Ausschaffungsflüge der USAEr wurde von Trump nach El Salvador abgeschoben – wegen eines Fussball-Tattoos?
Jerce Reyes Barrios gehört zu den über 250 venezolanischen Migranten, welche die US-Regierung nach El Salvador deportiert hat. Seine Anwältin kritisiert die Beweisführung.

- Die US-Behörden haben 250 Venezolaner nach El Salvador in ein Hochsicherheitsgefängnis deportiert.
- Ein abgeschobener Ex-Fussballprofi wartete eigentlich auf seinen Asylgerichtstermin im April.
- Die Behörden stützen ihre Gang-Vorwürfe hauptsächlich auf missinterpretierte Tattoos und Handzeichen.
- Mehrere Anwälte kritisieren die zweifelhaften Beweisgrundlagen für die Massenabschiebungen.
Donald Trump hat sein Wahlversprechen umgesetzt und Migranten schneller abgeschoben als je ein US-Präsident zuvor. Er müsse das Land von Schwerkriminellen befreien, sagt Trump. Doch tut er das auch?
Am vergangenen Samstag veröffentlichte das Weisse Haus ein Communiqué, wenige Stunden später flogen drei Flugzeuge mit über 250 Migranten aus Venezuela ab. Die Venezolaner landeten in El Salvador, wo sie ins Hochsicherheitsgefängnis Cecot gebracht wurden. Der US-Präsident behauptete, alle seien Mitglieder der kriminellen Bande Tren de Aragua.
Die US-Anwältin Linette Tobin weist das zurück. Sie verteidigt Jerce Reyes Barrios, einen der abgeschobenen Venezolaner. Eine Fussball-Tätowierung sei ihrem Mandanten zum Verhängnis geworden, schreibt Tobin in ihrer Eingabe vor einem Gericht in Washington (lesen Sie das Originaldokument hier).
Laut Tobin wurde Reyes Barrios im Frühjahr 2024 gefoltert und eingesperrt. Nach seiner Freilassung sei er im vergangenen September auf dem Landweg in die USA geflohen. Der Venezolaner, laut seiner Anwältin strafrechtlich unbescholten, beantragte im Dezember politisches Asyl. Sein Fall hätte am 17. April dieses Jahres vor Gericht verhandelt werden sollen.

Dazu wird es nun nicht kommen. Die US-Behörden sehen es als erwiesen an, dass Reyes Barrios Mitglied der venezolanischen Gang Tren de Aragua ist.
In ihrem Schreiben nennt Anwältin Tobin die Beweise, die offenbar zu Reyes Barrios’ Abschiebung geführt haben. Da ist eine Tätowierung am rechten Arm, die laut US-Behörden Gang-Symbole zeigt.
Die Krone wurde ihm wohl zum Verhängnis
Vermutlich ist Reyes Barrios die Krone auf seiner Tätowierung zum Verhängnis geworden. Das Kronenmotiv gilt neben Schusswaffen und Zügen als Erkennungszeichen des Tren de Aragua. Was aber natürlich nicht automatisch bedeutet, dass eine tätowierte Krone die Zugehörigkeit zu einer Gang beweist.
Gemäss Anwältin Tobin ist die Tätowierung ihres Klienten an das Wappen des spanischen Fussballvereins Real Madrid angelehnt. Weiter zu sehen sind auf der Tätowierung ein Rosenkranz und das Wort Dios (Gott). Auch das lässt keine Rückschlüsse auf das venezolanische Verbrechersyndikat zu.

Ein weiteres Beweisstück sei ein Foto auf Barrios’ Facebook-Profil, auf dem er mehrere Finger hochhält. Die US-Behörden behaupten gemäss Tobin, es handle sich um ein Erkennungszeichen des Tren de Aragua. Auch das ist schwer nachvollziehbar. Die Geste – ausgestreckter Daumen, Zeigfinger und kleiner Finger – kann vieles bedeuten und ist auch bei Schweizer Metal-Fans beliebt.

Trumps Administration ist weiterhin von der Rechtmässigkeit der Abschiebeaktion überzeugt. «Jerce Reyes Barrios hielt sich nicht nur illegal in den USA auf, sondern hat auch Tätowierungen, die auf die Mitgliedschaft in der Tren-de-Aragua-Gang hindeuten. Seine eigenen Social-Media-Profile deuten darauf hin, dass er Mitglied der brutalen Gang Tren de Aragua ist», schreibt Tricia McLaughlin vom US-Sicherheitsministerium auf X. Es gebe auch Einschätzungen des Nachrichtendienstes, die diese Position stützten. Auf die Gegenargumente der Anwältin geht McLaughlin nicht genauer ein.
Auch andere Fälle werfen Zweifel an dem Vorgehen der US-Regierung auf. Das «Wall Street Journal» sprach mit den Familien von sieben abgeschobenen Venezolanern, die alle politisches Asyl in den USA beantragt hatten. Auch deren Anwälte sagen, die Abschiebungen basierten auf fadenscheinigen Beweisen. Kein Gericht habe je bewiesen, dass ihre Mandanten einer kriminellen Bande zugehörig seien.
Das «Wall Street Journal» zitiert Anwalt Martin Rosenow: «Sie benutzen Tätowierungen, um zu zeigen, dass die Leute Gang-Mitglieder sind. Und das ist auch alles, was sie haben.» Juristinnen und Juristen gehen davon aus, dass die Rechtmässigkeit der Ausschaffungsflüge noch vor dem Obersten Gericht geklärt wird. Vielleicht wird die Regierung Trump dann vor Gericht überzeugende Beweise vorlegen, nicht nur Fussball-Tätowierungen und Handzeichen.
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