga sieht Trump als geeignete Vollstreckerin seiner Pläne. «Linda, ich hoffe, du machst einen guten Job und schaffst deinen eigenen Job ab», habe er ihr bei ihrer Nominierung mitgegeben, sagte der US-Präsident. Er macht geltend, die Verschwendung von Steuergeldern zu beenden und die Bildung den einzelnen Gliedstaaten zu überlassen. Die USA würden mehr Geld ausgeben pro Schüler als alle anderen Länder, rangierten bei den Leistungen aber zuhinterst, behauptet Trump – was beides nicht stimmt. Aber das Schulsystem in den USA gehört zu den teureren der Industrieländer, und die Leistungen auf Volksschulstufe sind im Pisa-Vergleich lediglich durchschnittlich.
Ähnlich wie in der Schweiz
Die Frage ist nur, ob die Zerlegung des Bildungsministeriums eine Verbesserung bringen wird. Die Aufgabenteilung in der Volksschule gleicht jener in der Schweiz, wo die Kantone dafür zuständig sind. McMahon nennt die Schweiz stets als Vorbild; meist bezieht sie sich dabei auf die Berufslehre, in den USA ein Ausnahmefall. In der Volksschule hat Washington schon bisher weniger zu sagen als Bern. Die US-States bestimmen allein über Unterrichtsziele und -inhalte. Die Bundesebene hat keine Befugnis, Bildungsvorschriften zu erlassen, nicht einmal Qualitätsmessungen verlangen kann sie.

Der Einfluss beschränkt sich auf die Vergabe von Zuschüssen, die eine eher untergeordnete Rolle spielen für die Finanzierung öffentlicher Schulen. Die Bundesbeiträge machen zwischen 6 und 13 Prozent aus. Das Budget der Behörde war seit den Pandemiejahren stark schwankend und belief sich zuletzt auf etwas mehr als 200 Milliarden Dollar. Das ist in absoluten Zahlen eine enorme Summe, entspricht aber nicht einmal 4 Prozent des Bundeshaushalts.
Jimmy Carter wollte Chancengleichheit
Es wäre indes falsch, daraus zu schliessen, dass Trumps Reformen folgenlos bleiben würden. Wohl verspricht er, die wichtigsten Leistungen des Bildungsministeriums blieben erhalten, ob er sich daran hält, ist allerdings zu bezweifeln. Als Präsident Jimmy Carter 1979 den Kongress davon überzeugte, das Ministerium zu schaffen, war die Chancengleichheit eines der Hauptziele. Zu befürchten ist, dass die leistungsschwächsten Schüler unter dem Rückzug des Bundes leiden werden. Ein wichtiger Teil seiner Fördergelder fliesst an Schulen, die arme, vernachlässigte, straffällige Kinder oder solche mit Behinderungen unterrichten.
Nach dem Covid-Schock vergab das Ministerium Beiträge an Programme, die Lerndefizite mindern oder die Schüler zurück ins Klassenzimmer bewegen sollten; seit der Pandemie ist mehr als ein Viertel der Volksschüler während mehr als 10 Prozent des Unterrichts abwesend.
Ironischerweise zerlegt Trump jetzt ausgerechnet jene Forschungsstelle im Bildungsministerium, die solche Trends aufspürt und Lösungsansätze untersucht. Auch ist die Behörde der wichtigste Kreditgeber für bedürftige Studenten. Joe Biden wollte einen Grossteil dieser Studienschulden erlassen, was die Republikaner erzürnte. Trump will das Programm nun einschränken und an das Finanzministerium übertragen.
Der Kongress muss zustimmen
Die Demontage des Bildungsministeriums ist allerdings viel mehr als nur eine Bürokratie- und Finanzreform. Trump testet einmal mehr, wie weit ihn die Republikaner gehen lassen. Förmlich abschaffen kann er das Ministerium nur mit Zustimmung des Kongresses. Der Präsident höhlt es nun aus. Er stützt sich dabei auf eine umstrittene Rechtstheorie, wonach er grösstmögliche Handlungsfreiheit geniessen müsse. Gerichtsklagen sind absehbar, Trump begrüsst sie sogar, weil er seine Auffassung einer übermächtigen Exekutive vom Supreme Court bestätigen lassen will.
Nicht zuletzt intensiviert Trump seinen Kulturkampf. Die Abteilung für Bürgerrechte war ihm ein Dorn im Auge, unter anderem, weil sie Schulen und Universitäten dazu verpflichtete, die Rechte von Transmenschen zu beachten. Diese Behörde für Bürgerrechte will der Präsident nun ins Justizministerium verschieben, ausserdem hat er sie umgepolt. Derzeit droht sie Universitäten mit der Aussetzung von Hunderten Millionen Dollar an Bundesbeiträgen, der New Yorker Columbia University etwa, weil sie propalästinensische Demonstrationen zugelassen und ein antisemitisches Klima geschaffen habe.
Während früher ausführliche Konsultationen solchen Massnahmen vorausgingen, versendet Trump nun die Botschaft, missliebige Institutionen subito zu bestrafen. Je kleiner das Bildungsministerium, desto einfacher fällt es ihm, rasch durchzugreifen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.